Theaterprojekt in Graz

Häftlinge in der Karlau werden zu Schauspielern

Steiermark
17.04.2024 11:00

Ab Donnerstag wird die Haftanstalt Graz-Karlau zur Bühne: Gemeinsam mit Häftlingen hat Regisseurin Julia Gratzer Max Frischs Bühnenklassiker „Biedermann und die Brandstifter“ erarbeitet. Der „Krone“ erzählt sie von den oft schwierigen Proben und dem lohnenden Resultat. 

„Theater kann und soll überall stattfinden“, sagt Regisseurin Julia Gratzer. Im Grazer Kulturjahr 2022 hat sie schon einmal mit Häftlingen der Karlau ein Stück erarbeitet: Wegen Corona konnte der „Lumpazivagabundus“ dann jedoch nur als Hörspaziergang umgesetzt werden – sehr erfolgreich jedoch: „Wir hatten fast 4000 Hörer“, freut sich Gratzer heute noch über den Erfolg des Projekts, das auf Initiative von Joseph Riedl, dem katholischen Seelsorger der Haftanstalt, zustande kam.

„Das Interesse unter den Häftlingen war groß“
Mit Max Frischs Theaterklassiker „Biedermann und die Brandstifter“ macht man die Karlau nun zwei Jahre später erneut zur Bühne: „Das Interesse mitzumachen, war unter den Häftlingen sehr groß: Mehr als 20 haben sich beworben, letztlich sind nun neun an dem Projekt beteiligt“, erzählt Gratzer.

Natürlich gab es bei den wöchentlichen Proben, die im Oktober begannen, große Herausforderungen: Analphabetismus, Suchterkrankungen, psychische Beeinträchtigungen und körperliche Gebrechen etwa. „Aber wir haben uns richtig gut zusammengerauft“, sagt Gratzer und sieht im Theater dafür auch einen guten Weg: „Man muss einander zuhören, Emotionen zeigen, sich den Raum erobern, aber ihn auch mit anderen teilen – alles Dinge, die im Gefängnis nicht selbstverständlich sind, weil das Leben hier sehr eingeschränkt ist.“ 

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Ich hatte anfänglich schon Hemmungen, mit diesen Männern zu arbeiten. Aber ich bin auch jemand, der sich sehr für Räume und Menschen interessiert, die mir fremd sind. Und mit der Zeit sind mir diese Männer sehr ans Herz gewachsen. 

Regisseurin Julia Gratzer

Gratzer, die fünf Jahre lang am Grazer Schauspielhaus die Bürger*innenbühne mitverantwortet hat und diese nun in der Freien Szene weiterführen will, sieht in ihrer Arbeit aber mehr als nur ein Sozialprojekt: „Es geht mir schon auch darum, gute und professionelle Kunst auf die Bühne zu bringen.“

Mangelnder Widerstand gegen Extremismus
Mit „Biedermann und die Brandstifter“ hat sie dafür einen guten Stoff gefunden – eine Parabel über die mangelnde Widerstandskraft der bürgerlichen Gesellschaft gegen den Extremismus, die eine große Frage aufwirft: Warum gehen wir Konflikten so oft aus dem Weg? 

„Die Brandstifter, die sich im Stück beim Biedermann einnisten, haben ja Gefängniserfahrung. An dem Punkt konnten wir auch an den Biografien der Darsteller anknüpfen. Das hat uns geholfen, mit ihnen tief in den Text einzutauchen“, sagt Gratzer und ergänzt: „Es ist ja ein Vorurteil, dass sich diese Männer, nur weil sie im Gefängnis sitzen, keine Gedanken über solche gesellschaftlichen Fragen und den Zustand der Welt ganz generell machen.“ 

Nach Monaten der intensiven Proben feiert man am Donnerstag nun Premiere: „Wegen der beschränkten Besucherzahl, die in der Karlau dabei sein kann, sind wir eigentlich restlos ausverkauft. Aber es gibt eine Warteliste“, sagt Gratzer. Und weitere Projekte ihrer Bürger*innenbühne sind bereits in Planung.

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