08.08.2023 08:00

U21-Team-Ass Estrada

Von Ljubljana zu Real Madrid? „Träumen darf man!“

Man hat heuer wahrlich mit der Lupe nach österreichischen Fußballern suchen müssen, die in einer von Europas höchsten Ligen Meister geworden sind. Etwa in den Niederlanden oder in Serbien, wo es Gernot Trauner bei Feyenoord und Aleks Dragovic bei Roter Stern Belgrad als Stammspieler zur nationalen Nummer 1 gebracht haben. Oder in Slowenien, wo sich Olimpija Ljubljana heuer zum 7. Mal in der Klubgeschichte zum Meister gekürt hat - und mittendrin, statt nur dabei: der Oberösterreicher Pascal Juan Estrada. Wer dieser junge Mann ist, das hat krone.at im persönlichen Gespräch genauer erkundet! 

krone.at: Gleich vorweg: Wie geht’s Dir, nachdem uns vor Kurzem Dein Blinddarm bei unserem ersten Anlauf zu diesem Gespräch einen Strich durch die Rechnung gemacht hat?
Pascal Estrada: Sehr gut, danke der Nachfrage! Ja, das ist jetzt drei Wochen her, inzwischen befinde ich mich wieder im Aufbautraining. Ich muss am Anfang beim Einsteigen natürlich ein bisschen aufpassen - aber die Intensität wird jeden Tag erhöht und ich fühle mich sehr gut, habe keine Schmerzen …

krone.at: Aber hat es sich dabei schon um eine Operation gehandelt?
Estrada: Genau, genau! Eine Operation, der Blinddarm war entzündet. Gott sei Dank ist das schnell erkannt und noch am selben Tag behandelt worden.

krone.at: Der eine oder andere unserer Zuschauer wird sich bei Deinem Namen womöglich denken, dass sich „Pascal Juan Estrada“ nicht unbedingt alteingesessen österreichisch anhört. Wie kommt‘s zu diesem Hauch von Spanien in Oberösterreich?
Estrada: (lacht) Mein Ur-Ur-Großvater war aus Madrid, von daher kommt der Name, der Nachname meiner Mama. Leider gibt’s sonst nur wenig Verbindung zu Spanien, die Mama kann ein bisschen Spanisch, ich leider nicht ...

krone.at: Dein Papa Mario Mühlbauer ist anders als Du u.a. bei Pasching und bei Wacker Tirol ein Flügelspieler gewesen, mit seinen 1,72 Meter kein direktes „Role-Model“ für Dich 1,87-Meter-Riesen ...
Estrada: Ich würde schon sagen, dass er ein bisschen ein „Role-Model“ für mich ist. Auch wenn sein Spielstil ein ganz anderer, er von der Position her ein ganz, ganz anderer Spielertyp war, von der Größe her, von den Stärken her. Dennoch: Was alles andere rund um den Fußball anbelangt, da gibt es sehr viele Themen, wo er für mich ein großes Vorbild ist, wo er mir sehr, sehr hilft. Er ist sehr Fußball-begeistert, kennt sich super aus, weil er selber viel miterlebt hat, und technik-taktisch hat er noch einmal ein anderes Auge dafür, was auf dem Platz passiert. Jetzt hatte ich mein erstes Jahr im Erwachsenen-Fußball, in dem viele neue Dinge auf mich hereingeprasselt sind, sei es der Stress im Zusammenhang mit Fans, der Umgang mit Funktionären oder vertragliche Geschichten, wo er mit seinem Know-how von früher extrem hilft. Darauf komme ich immer sehr gerne zurück, dafür bin ich ihm auch sehr, sehr dankbar!

krone.at: Was Deinem Vater in seiner Karriere nie gelungen ist, das hast Du in Deinem ersten Jahr im Erwachsenen-Fußball geschafft: Meister und Cup-Sieger zu werden. Wie zufrieden bist Du mit der vergangenen Saison von Olimpija Ljubljana?
Estrada: Natürlich sehr zufrieden! Ich glaube, besser geht’s nicht. Wir haben uns das auch echt verdient, haben einen Super-Start gehabt, die Fehler der anderen Teams ausgenützt und die direkten Duelle gewonnen - so wird man am Ende verdient Meister und Cup-Sieger.

