Bauern in Sorge

Pflanzen in Vollblüte: Zittern vor „Normalwetter“

Österreich
06.03.2024 14:58

Es ist nicht zu übersehen – durch die viel zu milden Temperaturen zu Jahresbeginn sind vor allem im Osten des Landes bereits zahlreiche Pflanzen mitten in der Blüte. Viel zu früh für die Jahreszeit: Sollte sich jetzt wieder „normales“ Wetter einpendeln – und sei es auch nur kurz – ist wieder einmal die Ernte in Gefahr.

Schon im vergangenen Jahr beklagten etwa die Marillenbauern in der Wachau nahezu einen Totalausfall – Grund dafür war der ohnehin gefürchtete Spätfrost. Und auch heuer sehen die Vorzeichen für eine Ernte eher düster aus.

Im Vergleich zum langjährigen Temperaturmittel (Zeitraum von 1962 bis 1991) sind einige Pflanzen bis zu eineinhalb Monate früher dran, als normal wäre. Während die aktuellen Temperaturen von so manchem als durchaus angenehm empfunden werden, beginnt für die Bauern dabei das große Zittern.

Pflanzen in besonders heiklen Phasen
„Falls in den nächsten drei Monaten (bis in den Mai) stärkerer Frost auftritt, wären alle bereits wachsenden Pflanzenteile, welche durch die Aktivierung des jährlichen Wachstums oftmals auch ihre Frostresistenz verlieren, besonders gefährdet“, erklärt der Agrarmeteorologe und Klimawandelforscher Josef Eitzinger gegenüber krone.at. Besonders fatal wäre in dem Fall eine längere Frostdauer.

Ausgesprochen heikel wäre laut dem Experten der Universität für Bodenkultur (BOKU), wenn die Kälte mit einer besonders empfindlichen Phase der Pflanzenentwicklung zusammenfällt. Gemeint sind dabei vor allem die Blühphase bei Obstgehölzen, die Nachblühphase, bei der die Fruchtkörper noch sehr klein sind, aber auch die Bildung von Jungtrieben bei Wein- und Ackerkulturen (etwa. Erdäpfel, Kukuruz oder Gemüse).

Bleibt Spätfrost aus? Hoffnung ist gering
Die Hoffnung vieler Bauern liegt nun auch darin, dass die durch den Klimawandel auftretenden Wetterkapriolen auch bis in den Frühling hinein reichen und das ungewöhnlich milde Wetter die Kulturen vielleicht doch verschont werden. Eine entsprechende Prognose hängt dabei sehr stark von den schwer vorhersehbaren Witterungsverhältnissen ab, möchte Eitzinger dabei keine falschen Hoffnungen wecken: „Das Risiko eines Spätfrostes in den nächsten Monaten ist durchaus gegeben.“

Schon im Vorjahr gab es bei der Obsternte ein klares Minus:

Maßnahmen teuer und mäßig erfolgreich
Kommt der gefürchtete Frost also tatsächlich noch um die Ecke, bleiben nur noch die hinlänglich bekannten Frostschutzmaßnahmen, wie etwa die Abdeckung der Pflanzen, eine Frostschutzberegnung, Erwärmungsmethoden (Paraffinkerzen, brennende Fässer) oder auch die Aufbringung von Mitteln zur Austriebsverzögerung (vor allem im Weinbau genutzt). Diese Methoden seien aber durchaus kostspielig und wirken oft nur bei kurz andauerndem Nachtfrost gut, so Eitzinger weiter.

Für die Bauern heißt es also weiter bangen–und den Wetterbericht genau im Blick haben. Doch muss man hierzulande vielleicht langfristig auf andere Kulturen umsatteln? Der Experte empfiehlt zumindest die Vermeidung des Anbaus in frostgefährdeten Lagen mit Kaltluftseebildung, die Nutzung von frostresistenten Sorten und den Anbau nicht zu früh zu starten.

Haben Marille & Co. bei uns noch Zukunft?
Prinzipiell sei „absehbar, dass die Frosttemperaturen abnehmen, die Winter zunehmend wärmer werden“, erklärt Eitzinger gegenüber krone.at. Eines der Hauptprobleme wird wohl sein, dass (wie auch schon in diesem Jahr) Pflanzen ihre Winterhärte zu früh verlieren. Zwar gebe es auch den Trend, dass sich der letzte Spätfrost im Frühjahr nach vorne verschiebt, da der Austrieb der Pflanzen aber in jenen Zeitraum fällt, in dem die Tage noch kürzer sind – und damit die Gefahr niedrigerer Temperaturen steigt -, gleicht sich die Frostgefährdung nicht unbedingt aus.

Frost alleine nicht das Hauptproblem
Der Frost alleine wird künftig aber ohnehin nicht das größte Problem der Bauern werden. Zwar verlängert sich bei einjährigen Kulturen durch den generellen Temperaturanstieg die Anbauzeit, gleichzeitig kommen dadurch aber auch wesentlich mehr Insekten über den Winter, die sich schädlich auswirken können – dazu siedeln sich neue wärmeliebende Pflanzen und Insekten an, die eine weitere Herausforderung darstellen werden.

Aber durch die Verlängerung der Vegetationsperiode kommen zusätzliche Probleme hinzu, die sich bereits in den vergangenen Jahren abgezeichnet haben: massive Trockenheit und zunehmende Starkniederschläge. Die Auswirkungen des Klimawandels sind also „komplex und vielfältig“, fasst Eitzinger zusammen. Auf die Bauern kommt damit jedenfalls viel Arbeit und wohl noch mehr Unsicherheit zu.

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