krone.at-Interview

Pfeifenberger: “Bin ja nicht hier, weil ich so lustig bin”

Sport
19.07.2012 11:16
Lang hat's gedauert, aber nun ist er da: Heimo Pfeifenberger geht in seine erste Saison als Cheftrainer bei einem Bundesligisten. Dass ihm nur die wenigsten zutrauen, mit Wiener Neustadt die Klasse zu halten, damit kommt er klar. Denn er selbst traut es sich und seinen fast ausnahmslos blutjungen Spielern absolut zu. Wie Heimo mit Kritik am "Showtrainertum" umgeht, welche Bedeutung er dem Bauchgefühl beimisst, welchen Spielstil er seiner Mannschaft einimpfen will und wie er seine Rolle als drittältester Liga-Coach sieht, darüber hat er mit krone.at gesprochen.

krone.at: Heimo, nur noch wenige Tage bis zum Meisterschaftsstart. Wie zufrieden sind Sie mit der Vorbereitung auf die neue Saison?
Heimo Pfeifenberger: Die war absolut in Ordnung, muss ich sagen. Wir konnten uns sehr viel erarbeiten, wobei wir gar nicht einmal so sehr auf die Ergebnisse Rücksicht genommen haben. Es hat zwar immer Aufs und Abs gegeben, aber das ist ganz normal, wenn eine ganz neue Mannschaft zusammenfindet. Das muss alles zusammenwachsen und ineinandergreifen, da muss man Geduld haben, keine Frage. Aber vom Arbeiten und vom Einsatz her war das total gut.

krone.at: Das erste Pflichtspiel mit Ihrer neuen Mannschaft war vom Ergebnis her ja eher von der mauen Sorte. Was für Schlüsse konnten Sie aus dem 4:2-Sieg nach Verlängerung gegen den Vorarlberger Landesligisten Wolfurt im Cup ziehen?
Pfeifenberger: Wo wir uns nicht so gut angestellt haben, das war das Zweikampfverhalten. Aber letztendlich war's fürs Erste wirklich klass' zum Zuschauen von draußen: Wir haben total dominiert, an die 35 Torchancen herausgespielt und in der Offensive einfach generell schon sehr gut gearbeitet. Hinten darfst du halt die zwei Tore nicht bekommen, nein, da haben wir uns nicht gut angestellt, das werden wir im Training noch forcieren. Da muss jeder noch ein Scherferl dazulegen.

krone.at: Nun einmal generell - seit knapp eineinhalb Monaten dürfen Sie sich Bundesliga-Cheftrainer nennen. Wie fühlt sich das an?
Pfeifenberger: (lacht) Bis jetzt spüre ich noch nicht so viel, das war bisher nur normaler Trainingsalltag. Aber das wird dann schon kommen mit den Matches, ich bin ja ein Wettkampftyp. Im Fußball, sag' ich immer, muss es um etwas gehen.

krone.at: Bei dem einen oder anderen Kommentator aus der großen österreichischen Fußballwelt ist Kritik geäußert worden, dass Sie mehr wegen Ihrer Bekanntheit als Spieler denn wegen Ihrer Qualitäten als Trainer engagiert worden wären. Das Wort "Showtrainer" ist dabei gefallen. Kränkt Sie so eine Einschätzung, wie begegnen Sie so etwas?
Pfeifenberger: Kritiker hat man immer. Als junger Spieler hat mich das vielleicht gestört, aber wenn du viel spielst, auch international, wird man da abgehärtet. Also das irritiert mich Null-Komma-Josef, das bringt mich nicht aus der Ruhe. Und immerhin hab ich jetzt ja die Möglichkeit, mich zu beweisen. Das ist für mich selbst wichtig, weil ich bin ja nicht hier nach Wiener Neustadt gekommen, weil ich so lustig bin, sondern weil ich gewinnen will. Das ist für mich entscheidend. Im Fußball geht's für mich immer nur ums Gewinnen. Weil ich hasse nichts mehr als ausgemachte Partien, wie es viele Promis-Spiele sind. Das geht mir sowas von auf den Keks (lacht).