krone.at: „Who the Hell is Edgar?“ hat heuer Österreichs Beitrag beim Songcontest geheißen und „Who the Hell is Pascal Estrada?“ dürften sich noch immer viele in Österreich fragen, wenn Sie von Dir hören. Was für ein Fußballer versteckt sich hinter Deinem Namen?
Estrada: Als Fußballer zuerst einmal ein Innenverteidiger oder zentraler Mittelfeldspieler, der Fußball spielen möchte, der ein „Kicker“ ist, wie man in Linz sagt, der den Ball haben will, der gut herausspielen kann, der gute Pass-Qualität hat. Aber auch einer, der in England das Zweikampf-Verhalten gelernt hat, die Zweikämpfe annimmt, sehr solide ist und auch sehr, sehr gut defensiv handelt. Als Typ abseits des Fußballs bin ich eher ruhiger, würde ich sagen, was sich allerdings am Platz ganz schnell ändern kann ...

(Bild: Hannes Maierhofer)

krone.at: Bist du emotional am Platz?
Estrada: Würde ich schon so sagen, ja!

krone.at: Geht das dann schon in Richtung Didi Kühbauer?
Estrada: So vielleicht nicht … (lacht) … Wobei es natürlich Situationen geben kann, in denen es zu viel wird. Es ist aber keine negative Sache, emotional zu sein, das gehört im Fußball auch dazu. Deshalb lieben wir den Sport.

krone.at: Olimpija Ljubljana verfügt über das höchste Budget in der Liga, ist im größten Stadion Sloweniens daheim - und hatte doch seit 2018 keinen Meistertitel mehr gewonnen. Wie groß hat von da her der Druck auf euch gelastet, wieder einmal Platz 1 zu holen?
Estrada: Als ich im vorigen Sommer gekommen bin, ist von Anfang an klar kommuniziert worden, dass der Meistertitel das große Ziel ist. Darauf hat man alles ausgerichtet - der ganze Klub hat dieses Ziel verfolgt, der Trainerstab und natürlich auch wir Spieler haben dieses Ziel gehabt und der Druck war natürlich dabei. Das ist aber normal und hat uns vielleicht auch den nötigen Biss mitgegeben, dass es dann so geklappt hat.

krone.at: Und wie würdest Du - ganz persönlich - Deinen Einstieg in den Erwachsenen-Fußball bewerten?
Estrada: Sehr gut, ich bin sehr zufrieden! Erst mal war es eine Wunschvorstellung, dass ich die erste Saison mit zwei Titeln absolvieren konnte. Aber auch vom Spielerischen her war’s positiv, ich habe sehr viele Spielminuten sammeln dürfen, mich sehr weiterentwickelt.

krone.at: Ist es für Dich wirklich absehbar gewesen, dass Du hier relativ schnell zum Stammspieler werden würdest?
Estrada: Naja, „absehbar“ … Das ist immer schwer zu sagen im Fußball, denn man muss sich alles erarbeiten. Es hat am Anfang Spiele gegeben, wo ich von der Bank gekommen bin. Man muss dann also schon im Training und in den Partien die Chancen auch nutzen. Ich glaube, das habe ich geschafft - und da bin ich auch sehr, sehr froh darüber.

krone.at: Ausgehend von einigen auf Facebook geposteten Fotos darf ich wohl annehmen, dass Dir und generell der Familie Estrada/Mühlbauer Real Madrid nicht unbedingt völlig „wurscht“ ist, oder?
Estrada: Nein, da täuschst Du dich nicht! (grinst) Schon von ganz jung auf begleitet mich Real Madrid, das ist meine Lieblingsmannschaft seit ich denken kann. Da ist wahrscheinlich der Papa ein bisschen schuld, der auch Fan von Real ist, natürlich schon vor mir war ...

