Dreijährigen getötet

Fall Cain: Lebenslange Haft für Angeklagten

Österreich
30.03.2012 21:06
Knapp 15 Monate nach dem Tod des dreijährigen Cain ist der 27-jährige Angeklagte, Milosav M., am Freitag am Landesgericht Feldkirch wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Außerdem wurde die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verfügt. Die Geschworenen sahen es einhellig als erwiesen an, dass M. durch seine Schläge den dreijährigen Cain im Jänner 2011 vorsätzlich getötet hat. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Als mildernd wurden dem 27-Jährigen sein eingeschränktes Geständnis sowie seine geminderte Zurechnungsfähigkeit zugestanden, erschwerend wirkte sich laut Richter Norbert Melter seine "brutale Vorgehensweise" aus. In Anbetracht der Grausamkeit der Tat sei das Gericht zur Erkenntnis gekommen, dass die Höchststrafe zu verhängen sei, so Melter in seiner Urteilsbegründung.

Den Privatbeteiligten - dem Kindsvater und dem älteren Bruder von Cain - wurde wie gefordert Trauerschmerzengeld in Höhe von 100 Euro bzw. 25.000 Euro zugesprochen. Dem Vater war es nur um einen symbolischen Betrag gegangen.

Der Angeklagte hatte während des gesamten Prozesses eine Tötungsabsicht bestritten und sich nicht schuldig bekannt. "Ich wollte nicht, dass er stirbt", betonte M. mehrfach. In der Rekonstruktion der Ereignisse vom 7. und 8. Jänner 2011 ergab sich, dass der Angeklagte das Kind - den jüngeren Sohn seiner damaligen Lebensgefährtin - mit der Hand und einem Besenstiel aus Aluminium mehrfach exzessiv verprügelt hat.

Angeklagter: "Ich wollte ihn erziehen"
Cain musste sich dabei übers Sofa beugen, und M. schlug ihm "fünf- bis zehnmal" auf den Hintern. Die Blasen an den Händen, die er sich dabei zuzog, erklärte der 27-Jährige mit den Nieten der Hose des Dreijährigen. Er räumte ein, dass ihm danach die Hand wehtat. Auch "Watschen mit beiden Händen" gab M. zu. "Ich wollte, dass er sich's merkt. Ich wollte ihn erziehen", so der 27-Jährige immer wieder. Die Mutter habe die Kinder ebenfalls geschlagen, auch in seiner eigenen Erziehung sei Gewalt "normal" gewesen, erklärte M. im Vorarlberger Dialekt und oft den Tränen nahe.

Weil das Kind keine entsprechende Einsicht zeigte, habe er einen abgebrochenen Besenstiel geholt, um Cain damit "etwa 20 Mal" aufs nackte Gesäß zu schlagen. Auf die Frage, ob ihm die Intensität der Schläge bewusst gewesen sei, sagte der Angeklagte: "Jetzt ist es mir klar. Ich hätte nie gedacht, dass er sterben kann, jetzt weiß ich es." Cain habe geweint, sonst habe er keine Auffälligkeiten gezeigt. "Siehst du, dass es falsch ist, was du machst?", habe er ihn gefragt. Anschließend hätten die Kinder normal gegessen und seien nach dem Duschen zu Bett gegangen.

Bub nach 15 Schlägen mit Besenstiel zusammengebrochen
Tags darauf habe er die Mutter Cains wieder zur Arbeit gefahren. Cain musste dabei erneut zur Strafe im Kinderzimmer bleiben. Bei der Rückkehr habe er Cain im Schlafzimmer der Mutter vorgefunden. Das Kind sei mit dem Besenstiel auf dem Bett gewesen, am Boden lag eine kaputte Lampe. Der Angeklagte sah sich zu einer weiteren Strafaktion veranlasst. Erneut musste sich Cain über das Sofa beugen. "Ich wollte, dass er brav ist", so der 27-Jährige. Er schlug das Kind erneut mit dem Besenstiel auf das nackte Gesäß, etwa zehn bis 15 Mal. Dabei seien ihm blaue Flecken am Gesäß des Kindes aufgefallen.

Nach dem Duschen sei Cain beim Bett zusammengebrochen und "hat komisch geatmet". Darauf habe er um 19.20 Uhr die Rettung gerufen. Auf die Frage, warum er bei dem Notruf angab, dass Cain eine Stiege hinuntergestürzt sei, sagte der Angeklagte: "Ich hatte Angst." Das Notarzt-Team fand ein regloses Kind vor, Reanimationsversuche blieben erfolglos. Der tatverdächtige M. war vor dem Eintreffen der Polizei geflüchtet und wurde wenige Tage später in der Schweiz verhaftet.