krone.at: Ihre Bestellung hat für Außenstehende ziemlich nach einem Schnellschuss, einer Bauchentscheidung, ausgesehen. Denn mehr als ein kurzes Telefonat mit Präsident Manfred Rottensteiner sowie je ein Fax hin und ein Fax zurück gab es ja nicht. Wie haben Sie sich so schnell sicher sein können, die Aufgabe annehmen zu wollen?
Pfeifenberger: (zögert) Ernsthaft - ich hab' wirklich nicht lange überlegen müssen. Wenn ich nichts riskiere, werd' ich nie etwas gewinnen. Ist genauso, wie wenn man nur defensiv spielt: So wird man selten Spiele gewinnen. Daher gehe ich lieber ein Risiko ein und versuche, meine Chancen zu nutzen. Und wenn ich ein Angebot aus der Bundesliga bekomme, egal von wem und egal von wo und egal mit welcher Mannschaft und egal in welcher Situation, dann probiere ich, das Beste daraus zu machen. Das ist generell meine Grundeinstellung, deswegen bin ich auch als Spieler relativ weit gekommen. 

krone.at: Ist Heimo Pfeifenberger als Trainer generell ein Mensch, der auf seinen Bauch hört?
Pfeifenberger: Bauchgefühl braucht ein jeder, man kann ja nicht alles durchplanen. Und ich wäre sowieso nicht der Typ, der alles haargenau durchstrukturiert oder einer Mannschaft nur Vorschriften macht. Ich will, dass die Spieler selber auch Verantwortung übernehmen, das verlange ich einfach. 

krone.at: Apropos Bauch. Was sagt Ihr Bauch zum Thema Klassenerhalt?
Pfeifenberger: Ich glaub', dass wir es schaffen können (schaut durchdringend und pocht auf den Tisch). Ich glaub', dass wir es schaffen können. Dass es nicht leicht wird, okay, die Liga ist so eng, und wir müssen sicher Schritt für Schritt machen und zulegen können. Auf der mentalen Ebene müssen wir noch sehr viel arbeiten, die jungen Spieler müssen noch mehr aus sich herauskitzeln, was in ihnen steckt. Und es steckt ja in einem jedem sehr viel, das hat etwa der junge Matthias Maak im Frühjahr bewiesen. Und wieso soll der quirlige Stefan Rakowitz, der von Hartberg gekommen ist und dort drei Jahre lang in der zweiten Liga gespielt hat, nicht auch in der Bundesliga bestehen können?

krone.at: Stichwort junge und alte Spieler - die Mehrzahl Ihrer Kaderspieler hat noch keine ganze Saison in der Bundesliga gespielt. Rund zwei Drittel aller Bundesligaeinsätze der Wiener-Neustadt-Kicker gehen auf das Konto eines einzigen Spielers, Petr Hlinka. Ist das nicht gefährlich?
Pfeifenberger: Gefährlich? (lacht) Naja, es war ja gar nicht anders möglich von den finanziellen Mitteln her. Aber die Jungen haben Willen und einen guten Charakter und nehmen auch etwas an. Ich glaub' schon, dass sich da ein jeder festsetzen kann in der Liga. Aber das ist mit sehr viel Arbeit für jeden Einzelnen verbunden. Spieler machen ja oft den nächsten Schritt, wenn sie eine Liga höher gehen: Man passt sich an und wächst mit der Aufgabe. Das muss auch meinen Spielern gelingen. Aber klar, mir ist schon bewusst, dass wir ab und zu auch Lehrgeld bezahlen werden, das ist ja ganz normal. Von dem lasse ich mich nicht unterkriegen. Wichtig ist, dass sich auch die Spieler davon nicht unterkriegen lassen.

krone.at: Apropos unterkriegen - wie sieht die Vision des Trainers Heimo Pfeifenberger zum Auftreten seiner Mannschaft aus?
Pfeifenberger: Das Allerwichtigste ist für mich die Körpersprache, da muss eine Begeisterung sichtbar sein und Siegeswille. Wenn ich Siegeswillen zeige, dann bin ich sowieso immer aktiv am Platz. Und offensiv und defensiv gehören für mich sowieso zusammen: Wenn ich offensiv spielen lasse, muss ich eine gute Staffelung haben, um schnell umschalten zu können. Aber gut, das will ja eh jeder: Offensiv spielen und viele Tore schießen. Es funktioniert halt nicht immer. Daher ist die Mentalität der Spieler sehr wichtig, sich nicht gehen zu lassen, auch wenn es einmal nicht so läuft, dass man trotzdem immer fightet. Das versuch' ich den Spielern immer wieder zu vermitteln und in sie hineinzubringen.

krone.at: Und die Mentalität der Spieler passt?
Pfeifenberger: Ja doch, sie haben einen sehr guten Charakter und viel Potenzial. Sie müssen nur daran glauben, viel mehr noch, was sie gut können. Entscheidend wird sein, wie sie sich verhalten, wenn es Rückschläge gibt. Geben sie auf oder können sie zulegen. Wenn man beim geringsten Widerstand gleich einknickt, dann ist man nicht geeignet für den Profifußball. Aber wenn man standhaft leibt, dann kann man es weit bringen im Fußball.

