Wilderei blüht
Asien will Elfenbein: Afrikas Elefanten müssen bluten
Das Geschäft mit dem "weißen Gold" blüht - obwohl der Handel mit dem Rohstoff eigentlich schon seit mehr als 20 Jahren verboten ist. Kerngebiete der Wilderei sind Experten zufolge einige Staaten des Kongobeckens, darunter Kamerun, die Zentralafrikanische Republik und die Demokratische Republik Kongo. In einigen Regionen ist die Lage so dramatisch, dass kaum noch Dickhäuter in der Savanne zu finden sind. Seit 2009 weitet sich die kriminell organisierte Wilderei aber auch im östlichen Afrika aus, speziell in Mosambik und Tansania. "Allein im Norden von Mosambik wurden kürzlich mehr als 300 Elefantenskelette gefunden", erklärt die Afrika-Referentin des WWF Deutschland, Ilka Herbinger, bei einem Pressegespräch am Mittwoch.
Stoßzähne bei lebendigem Leibe abgetrennt
Was die Käufer der Elfenbein-Mitbringsel nicht sehen, ist die erbarmungslose Brutalität, die dem Schnitzhandwerk vorausgeht. Die grausamen Methoden der Tierschlächter kennen dabei keine Grenzen: "Unter anderem wurden die Wasserlöcher der Elefanten vergiftet, um so einfacher an das Elfenbein zu gelangen", erklärte Herbinger. Dass durch die Toxine auch zahlreiche andere Tierarten elendig verendeten, sei für die Täter ein bedeutungsloser Nebenaspekt. Andere Kriminelle schießen auf die Elefanten, wobei die Tiere laut Beobachtern häufig noch am Leben sind, wenn ihnen die Stoßzähne und der Rüssel mit Macheten abgetrennt werden.
Wie viele graue Riesen es auf dem afrikanischen Kontinent noch gibt, ist nicht sicher. Vagen Schätzungen zufolge liegt ihre Zahl zwischen 400.000 und 600.000. Zum Vergleich: In den 1980er-Jahren bevölkerten noch 1,2 Millionen Elefanten die Savannen und Wälder Afrikas. Und wie ist die Situation heute? Alles andere als rosig, meint Celine Sissler-Bienvenu, Leiterin des Internationalen Tierschutzfonds IFAW in Frankreich. Der Chef des IFAW-Ostafrika-Büros, James Isiche, fügt hinzu, dass nur 16 Prozent des Lebensraumes der afrikanischen Elefanten geschützt seien, in 84 Prozent riskierten die Dickhäuter den Wilderer-Tod. Demnach würden jedes Jahr immer noch etwa 12.000 Dickhäuter gewildert.
"Riesige Elefanten-Tragödie" in Nationalpark
Aktuell macht Kamerun Schlagzeilen. Zwischen Februar und März wurden im "Boubandjida National Park" an der Grenze zum Tschad rund 300 Elefanten getötet (siehe Infobox). Herbinger spricht von einer "riesigen Elefanten-Tragödie". Mittlerweile habe die Regierung zwar Hunderte Soldaten im Park stationiert, um die Wilderer zu bekämpfen. "Das Militär ist aber zu spät gekommen - man geht davon aus, dass der Großteil der Population dort bereits getötet ist." Inzwischen gebe es vermutlich nur noch einzelne verstreute Tiere in dem Park, die sowohl für die Naturpark-Ranger als auch für die Wilderer schwer aufzuspüren seien.
Die Täter sind oftmals kriminelle Warlords, die das Elfenbein entweder nach Asien - und hier speziell nach China und Thailand - verkaufen oder gegen Munition und Waffen tauschen, um Milizen in der Region zu unterstützen. Auf Pferden seien sie zwei Monate lang durch den Busch von Boubandjida geritten, um so viele Dickhäuter wie möglich zu erlegen, erklärt Sissler-Bienvenu, die gerade aus Kamerun zurückgekehrt ist, wo sie zahlreiche Elefantenkadaver untersuchte (Bilder 5 und 6). Wahrscheinlich kamen die Jäger aus dem Sudan - dafür spreche jedenfalls, dass den toten Tieren jeweils ein Stück aus dem Ohr herausgeschnitten wurde: "Es ist eine sudanesische Tradition, solche Anhänger als Trophäe um den Hals zu tragen."
"Unersättlicher Elfenbein-Appetit in Asien"
Offiziell wurde der Handel mit Elfenbein 1989 durch das Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES verboten. "Aber viele Leute wissen nicht, dass das Totalverbot in dieser Form nicht mehr existiert", erläutert Isiche. So sei es etwa 1997 Japan erlaubt worden, 47 Tonnen Elfenbein aus Südafrika zu kaufen, und 2008 gab es aus derselben Region eine ähnliche Lieferung an Japan und China. Das habe die Nachfrage stimuliert. "Seit diesem letzten Verkauf hat die Wilderei nie dagewesene Ausmaße angenommen, um den unersättlichen Elfenbein-Appetit in Asien zu stillen."
Einige Länder gehen dennoch mit gutem Beispiel voran, darunter Südafrika, Namibia, Botswana und Kenia. "Sicherlich auch, weil diese Staaten im Vergleich zu anderen politisch stabiler und ökonomisch entwickelter sind", sagt Herbinger. Deshalb könnten sich die jeweiligen Regierungen mehr und besser ausgebildete Wildhüter leisten. Aber wirklich sicher sind die Tiere nirgendwo, schließt Sissler-Bienvenu: "Solange es eine Nachfrage und einen Markt für Elfenbein gibt, wird die Existenz eines Elefanten-Paradieses in Afrika eine Utopie bleiben."
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