Flugblatt-Affäre

Aiwanger entschuldigt sich, aber gibt Amt nicht ab

Ausland
31.08.2023 18:36

Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger hat sich in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten entschuldigt. Von einem möglichen Rücktritt war in seinem kurzen Statement aber keine Rede. Aiwanger wittert eine Kampagne gegen sich, mit der er „persönlich fertig gemacht“ werden solle.

Er bereue zutiefst, wenn er durch sein Verhalten in Bezug auf das in Rede stehende Pamphlet oder weitere Vorwürfe gegen ihn aus der Jugendzeit Gefühle verletzt habe, erklärte der Parteichef der Freien Wähler am Donnerstag in München.

Holocaust-Verharmlosung als „Jugendsünde“ abgetan
In dem antisemitischen Rundschreiben, das der 51-Jährige als Schüler verteilt haben soll, ist unter anderem von einem „Freiflug durch den Schornstein von Auschwitz“, „kostenlosem Genickschuss“ und einem „lebenslangem Aufenthalt im Massengrab“ die Rede. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe meldete sich zunächst sein Bruder Helmut als Verfasser, dann gab Aiwanger ein fragwürdiges Statement ab, in dem er die Geschichte als „Jugendsünde“ abtat.

Die Affäre bestimmt den Wahlkampf in Bayern. (Bild: AFP/CHRISTOF STACHE)
Die Affäre bestimmt den Wahlkampf in Bayern.

Nun versuchte sich der Politiker in der Opferrolle: Es sei nicht akzeptabel, dass diese Verfehlungen jetzt in einer politischen Kampagne gegen ihn und seine Partei instrumentalisiert würden, führte Aiwanger weiter aus. „Ich habe den Eindruck, ich soll politisch und persönlich fertig gemacht werden.“

„Mein Kampf“ in der Schultasche?
Gegen den Chef der Freien Wähler waren zuletzt weitere Vorwürfe zu seiner Schulzeit laut geworden waren. Auf Aiwangers Twitter-Account wurde am späten Mittwochabend folgende Nachricht veröffentlicht: „Es wird immer absurder. Eine andere Person behauptet, ich hätte Mein Kampf in der Schultasche gehabt. Wer lässt sich solchen Unsinn einfallen!?“ (siehe unten). In aller Regel verfasst der Freie-Wähler-Chef sämtliche Posts selbst. Ob das auch diesmal der Fall war, dafür gab es zunächst keine Bestätigung.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte zuvor eine nicht namentlich genannte frühere Mitschülerin Aiwangers zitiert, dieser habe oft Adolf Hitlers „Mein Kampf“ in der Schultasche mit sich geführt. Sie könne dies bestätigen, weil sie das Buch selbst in der Hand gehalten habe.

Sondersitzung einberufen
Der Druck auf Aiwanger war zuletzt weiter gewachsen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte ebenso weitere Aufklärung gefordert wie CDU-Parteichef Friedrich Merz. Beide bezeichneten die Vorwürfe als „höchst unappetitliche Geschichte“. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte seinem Vize zuvor einen Katalog mit 25 Fragen zum Thema zur schriftlichen Beantwortung vorgelegt.
Auf Antrag von SPD, Grünen und FDP war zudem eine Sondersitzung zu der Flugblatt-Affäre im bayerischen Landtag für 7. September einberufen worden. Dort sollte der sogenannte Zwischenausschuss zum Thema tagen.

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte über das Flugblatt mit antisemitischen Inhalten berichtet. Die Freien Wähler hatten die aktuellen Vorgänge zuletzt als „Schmutzkampagne“ kritisiert. Aiwanger schrieb am Mittwoch auf Twitter: „Schmutzkampagnen gehen am Ende nach hinten los“. Aufklärungsforderungen auch von Kanzler Olaf Scholz werden von den Freien Wählern zurückgewiesen: Der SPD-Politiker wolle sich ja nicht einmal an Dinge erinnern können, die nur wenige Jahre zurückliegen.

In wenigen Wochen wird gewählt
In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Die CSU hatte stets erklärt, die Koalition mit den Freien Wählern nach der Wahl fortsetzen zu wollen. Alle Umfragen hatten bis zuletzt auch fast keinen Zweifel daran gelassen, dass dies auch möglich sein wird. Die CSU regiert im Freistaat seit 2018 zusammen mit den Freien Wählern. Die Folgen der aktuellen Krise waren zunächst vollkommen unabsehbar.

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