krone.at: Werden Sie das Spiel Ihrer Mannschaft eher offensiv oder eher kontrollierend-defensiv wie unter Ihrem Vorgänger in Wiener Neustadt, Peter Stöger, auslegen? Wie soll sich die Mannschaft heuer präsentieren? 
Pfeifenberger: Nun, der Peter hat sich ja auch nur nach den Möglichkeiten bzw. den Stärken des Kaders gerichtet. Wo eine Mannschaft ihre Stärken hat, das musst du als Trainer erkennen und herausfinden.Was passt am besten, welcher Stil ist ideal? Der Peter war ja sehr erfolgreich. Die Offensive war nicht so überragend, aber er hat auch die Möglichkeiten nicht so gehabthaft mit 13 neuen Spielern - und ganz anderen Typen. Typen, die immer wieder für spielerische Akzente sorgen können.

krone.at: 3-5-2, 4-4-2, 4-3-3, 4-2-4, 4-6-0 - es gibt in der Theorie eine Menge verschiedener Spielsysteme. Zweifellos, nicht jedes ist für jede Mannschaft brauchbar. Welches System passt am ehesten zu diesen neuen Typen in Ihrem Team?
Pfeifenberger: Es wird immer wieder variieren. 4-4-2, 4-2-3-1 oder 4-3-3, mehr gibt's nicht. Okay, wenn einmal alle Außenspieler ausfallen, dann spielen hinten eben drei. Wenn die halt zur Verfügung stehen. Momentan hätt' ich ja allerdings nicht mal diese drei fürs erste Spiel gegen Mattersburg...

krone.at: Sie sprechen die Verletzungssorgen, die Sperren und den kurzfristigen Abgang von Kapitän Wolfgang Klapf an?
Pfeifenberger: Natürlich. Dennis Mimm ist nach seiner Roten Karte im Cup-Spiel gesperrt, Christian Ramsebner ist verletzt, Manuel Wallner ist verletzt, und Wolfgang Klapf ist ja kurzfristig zum LASK abgewandert.

krone.at: Themenwechsel - kaum dass Sie den "Gipfel" Bundesliga erklommen haben, sind sie schon der drittälteste unter den Cheftrainern der Liga, gerade einmal Franz Lederer und Peter Stöger sind älter als Sie.
Pfeifenberger: Ja, es ist höchste Eisenbahn geworden... (lacht)

krone.at: Warum hat man als Ü-45er offenbar keine Chance mehr bei uns in Österreich?
Pfeifenberger: Naja, ich glaub', dass sich viele Ältere gewisse Sachen gar nicht mehr antun, weil sie bewusster auswählen, dass sie etwa nur mehr bei gewissen Großklubs zuschlagen. Aber als junger Trainer bzw. wenn du neu im Geschäft bist, musst du gewisse Herausforderungen einfach annehmen - auch wenn Risiko dabei ist. Risiko hast du als Trainer sowieso immer. Als Junger muss dir das aber wurscht sein, wenn du eine Chance bekommst, in die Bundesliga reinzukommen. Wir haben eh so wenig Plätze im heimischen Profigeschäft.

krone.at: Zum Abschluss noch eine Philosophiefrage. Dass Europameister Spanien so auftreten kann, wie die "Seleccion" es tut, liegt auch daran, dass die Spieler über Jahre hinweg miteinander alt geworden sind. Sie gehen nun aber mit einer frisch zusammengewürfelten Mannschaft in die neue Saison, birgt das nicht zwangsläufig eine enorme Gefahr?
Pfeifenberger: Nein, ich glaube, ich kann damit umgehen. Das habe ich mit Grödig ja schon zwei Mal erlebt.

krone.at: Mattersburg zum Vergleich spielt ja schon ein gefühltes Jahrzehnt mit derselben Mannschaft.
Pfeifenberger: Ja klar, die haben halt schon ihr Gerüst gefunden. Das war hier in Wiener Neustadt aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel gar nicht möglich. Spieler wie Madl, Schicker, Reiter oder Stanislaw haben halt ins finanzielle Gefüge nicht mehr hineingepasst und sind jetzt weg. Okay, ist so. Dass da ein Risiko dabei ist, ist ja ganz klar, wenn man fast nur Spieler aus der zweiten oder der dritten Liga holt. Deshalb sind wir ja auch Außenseiter, krasser Außenseiter sogar. Aber das birgt auch eine Riesenchance.

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