Wirtshäuser waren früher oft das Zentrum dörflichen Lebens. Entlang der Arlbergstraße waren sie einst zahlreich vertreten. Einige wenige dieser Gasthöfe haben bis heute überdauert.
Gastfreundschaft ist eine der ältesten Tugenden in kultivierten Gesellschaften. Früher, als viele Gegenden noch dünn besiedelt waren, waren die Menschen darauf angewiesen, denn ohne ein sicheres Nachtlager wären längere Reisen kaum möglich gewesen. Mit der Zeit entwickelte sich daraus eine Geschäftsidee und auf wichtigen Verkehrswegen entstanden so die ersten Herbergen. Dort konnten Reisende einkehren und erhielten für sich und ihre Tiere gegen entsprechende Bezahlung Verpflegung und Unterkunft.
Eine viel begangenen und befahrene Reiseroute war und ist auch die Strecke von Vorarlberg nach Tirol. Bereits ab dem 13. Jahrhundert finden sich vermehrt Aufzeichnungen über Verkehrstätigkeiten auf diesem damals noch unbefestigten Weg. Der Bau der „Kunststraße“ über den Arlberg in den 1820-er Jahren sorgte in den Regionen zwischen Bludenz und Landeck für einen regelrechten Wirtschaftsboom. Der Bau der Arlbergbahn von 1880 bis 1884 war ein weiteres solches Großereignis: Im Juni 1883 befanden sich entlang der gesamten Strecke zwischen Vorarlberg und Tirol mehr als 14.000 Arbeiter im Einsatz! Allein die Unterbringung so vieler Menschen, die oft mit ihren Familien in die Region gekommen waren, bedeutete einen enormen Aufwand.
Gasthäuser profitierten von den Menschenscharen
Davon profitierten die bereits bestehenden Gasthäuser, zudem entstanden im Laufe der Bauzeit in fast allen Ortschaften der Region weitere Gaststätten und Schenken. Heute existieren allerdings nur noch wenige davon, denn der gesellschaftliche Wandel geht auch an Traditionshäusern nicht spurlos vorüber: Das Freizeitverhalten der Menschen hat sich geändert – der regelmäßige Gasthausbesuch ist immer seltener ein Bestandteil davon. Zudem ist die Branche mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert, zu denen die Suche nach qualifizierten Mitarbeitern, die Nachfolgerfrage und gestiegene Kosten zählen. Das viel zitierte „Gasthaussterben“ ist im Klostertal deutlich spürbar: Gab es von Bings bis Stuben vor rund 30 Jahren noch etwa an die 40 Gaststätten, so sind es heute um die Hälfte weniger.
Doch es gibt auch Erfolgsgeschichten: Betriebe etwa, die den Wandel vom dörflichen Wirtshaus zur exklusiven Gästeunterkunft vollzogen haben. Oder traditionsreiche Häuser, die durch den Elan und die Kreativität neuer Pächter wiederbelebt wurden. Eine aktuelle Ausstellung im Klostertal Museum widmet sich diesen historischen Gasthöfen und ihrer Geschichte. Der Fokus liegt dabei auf den Wirtshäusern entlang der vor 200 Jahren eröffneten Arlbergstraße. Dazu gehört unter anderen der Gasthof Post (ehemals „Schwarzer Adler“) in Dalaas. Als bedeutendstes Gebäude der Ortschaft erhielt es bei der Einführung der Hausnummern Ende des 18. Jahrhunderts selbstverständlich die Nummer „1“. Anlässlich der Eröffnung der Arlbergbahn nächtigte sogar Kaiser Franz Josef in der „Post“, weshalb der Altbau des Hauses heute noch den Namen „Kaiserreich“ trägt.
Die Wiederbelebung einer Gasthausikone
Der Gasthof entwickelte sich schließlich zu einer wichtigen Post- und Fuhrhaltestation und durchlief im Laufe der Jahrzehnte mehrere Besitzer. 2012 wurde das imposante Gebäude generalsaniert und u. a. um einen Wellnessbereich samt Saunen und Salzgrotte erweitert. Schließlich kaufte die Gemeinde das geschichtsträchtige Haus und begab sich auf die Suche nach neuen Pächtern. Diese wurden in Sophia Brunner (30) und Engin Suak (32) gefunden. Im Juli dieses Jahres wurde die „Post“ nach längerer Schließungsphase nun wiedereröffnet.
Was bewegt ein junges Paar zu solch einem Schritt? „Wir haben beide jahrelang in der Tourismusbranche gearbeitet. Das hat uns das nötige Selbstvertrauen gegeben, solch einen Traditionsbetrieb zu übernehmen. Zudem erhalten wir die volle Unterstützung unserer Familien. Ich stamme selbst aus dem Klostertal und es war mir ein Anliegen, Einheimischen und Gästen hier in Dalaas einen Treffpunkt zu bieten“, erklärt Brunner.
Ihre Familiengeschichte ist eng mit jener des Gasthofs Post verknüpft. „Meine Oma war hier 30 Jahre als Oberkellnerin tätig – das prägt“, erzählt die junge Frau. Die Neugestaltung der Räumlichkeiten sei keine leichte Aufgabe gewesen, sagt das Pächterpaar: „Wir wollten unseren eigenen Stil einbringen, aber gleichzeitig auch dem historischen Ambiente treu bleiben.“ Sie seien sich unsicher gewesen, wie die Einheimischen, die den Gasthof schon ihr Leben lang kennen, darauf reagieren würden.
Doch die Sorgen scheinen unbegründet: Die Reaktionen nach der Wiedereröffnung waren durchwegs positiv. Mittlerweile werden bereits die ersten Feriengäste beherbergt. Als achtköpfiges Team ist man in die erste Saison gestartet, schon bald soll auf zwölf Mitarbeiter aufgestockt werden: „Vor allem in der Küche können wir noch Unterstützung gebrauchen“, sagt Suak. Die Geschichte des Gasthofs Post scheint also noch lange nicht zu Ende zu sein.
Legendäre Häuser und charismatische Wirte
Auch andere Häuser entlang der Arlbergstraße sind neu durchgestartet. So zum Beispiel das Hotel/Restaurant Traube in Braz: Seit dem Jahr 1846 befindet sich das Haus im Besitz der Familie Lorünser, 1924 entstand dort die „Erste Klostertaler Dampfbäckerei“. Mittlerweile ist das Hotel Traube ein moderner Alpenspa-Betrieb. Ein neues Kapital wurde auch im Gasthaus „Engel“ in Klösterle aufgeschlagen. Dessen Geschichte reicht ebenfalls bis zum Bau der Arlbergbahn zurück, unter den Engelwirten und -wirtinnen gab es gleich mehrere prägende Charaktere, über die man heute noch in der Talschaft spricht. Die jetzigen Besitzer haben das ehrwürdige Haus mit viel Liebe zum Detail renoviert und gepflegt und so den nostalgischen Charme einer vergangenen Epoche erhalten.
Die Sommerausstellung „Historische Gasthäuser des Tales“ ist noch bis 31. Oktober jeweils Mittwoch und Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Führungen werden nach Voranmeldung auch außerhalb der Öffnungszeiten angeboten.
Die Geschichten dieser und anderer Gaststätten entlang der Arlbergstraße lassen sich im Rahmen der Ausstellung im Klostertal Museum erfahren. „Das soll zur Bewusstseinsbildung rund um die Rolle dieser Häuser als Treffpunkte und Träger von Tradition und Kulturgeschichte beitragen“, meint Initiator Christof Thöny. Ein Ausflug ins Museum lässt sich übrigens sehr gut mit einem Gasthausbesuch kombinieren.
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