krone.at: Ich glaube, es gibt schlimmere Sachen, die einem ein Papa antun kann …
Estrada: Genau … (lacht) Ich bin sehr zufrieden mit der Wahl … (lacht) Er hat mit seiner Begeisterung für Real die ganze Familie „mitgenommen“, mich, meinen Bruder und auch die Mama. Luis Figo war damals ein großes Vorbild von ihm, sein Lieblingsspieler.

krone.at: Gibt es auch den einen oder anderen Spieler, den der kleine Pascal von einst bzw. der junge Herr Estrada von jetzt anhimmelt bzw. angehimmelt hat?
Estrada: Schwierig ... (überlegt) Früher ist Toni Kroos so ein Spieler gewesen. Ich habe sehr den Spielstil von ihm verfolgt, habe mich als ähnlichen Spielertypen gesehen. Inzwischen hat sich das ein bisschen verändert durch meine neue Position als Innenverteidiger, von daher sehe ich etwa Sergio Ramos als großes Vorbild, vor allem von seiner Mentalität her …

Sergio Ramos (Bild: APA/AFP/GABRIEL BOUYS)
Sergio Ramos
Toni Kroos (Bild: SID, Real Madrid)
Toni Kroos

krone.at: Gibt es vielleicht irgendwo das Fernziel, es einmal zu Real Madrid zu schaffen? Kann man sich so ein Ziel überhaupt setzten?
Estrada: Klar kann man sich so ein Ziel setzen! Ich denke auch, dass man groß träumen darf. Aber natürlich liegt da noch ganz viel Arbeit vor mir, um das zu erreichen … (lacht) Aber träumen darf man ...

krone.at: Kleiner Themensprung: Du hast 2018 den Sprung aus der LASK-Akademie nach England zu den Wolverhampton Wanderers gewagt. Wie ist das genauer abgelaufen?
Estrada: Natürlich waren die ersten paar Wochen nicht leicht, was, glaube ich, verständlich ist, wenn man mit 16 von zu Hause weg geht. Aber ich habe das große Glück gehabt, in einer Gastfamilie gewesen zu sein, in der ich mich sehr schnell eingelebt und sehr wohlgefühlt habe. Wir waren zwei, drei Spieler, die in einem Haus mit den Gasteltern nicht weit vom Trainingsgelände gelebt haben. Da hat man einfach ein normales Familienleben weitergeführt - das hat sehr geholfen, sich zu akklimatisieren.

krone.at: Wie hat das überhaupt funktioniert mit dem Sprung nach England? Wie hat man Dich entdeckt?
Estrada: Wir haben damals mit der Akademie-Mannschaft in Wien gegen Rapid gespielt, wo ein Scout zugeschaut hat, der in engem Kontakt mit den „Wolves“ stand. Der hat diesen Kontakt hergestellt und mir eine Woche Probetraining ermöglicht. Es ist dann damals sehr, sehr schnell klar geworden, dass das beide Seiten machen wollten.

krone.at: Du hast letztlich vier Jahre lang im Wolverhampton-Nachwuchs gespielt, bist noch 2021/22 in der Premier League 2 ein Dauerläufer gewesen und hast auch mit den Profis mittrainiert. Wieso hat es nicht geklappt mit der Beförderung ins Premier-League-Team?
Estrada: Wie gesagt habe ich ganz oft „oben“ mittrainieren dürfen, was natürlich eine unglaubliche Erfahrung für mich gewesen ist. Im Endeffekt war es dann aber so, dass man das mit den Spielminuten realistisch einschätzen muss, dort natürlich ein ganz anderes Niveau herrscht und rund 40 Pflichtspiel-Einsätze, wie ich sie inzwischen in Ljubljana absolviert habe, in Wolverhampton nicht realistisch gewesen wären. Und es war eben mein großes Ziel, im Erwachsenen-Fußball Fuß zu fassen und viele Spiele zu machen - und das wäre mir in Wolverhampton nicht möglich erschienen.

