Fünf Todesopfer

Blutiger Generalstreik legt Nigeria lahm

Ausland
10.01.2012 17:58
Ein landesweiter Streik in Nigeria gegen die Erhöhung der Benzinpreise hat das westafrikanische Krisenland am Dienstag erneut weitgehend lahmgelegt. Die meisten Geschäfte und Fabriken blieben geschlossen, auch der Luftraum wurde gesperrt. Bei Zusammenstößen zwischen Muslimen und Christen im Süden des Landes wurden fünf Menschen getötet.

In den großen Städten gingen wie bereits am Montag Zehntausende auf die Straße, um gegen die Entscheidung der Regierung zu protestieren, die Subventionen für Benzin zu streichen. Dies hatte Anfang Jänner zu einer Verdoppelung der Treibstoffpreise geführt.

Die Wirtschaft des Landes musste schon am zweiten Tag des Generalstreiks starke Einbußen hinnehmen. Fast alle Banken und Finanzinstitutionen waren geschlossen, an der Börse gab es erste Einbrüche. Die Ölproduktion von zwei Millionen Barrel pro Tag ging zunächst normal weiter, jedoch teilte die "National Petroleum Corporation" mit, dass die Branche einbrechen könnte, falls der Ausstand andauert.

"Wir sprechen von Verlusten in Höhe von Milliarden Naira und Millionen Dollar", sagte der Wirtschaftsexperte Saddiq Abubakar von der Ahmadu Bello Universität in Zaria. "Die Wirtschaftsmetropole Lagos, in der sich die größten Unternehmen und Fabriken befinden, und die das Zentrum der Märkte Westafrikas ist, steht komplett still."

Verhandlungen mit Gewerkschaften erfolglos
Die Regierung hatte die Bevölkerung zuvor vergeblich dazu aufgerufen, die Arbeit wieder aufzunehmen und die Proteste zu beenden. Verhandlungen mit den Gewerkschaften des Landes blieben bisher erfolglos, da Präsident Goodluck Jonathan weiter auf seiner Entscheidung zur Abschaffung der Subventionen beharrt.

Der Präsident des Gewerkschaftsverbandes, Abdulwaheed Omar, bezeichnete den Streik als Erfolg und erklärte, der Ausstand werde am Mittwoch fortgesetzt. "Die Regierung muss ihre Entscheidung umkehren, die Menschen leiden", erklärte er. Gleichzeitig rief er die Demonstranten dazu auf, friedlich zu protestieren. Er verurteilte das harte Eingreifen der Polizei, das am Montag drei Todesopfer und viele Verletzte gefordert hatte. Ein Polizist, der in Lagos einen Demonstranten erschossen hatte, wurde festgenommen. Der nigerianische Ärzteverband teilte mit, er werde sich nicht an dem Streik beteiligen, um die Opfer behandeln zu können.

Im ganzen Land wurden die Sicherheitsvorkehrungen weiter verschärft, allein in der Hauptstadt Abuja waren 15.000 Polizisten im Einsatz. An dem Streik beteiligen sich nicht nur Angestellte der Ölindustrie, sondern auch Mitarbeiter zahlreicher anderer Branchen. Obwohl der Krisenstaat das größte Ölförderland des Kontinents ist, leben 90 Prozent der Bevölkerung von weniger als zwei Dollar (1,60 Euro) am Tag. Die Preiserhöhungen haben viele in noch schlimmeres Elend gestürzt.

Vergeltungsangriffe nach Islamisten-Terror
Zudem leidet der bevölkerungsreichste Staat Afrikas unter der Terrorwelle von Islamisten der Sekte Boko Haram. Bei Anschlägen auf Christen waren am Wochenende erneut Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Am Dienstag kam es offenbar zu Zusammenstößen in der Region Edo, wie das Rote Kreuz berichtete. Dabei sollen fünf Menschen getötet worden sein. Nicht identifizierte Angreifer brannten Teile einer alten Moschee in der Stadt Benin nieder und verwüsteten einen neuen Teil des Gebäudekomplexes. Augenzeugen berichteten, eine angrenzende islamische Schule sei niedergebrannt worden.

Der Norden des westafrikanischen Landes ist mehrheitlich von Muslimen bewohnt, während im ölreichen Süden die Christen in der Mehrheit sind. Aus Angst vor weiteren Vergeltungsangriffen flohen nach Angaben muslimischer Organisationen mittlerweile erste muslimische Bewohner aus dem südlichen Niger-Delta, nachdem die Gewalt mit Beginn des Streiks am Montag eskaliert war.

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