Amtshilfe-Wirbel
Lieferten Deutsche Schlagstöcke an Weißrussland?
In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass deutsche Beamte Weißrussland bei der Polizeiausbildung unterstützt haben. Laut dem "Tagesspiegel" wurden insgesamt 500 Sicherheitskräfte aus dem autoritär regierten Land in Deutschland und in ihrer Heimat geschult, unter ihnen Mitglieder der gefürchteten Miliz. Das deutsche Innenministerium bestätigte die Amtshilfe.
Die Kooperation hatte 2008 begonnen, wurde aber laut dem Ministerium nach den Wahlen 2010 stark zurückgefahren, nachdem das Regime Oppositionsproteste brutal niedergeschlagen hatte. Endgültig eingestellt wurde die Zusammenarbeit jedoch erst im Herbst 2011.
Kritik an "politischer Ignoranz"
Die Bundesregierung geriet nach Bekanntwerden der Ausbildungshilfe heftig in die Kritik. Grüne, SPD und Linkspartei warfen dem Innenministerium "politische Ignoranz" vor und forderten Aufklärung. "Danke den Deutschen, dass sie die Lakaien des Führers trainiert haben", sparten auch weißrussische Blogger nicht mit Kritik an der Polizeihilfe. "Frauen und alte Menschen schlagen: Haben sie das in Deutschland auch unterrichtet?", fragte etwa ein User auf einer regimekritischen Website.
Deutsches Geld für Technik-Ausrüstung
Am Montag kamen nun weitere brisante Details über das Ausmaß der deutschen Hilfsleistungen an das weißrussische Regime ans Licht. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung gab es auch finanzielle Unterstützung für das Regime. Demnach flossen zwischen 2009 und 2010 rund 41.000 Euro für Computer- und Videotechnik, darunter Digitalkameras, Diktiergeräte und Laptops, an Weißrussland. Das Geld dafür sei laut "Bild" direkt auf ein Konto der deutschen Botschaft in Minsk überwiesen worden.
Das Innenministerium bestätigte die Angaben der Zeitung, betonte aber, dass es keine weiteren Geldflüsse gegeben habe. Damals regierte in Deutschland eine Große Koalition, das Innenministerium führte der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble, der mittlerweile ins Finanzministerium gewechselt hat.
Regime mit Schlagstöcken ausgestattet?
Doch mit den Geldflüssen nicht genug, soll das Innenministerium nach Informationen der Zeitung zudem zwischen 2008 und 2011 mindestens eine Hundertschaft der weißrussischen Polizei mit kompletter Körperschutzausstattung ausgerüstet haben. Es habe sich um Helme, Schilde, Schlagstöcke und Körperprotektoren gehandelt.
Diese Behauptung wies die deutsche Regierung jedoch zurück. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass Schlagstöcke oder ähnliche Ausrüstungsgegenstände nach Weißrussland geliefert worden seien, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.
SPD beantragte Sondersitzung
Die SPD beantragte indessen noch für diese Woche eine Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestages. Die Berichte über die Polizeihilfe gäben "Anlass zu der Vermutung, dass Art und Umfang der Zusammenarbeit mit der weißrussischen Miliz über das hinausgehen, was die Bundesregierung bisher gegenüber dem Bundestag dazu eingeräumt hat", heißt es in dem Antrag.
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