krone.at: Was hat für Dich den Ausschlag gegeben, nach dem großen Sprung von Österreich nach England als 16-Jähriger vier Jahre später mit 20 wieder einen weiten Sprung zu machen, diesmal von England nach Slowenien?
Estrada: Dieses Projekt hat einen großen Reiz auf mich ausgeübt ab dem Zeitpunkt, als der erste Kontakt geknüpft worden ist. Hier geht es darum, Titel zu gewinnen - und ich glaube, das steht auch ein bisschen für meine Person. Ich habe auch sehr gute Gespräche mit dem Trainer, dem ganzen Staff und mit der Klubführung gehabt - und mich schnell wohlgefühlt.

krone.at: Apropos „Sprung“: Den Sprung ins U21-Nationalteam von Werner Gregoritsch, hast Du im vergangenen Jahr ebenfalls geschafft. Was bedeutet es Dir, die Farben von Rot-Weiß-Rot tragen, auf dem Grünen Rasen vertreten zu dürfen?
Estrada: Wahnsinn … (lacht) Ich kann gar nicht mit Worten ausdrücken, mit wie viel Stolz mich das erfüllt. Natürlich ist das ein großer Traum von jedem, für Österreich zu spielen, sein Heimatland vertreten zu dürfen. Dass ich das jetzt machen darf, ist jedes Mal wieder etwas Besonderes!

krone.at: Im vergangenen März sind Dir beim 4:0-Auswärtssieg des U21-Teams gegen Moldawien zwei Tore gelungen - schlummert da gar ein Goalgetter im sonst als Defensiv-Spezialist auftretenden Pascal Juan Estrada?
Estrada: Naja, „Goalgetter“ … (lacht) Natürlich versuche ich mich speziell bei offensiven Standardsituationen weiterzuentwickeln, gefährlich zu sein. Gegen Moldawien ist mir das auch zwei Mal sehr gut gelungen. Natürlich hilft es, wenn die Ecken genau passen - wir haben in der Hinsicht Qualität genug, dass die Eckbälle so hereinkommen, damit es gefährlich werden kann. Dass diese Gefährlichkeit bei Standards in mir schlummert, denke ich schon - dass es aber auch noch Potential nach oben gibt, ist auch logisch. Aber ich denke, ich bin auf einem guten Weg.

krone.at: Hat da in Sachen Kopfball-Expertise auch die Zeit in England mitgeholfen?
Estrada: Natürlich! Vor allem die Zweikampf-Stärke und das physische Kopfball-Spiel werden in England natürlich sehr forciert, bei einem Innenverteidiger umso mehr. Ja, da habe ich ganz, ganz viel mitnehmen dürfen.

krone.at: Wie siehst Du generell das Potenzial des aktuellen U21-Teams? Ist die Qualifikation für die U21-EM-Endrunde im Jahr 2025 in der Slowakei realistisch?
Estrada: Natürlich ist die Qualifikation realistisch - und sie ist auch das große Ziel. Das darf man ruhig so sagen. Der Kader ist sehr gut, hat viel Qualität und in den Vorbereitungsspielen sind wir ungeschlagen geblieben - das spricht für sich. Generell auch die Art und Weise, wie wir spielen, Ich glaube, dass wir gute Chancen haben, auch wenn die Gruppe mit Frankreich, Bosnien, Slowenien und Zypern natürlich keine leichte ist …

krone.at: Einmal Team-Dress, immer Team-Dress? Darf ich annehmen, dass eine Berufung ins A-Nationalteam Österreichs für Dich durchaus auch ein größeres Karriereziel sein wird?
Estrada: Natürlich! Ich glaube, das ist ganz logisch, dass man irgendwann einmal auch fürs A-Team auflaufen möchte.

krone.at: An einen WM-Titel glaubst Du aber nicht, habe ich einmal so durchklingen hören bei einem früheren Interview von Dir …
Estrada: Das bleibt irgendwie überall hängen … (lacht) Ich glaube, das ist schon ganz lange her, drei, vier Jahre mindestens, dass ich das mal so dahingesagt habe ...

krone.at: Der Sager ist während Deiner Wolverhampton-Zeit gefallen …
Estrada: Genau! Naja, ich würde einmal sagen, es ist ganz, ganz schwer, mit Österreich einen WM-Titel zu erlangen - aber nicht unmöglich. Das Realistischste ist es jetzt freilich nicht, das darf man so sagen … (lacht)

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