Auch in der zweiten Auflage eines Corona-Prozesses wurde eine Kärntnerin verurteilt. Die Frau hatte laut Anklage während der Pandemie einen Nachbarn mit dem Virus angesteckt, dieser starb laut Gutachten genau an dem Virustyp, an dem die 54-Jährige zuvor erkrankt war.
Hatte sie zunächst noch eine mildere Strafe ausgefasst, wurde sie Donnerstag von Richterin Sabine Götz wegen grob fahrlässiger Tötung zu vier Monaten bedingt und 800 Euro verurteilt – auch dies noch nicht rechtskräftig.
Grob fahrlässige Tötung
Vom Vorwurf der grob fahrlässigen Tötung war die Frau bei der ersten Auflage noch freigesprochen worden. Dieser Teil des Urteils wurde dann gekippt: Die Ansteckungsketten seien nicht hinreichend erörtert worden, stellte die zweite Instanz fest.
Gerichtsmedizinisch wurde festgestellt, dass der Krebspatient an einer Lungenentzündung durch Covid starb. Ein virologisches Gutachten belegte eine Übereinstimmung der Virus-DNA aus den PCR-Proben der Angeklagten und des später Verstorbenen.
„Ansteckung durch Angeklagte zu annähernd 100 Prozent“
Die Probe hatte sogar den Gutachter überrascht, sagte dieser am Donnerstag aus: „Eine Deckung von 100 Prozent ist sehr selten, weil Coronaviren sich sehr rasch verändern.“ Eine Ansteckung durch die Angeklagte sei „annähernd zu 100 Prozent“ wahrscheinlich.
Ich habe mir das Urteil wirklich nicht leicht gemacht. Das tut mir für Sie persönlich leid – ich glaube, dass so etwas wahrscheinlich hundertfach passiert ist.
Die Richterin zur Angeklagten
Mögliche Kontakte wurden beleuchtet
Richterin Götz hatte im aktuellen Prozess die Aufgabe, mögliche Kontakte zwischen der Angeklagten und ihrem Nachbarn zu beleuchten. Hier stand Aussage gegen Aussage: Sohn und Schwiegertochter des Verstorbenen sowie seine Ehefrau gaben an, dass es am 21. Dezember 2021 (also als die Angeklagte schon gewusst haben muss, coviderkrankt zu sein) zu einem Kontakt im Stiegenhaus gekommen sei. Die Angeklagte sei in ihrer Tür im Flur des Mehrparteienhauses gestanden, der später Verstorbene ihr gegenüber.
Angeklagte bestritt Vorwürfe
„Sie hat wirklich krank ausgesehen. Ich habe sie noch gefragt, ob sie Corona hat, das hat sie verneint und gesagt, sie hat nur eine Grippe“, gab der Sohn an. Er habe sich große Sorgen gemacht, weil er gewusst habe, wie gefährlich eine Covid-Infektion für Krebspatienten sein könne. Das bestritt die Angeklagte vehement: „An diesem Tag habe ich weder vom Bett aufstehen noch reden können, weil ich so krank war. Das kann also gar nicht so stattgefunden haben“, sagte sie.
Behandelnder Arzt belastete Angeklagte schwer
Die Frau hatte im Prozessverlauf auch gesagt, dass eine Corona-Infektion für sie nie zur Debatte gestanden sei: „Für mich war klar, das ist eine Bronchitis, wie ich sie jedes Jahr im Winter habe.“ Ihr behandelnder Arzt hatte vor der Polizei außerdem eine weitere bedenkliche Aussage der Angeklagten zu Protokoll gegeben: Sie lasse sich „sicher nicht einsperren“, habe sie zu ihm gesagt, als ein Corona-Schnelltest positiv ausgefallen war.
Für mich war klar, das ist eine Bronchitis, wie ich sie jedes Jahr im Winter habe.
Die Angeklagte während des Prozesses
„Ich habe mir das Urteil wirklich nicht leicht gemacht“, sagte Richterin Götz in ihrer Urteilsbegründung. Und weiter: „Das tut mir für Sie persönlich leid – ich glaube, dass so etwas wahrscheinlich hundertfach passiert ist. Sie haben aber das Pech, dass ein Sachverständiger mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt hat, dass es eine Infektion war, die von Ihnen ausgegangen ist.“ Damit habe sie die für einen Schuldspruch erforderliche Sicherheit, so die Richterin.
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