Rechnungshof zeigt auf

Oberösterreich hat die Energiewende verschlafen

Oberösterreich
13.03.2024 14:15

PV-Anlagenbesitzer sind verärgert, weil sie überschüssigen Sonnenstrom nicht einspeisen können – es fehlen die Netzkapazitäten. Wie es dazu kommen konnte, hat der Landesrechnungshof in einer Sonderprüfung erhoben und strategische Versäumnisse bei Energie AG und politischen Entscheidungsträgern festgestellt. 

Oberösterreich sei im Bundesländervergleich „Spitzenreiter“ bei erneuerbaren Energien: Der zuständige Landesrat Markus Achleitner (ÖVP) wird nicht müde, das zu betonen, erst kürzlich wieder bei der Energiesparmesse in Wels. Und tatsächlich ist diesbezüglich einiges in Bewegung gekommen – jedoch erst, nachdem der Landesenergieversorger Energie AG unter dem neuen Vorstand einen Strategiewechsel vollzogen hat. Das war vor einem Jahr.

Bis dahin sei die mehrheitlich im Besitz des Landes OÖ befindliche Energie AG in Sachen Energiewende im Dornröschenschlaf gedämmert. Zu diesem Ergebnis kommt – wenn auch in anderen Worten – der Landesrechnungshof (LRH) in einem am Mittwoch veröffentlichten Sonderprüfungsbericht.

Investitionen in Energiewende vernachlässigt
Initiiert worden war die Prüfung im Juli 2023 vom Landtagsklub der Neos, die damit laut Klubchef Felix Eypeltauer „Licht ins Dunkel der Energieversorgung und Energiepolitik Oberösterreichs“ bringen wollten. Kernaussage des Berichts: Die Strategie der Energie AG sei zu lange ausschließlich auf die Hebung von Synergieeffekten und Effizienzsteigerungen ausgerichtet gewesen, Investitionen in die Energiewende und die dafür nötige Infrastruktur seien bis zum Vorjahr vernachlässigt worden: „Im Jahr 2020 machten Windkraft und PV 1,4 Prozent der Stromerzeugung der Energie AG OÖ Gruppe aus“, heißt es etwa exemplarisch in dem Bericht.

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Der Fokus der Power Strategie 2020 lag auf einer Verbesserung des Ergebnispotentials, um den Herausforderungen des Energiemarkts nachhaltig zu begegnen. Die Steigerung des Anteils von Windkraft und PV sei kein vorrangiges Ziel gewesen.

Aus dem Prüfbericht des Landesrechnungshofs

Zwei Milliarden Euro für Netzausbau bis 2035
Völlig verschlafen wurde bis zum Jahr 2023 der Ausbau des Stromnetzes, was die Energie-AG-Tochter Netz OÖ jetzt angesichts des anhaltenden Photovoltaik-Booms unter Druck bringt. Für die unter dem neuen Chef Leonhard Schitter lancierte Strategie, die die Energie AG bis 2035 klimaneutral machen soll, schätzt der Konzern den Investitionsbedarf auf rund vier Milliarden Euro. „In etwa die Hälfte davon betrifft den Netzbereich“, hält der LRH fest.

Gegenteilige Interpretationen des Berichts
Das Fazit von Neos-Chef Eypeltauer: Der Prüfbericht lege offen, „dass die Energie AG die Notwendigkeit zur tatsächlichen Energiewende erst 2023 wirklich begriffen hat.“ Daran schuld sei vor allem „die ÖVP-geführte Landesregierung“ und Landesrat Achleitner als Aufsichtsratschef der Energie AG. Man habe es nicht geschafft, „die richtigen wirtschaftspolitischen Voraussetzungen für die Energiewende zu schaffen“. 

In der ÖVP legt man den LRH-Bericht weniger kritisch aus. Er „bestätigt unseren Kurs und die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Energie AG“, frohlockt Klubchef Christian Dörfel. Die Umstellung auf erneuerbare Energien gehe halt „nicht von heute auf morgen“. 

Kommentar
Jetzt aber wirklich!

Energiewende-Kaiser oder Erneuerbaren-Muffel: Je nach parteipolitischem Blickwinkel ist Oberösterreich einmal das eine, dann wieder das andere. Mit dem Rechnungshof hat jetzt eine zweifellos untadelige Instanz eine seriöse Einordnung getätigt. Nun ist offensichtlich, dass die Landespolitik, die maßgeblichen Einfluss auf die Konzernausrichtung der Energie AG hat, das Thema Energiewende viel zu lange vernachlässigt hat. Darüber zu lamentieren hilft aber nichts: Die Milch ist sozusagen schon verschüttet. Der Rechnungshof bestätigt auch, dass die Richtung seit 2023 stimmt – darauf gilt es jetzt aufzubauen.

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