Wie könnte ich den Menschen in meiner Umgebung das Gefühl der Schwere nehmen, das sich vielerorts breit macht?, dachte sich eine Burgenländerin. Intuitiv griff sie zu Farbkübel und Pinsel und verpasste einer riesigen grauen Wand mitten im Ort einen neuen Anstrich. Das Ergebnis ist verblüffend.
Im burgenländischen Marz haben viele Menschen neuerdings auffallend gute Laune. Sie wirken zufriedener und unbeschwerter und gehen weitaus gelassener ihre Wege als noch vor ein paar Wochen. Aber woher rührt dieses Gefühl der neuen Leichtigkeit, das wie ein sanftes Lüftchen durch die Gemeinde weht?
„Das riesige Bild hier auf der Hauptstraße ist der Grund! Man kann gar nicht anders, als davor stehenzubleiben. In Zeiten wie diesen, in denen eine Krise die nächste jagt und Vieles trist erscheint, wirkt es wie Balsam auf der Seele“, meint eine Pensionistin. Aber auch Jugendliche hält das kunterbunte, zehn Meter lange und drei Meter hohe Wandgemälde gegenüber der örtlichen Bank zum Verweilen ein. Und sogar Autofahrer bremsen sich ein, um im Vorbeifahren einen längeren Blick darauf zu erhaschen.
(Farb)psychologischer Effekt
Gefertigt hat das Kunstwerk die Malerin und Designerin Eva-Maria Biribauer, die in Marz einen Kostümverleih und ein Atelier betreibt. Mit ihrer Komposition ist der 43-jährigen, die in München und Tokio Mode studiert hat, ein echter Geniestreich gelungen, denn ihre Schöpfung hat eine meditative Wirkung auf die Betrachter und schlägt sich offenbar positiv auf ihr Gemüt nieder.
„Dass sich die Stimmung verändert, habe ich schon beim Malen gemerkt. Die Leute haben gestaunt, applaudiert und mich beim Arbeiten fotografiert. Seit es fertig ist, unterhalten sie sich darüber und kommen so auch wieder mehr miteinander ins Gespräch. Das tut jedem Einzelnen gut, aber auch der Dorfgemeinschaft“, sagt Biribauer, die mit ihrem Unternehmen „Inventive Spirits“ Kunst mit Persönlichkeitsentwicklung verbindet und Grenzgänge wie diese liebt.
Weiß steht für Wahrheit und Klarheit. Grün für Neubeginn, Hoffnung, Natur und Leben, Blau für Ruhe, Tiefe und Weite. Gelb wiederum wärmt und regt die Kommunikationsfreude. Das ist allemal gelungen.
Wandkünstlerin Eva-Maria Biribauer
Ausstellung in Budapest
Gemalt hat sie das Bild, das den Titel „Erweiterung des Himmels“ trägt, übrigens binnen sechs Tagen und frei aus dem Bauch heraus. Die Eingebung dafür kam ihr nach einer intensiven Schaffensphase. Von 20. September bis Ende Oktober stellt sie nämlich im Showroom der Budapester Niederlassung des größten deutschen Kostümhauses „Theaterkunst“ eine ganze Reihe ihrer luftig anmutenden Werke aus.
Dorfverschönerung
Für das besagte Gemälde in Marz hat sie wasserlösliche Lackfarben - neben viel Weiß dominieren pastellige Töne - mit eigens kreiertem Malzubehör aufgetragen. So zum Beispiel kamen ausrangierte Besen, alte Schwämme und ein Ast mit Blättern obendrauf zum Einsatz. Ihn hat sie einfach in ein Leintuch gewickelt.
Nachdem Biribauers Kreation in Marz gut ankommt, folgt vielleicht schon bald das nächste großformatige Projekt: „Ich kann mir vorstellen, auch andere interessierte Gemeinden mit meinen Werken zu verschönern.“
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