Der ehemalige Burgschauspieler Florian Teichtmeister ist wegen Besitzes und Herstellung pädosadistischer Inhalte verurteilt worden. Er darf unter strengen Auflagen in Freiheit therapiert werden. Die Reaktionen auf das Urteil fallen unterschiedlich aus - während die FPÖ mit Selbstjustiz-Fantasien kokettiert.
Der Schuldspruch erfolgte nach rund 40-minütiger Beratung des Schöffensenats. Während der Urteilsverkündung blieb es im bis auf den letzten Platz gefüllten Schwurgerichtssaal ruhig, danach setzte im Publikum Murmeln ein: Teichtmeister bleibt unter Auflagen auf freiem Fuß.
Verurteilter mit Urteil zufrieden
Teichtmeister sei „zufrieden“ mit dem Urteil, sagte er in einer ersten Stellungnahme nach dem Prozess. Sein Verteidiger Rudolf Mayer betonte gegenüber Medienvertretern, dass sein Mandant nun einen Weg vor sich habe, der „von Disziplin und harter Arbeit an sich selbst“ geprägt sei. Der Ex-Schauspieler werde weiter alle Auflagen des Gerichts erfüllen und in Therapie gehen. „Damit nichts mehr passiert“, so Mayer.
Wir folgen hier nicht dem Ruf der Straße!
Richter Stefan Apostol
Bild: Martin Jöchl
Richter Stefan Apostol führte mehrere Einflussfaktoren für sein Urteil ins Feld. Als erschwerend sah das Gericht den langen Tatzeitraum und die „Unzahl an Vergehen gleicher Art“ an. Mildernd wirkte die „massive gesellschaftliche Vorverurteilung“ - hier finden Sie alle Faktoren, die sich auf das Urteil ausgewirkt haben.
Vor dem Gerichtsgebäude stellten Demonstranten beispielsweise einen Galgen auf. Teilweise wurde lautstark Lynchjustiz gefordert. Teichtmeisters Verteidiger Mayer betrat unter Personenschutz das Gerichtsgebäude am Wiener Straflandesgericht, weil er sich vor einem Mordanschlag fürchtete, berichteten anwesende Journalisten. Richter Apostol erklärte: „Wir folgen hier nicht dem Ruf der Straße!“ Soll heißen: Die Interpretation der Gesetze obliegt der Justiz und nicht einem wütenden Mob.
FPÖ würde sich über „Selbstjustiz nicht wundern“
Mitglieder der Freiheitlichen Partei interpretierten das Urteil besonders eifrig. FPÖ-Mann Harald Vilimsky twitterte: „Wenn Sie nicht wollen, dass Menschen wie Teichmeister am nächsten Tag als freier Mann am Spielplatz ihrer Kinder sitzen. Wählen Sie die Kuscheljustiz-Parteien ab.“ Der Wiener FP-Chef Dominik Nepp gab sich derweil Gewaltfantasien hin: „Wenn der Rechtsstaat so versagt, braucht man sich in Zukunft über Selbstjustiz nicht wundern.“
FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan forderte in einer Aussendung eine Verschärfung der Gesetze: „Schwere Strafen für die Täter sind ein Signal und eine Botschaft an die Opfer, dass ihre Peiniger die volle Missachtung der Gesellschaft treffen.“ Die Konzepte der Regierung seien für eine „Trendumkehr“ nicht geeignet. Strafmilderung aufgrund von öffentlichen Drohungen scheint Stefan zudem „weit hergeholt“.
Der Ex-Schauspieler darf sich nach dem Urteil jedoch noch nicht als freier Mann fühlen. Per Weisung wurden vom Gericht die Fortsetzung einer Psychotherapie und eine engmaschige fachpsychiatrische Behandlung angeordnet, mit deren Hilfe Teichtmeister seine Pädophilie sowie seine Internet-Nutzung in den Griff bekommen soll. Zudem muss er alle zwei Monate dem Gericht unaufgefordert nachweisen, dass er keinen Alkohol und keine Drogen konsumiert. Weiters wurde Bewährungshilfe angeordnet.
Cannabis-Kontrollen würden wöchentlich, Kokain-Tests dreiwöchentlich stattfinden, präzisierte Teichtmeisters Strafverteidiger, der in der Vergangenheit bereits Josef Fritzl vertreten hat.
Urteil nicht rechtskräftig
Der Ex-Burgschauspieler nahm das Urteil - inklusive aller ihm auferlegten Weisungen - an. Staatsanwältin Julia Kalmar gab demgegenüber keine Erklärung ab, das Urteil ist damit nicht rechtskräftig.
Außerhalb der blauen Blase wird das Urteil ebenfalls kritisch wahrgenommen, aber mitunter gelobt. Der Grundtenor hier: Die Justiz sei den Ratschlägen von Medizinern gefolgt.
Psychiater: Teichtmeister hat „ernsthafte Chance“
Der psychiatrische Sachverständige Peter Hofmann betonte bei der Erörterung seines Gutachtens, Teichtmeister habe sich „eindeutig in Richtung einer schwer wiegenden und nachhaltigen psychischen Störung“ entwickelt und einen „enormen logistischen Aufwand“ betrieben, um das Horten von Missbrauchsdarstellungen von unmündigen Kindern „zu bewerkstelligen“.
Ob Teichtmeister je selbst als Missbrauchstäter in Erscheinung treten wird, sei aber schwer einzuschätzen. Hofmann verwies auf eine Statistik, wonach diese Wahrscheinlichkeit bei Konsumenten von Kindesmissbrauchsdelikten „irgendwo bei vier Prozent“ liege.
Teichtmeister habe aufgrund der bisherigen Entwicklung die „ernsthafte Chance, auf einen vernünftigen, einen anderen Weg zu kommen“, betonte der Sachverständige.
Keine Stellungnahme vom Justizministerium
Die türkis-grüne Bundesregierung hat noch keine Stellungnahme zum Urteil abgegeben. Eine Anfrage von krone.at an Justizministerin Alma Zadic (die Grünen) blieb unbeantwortet. Eine Antwort von Familien- und Jugendministerin Susanne Raab (ÖVP) steht noch aus.
Es bleibt die Frage: Wie hart oder mild ist die Strafe für Teichtmeister? Laut Strafgesetzbuch, Paragraf 207a, hätte der Verurteilte mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren belegt werden können. Teichtmeister ist Ersttäter, geständig und seit zwei Jahren in Therapie.
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