Drogenkonsum und Kopfverletzung ins Treffen geführt
M. führte sein Verhalten auch auf einen sechsmonatigen erfolglosen Drogenentzug in Serbien zurück - noch am Morgen des 7. und 8. Jänner hatte er jeweils Kokain konsumiert, am Abend des 8. Jänner auch Heroin. Beim Drogenentzug habe es dazugehört, geschlagen zu werden. Alle hätten große Angst gehabt. Er erkenne erst jetzt, wie sehr ihn das beeinflusst habe.

Auch die Krankengeschichte des Angeklagten - bei einem Autounfall in Serbien erlitt er einen Schädelbasisbruch, und er leidet unter einer schweren Muskelkrankheit - kam zur Sprache. Es könne sein, dass er spontan "zusammenklappe" und zwei, drei Stunden nicht mehr aufstehen könne. An "schlechten Tagen" sei das Waschen des Gesichts oder Zähneputzen ein Problem. Wenn er Tischtennis spiele, könne er nicht einschätzen, ob er fest oder leicht zuschlage. Auf die Frage, ob er sich selbst für geisteskrank halte, antwortete M.: "Nein."

Oberschenkel und Gesäß als "einzige Trümmerzone"
Der Gerichtsmediziner Walter Rabl berichtete bei der Verhandlung von den schrecklichen Verletzungen Cains. Der Dreijährige sei letztlich an einer Kombination aus Blutverlust und Fetteinströmung in den Blutkreislauf verstorben. Die tödlichen Verletzungen seien bereits am 7. Jänner entstanden. Der letzte Tag von Cain müsse daher angesichts der Schmerzen "qualvoll" gewesen sein, erklärte Rabl. Beide Gesäßhälften und Oberschenkel des Dreijährigen seien "eine einzige Trümmerzone gewesen", so der Gerichtsmediziner. Der Dreijährige sei auch gegen den Kopf geschlagen worden, mit den Fingerknöcheln oder mit der Faust.

Rabl erklärte, dass die Aussagen des Angeklagten zum Verletzungsschema zwar passten, allerdings nicht die von M. angegebene Anzahl der Schläge. Es sei davon auszugehen, dass "Dutzende Male" mit exzessiver Gewalt zugeschlagen wurde. Danach befragt, ob auch ein Laie das tödliche Ausmaß der Gewalt hätte erkennen müssen, meinte Rabl: "Aus meiner Sicht hätte man mit gravierenden Schäden rechnen müssen und auch mit dem Tod."

Schwere Persönlichkeitsstörung festgestellt
Der Gerichtspsychiater Reinhard Haller bejahte die Zurechnungsfähigkeit des 27-Jährigen zum Tatzeitpunkt. Durch die Medikamente, die der Angeklagte wegen einer schweren Muskelerkrankung einnehmen muss, sei aber eine "Minderung des Steuerungsvermögens" gegeben. Der Psychiater diagnostizierte eine Persönlichkeitsstörung, der Angeklagte sei aber normal intelligent und nicht geisteskrank. Er stellte eine negative Zukunftsprognose - "der Angeklagte hält sich selbst für gefährlich" - und empfahl im Fall eines Schuldspruchs eine Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher. Zudem zeichnete Haller die "klassische Drogenkarriere" des Serben nach. Er hatte auch am Morgen des 7. und 8. Jänner jeweils Kokain konsumiert.

Staatsanwalt: "Nicht geschlagen, sondern erschlagen"
Im seinem Plädoyer erklärte der leitende Staatsanwalt Wilfried Siegele, dass das Kind "nicht geschlagen wurde, es wurde erschlagen". Er forderte eine lebenslange Haftstrafe. Zur Untermauerung seiner Haltung übergab er den Geschworenen Fotos von der Kinderleiche. M. hatte diese in der Verhandlung nicht mehr anschauen wollen.

Pflichtverteidiger Edgar Veith richtete das Augenmerk hingegen auf die Mutter von Cain, die nicht glaubwürdig sei. Er vermutete, dass die Frau deshalb keinen Arzt gerufen habe, weil sie die Kinder selbst geschlagen haben könnte. Der Angeklagte wolle offenkundig jemanden schützen. Die Mutter sei mit ihrer Rolle überfordert gewesen, die Polizei habe zu wenig in diese Richtung ermittelt. Richter Melter wies Veith allerdings mit Nachdruck darauf hin, dass der 27-Jährige die Verantwortung auf sich genommen habe.

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