Trauriges Schicksal

Weiße Schönbrunn-Tiger sind nun Mumien in Libyen

Österreich
27.12.2011 09:53
"Barney" und "Fredd" - was wurde aus den weißen Tigern von "Austro-Gadafi" Saif al-Islam? Das Geheimnis um die ehemaligen Publikumslieblinge des Wiener Tierparks Schönbrunn ist gelüftet - und es ist ein trauriges Schicksal, das den beiden Raubkatzen des sich in Haft befindenden Diktatorensohns widerfahren ist. Nach der Rückkehr aus Österreich und ihrem qualvollen Tod ließ Saif sie ausstopfen und in seinem Palast ausstellen. Jetzt sind die Präparate Trophäen in den Händen der Rebellen.

Es ist ungewöhnlich kalt im Zoo von Tripolis. Zumindest für libysche Verhältnisse Ende Dezember. 16 Grad, der Himmel ist bewölkt. Tiergarten-Direktor Abdulfatah Husni trägt unter seinem Sakko einen dicken Pulli. "Ich will mich ja nicht verkühlen", erklärt der Chef von rund 800 Tieren und macht bei seiner Führung vor dem Raubkatzen-Gehege halt.

Hier haben seine ehemaligen Publikumslieblinge gelebt, die Massen angelockt. Hunderte Besucher kamen jeden Tag - Kinder, Väter, Großmütter. Manchmal verirrten sich sogar ein paar der wenigen Touristen, die ins Land gelassen wurden, in die Menagerie. Sie alle wollten nur zwei Tiere sehen: "Barney" und "Fredd", die weißen Tiger von Saif al-Islam.

Doch das war vor der Revolution und bevor Granaten auf den Zoo niedergeprasselt sind - im alten Libyen des Muammar al-Gadafi, als Saif noch der gefürchtete Lieblingssohn eines allmächtigen Diktators in Fantasie-Uniformen war - und nicht ein auf den Galgen wartender Gefangener.

"Saif liebte die beiden Raubtiere über alles"
"Saif hat die Tiere über alles geliebt", weiß "Vier Pfoten"-Experte Amir Khalil (viertes Bild). Unmittelbar nach Ausbruch der Revolution ist der Veterinär mit einem Team der internationalen Tierschutzorganisation aus Österreich in die Krisenregion gereist, um vom Hungertod bedrohte Exoten mit Futter und Medikamenten aus Spendengeldern zu versorgen.

Trotz Heckenschützen und Bombardements konnten sie fast alle gerettet werden. Sämtliche interne Dokumente hat der engagierte Familienvater dabei studiert - und so ganz nebenbei auch noch ein lange gehütetes Geheimnis aufgeklärt: das Schicksal der berühmten Albino-Samtpfoten.

Tiger mussten nach Wien nachreisen
Die nun geöffneten Akten belegen: Die 1996 in Italien geborenen Brüder wurden mit acht Monaten an Saif verkauft und lebten danach im Tiergarten der libyschen Metropole. Als der gelernte Architekt nach Wien übersiedelte, um dort einen Uni-Lehrgang zu belegen, mussten die Tiger ihrem exzentrischen Besitzer kurzerhand nachreisen.

Dort war der millionenschwere Student zunächst etwas verwundert, dass ihm die Behörden keine Genehmigung ausstellen wollten, die 300-Kilo-Bengalen im Wohnzimmer seiner Villa in Döbling halten zu dürfen. Schließlich fand das Paar Unterschlupf in Schönbrunn. "Bis 1999 waren sie bei uns", bestätigt Zoo-Sprecherin Johanna Bukovsky.

Albino-Paar hatte arge Hüftprobleme
Nach der Rückkehr des designierten Thronfolgers in seine Heimat wurden die Geschwister ebenfalls nach Tripolis überstellt. Die Reisen dürften ihnen aber zugesetzt haben. "Sie laborierten dann lange an Hüftproblemen", so der Leiter der internationalen "Vier Pfoten"-Missionen. 2007 starb Barney an einer Verstopfung, zwei Jahre danach sein Bruder.

Saif, das "Schwert des Islam", wollte sich mit dem Tod seiner vierbeinigen Freunde nicht abfinden - und ließ die Tiger sogleich von Präparatoren konservieren und in seinem Palast ausstellen. Mit dem Ergebnis von Barneys "Mumie" (erstes Bild) dürfte er aber nicht ganz zufrieden gewesen sein. "Beim Ausstopfen von Fredd ließ er nämlich nicht mehr ägyptische Experten, sondern mehrere Italiener einfliegen", so ein Pfleger.

Rebellen erbeuteten ausgestopfte Tiger
Doch es half alles nichts, schlussendlich erlitten seine Lieblinge dasselbe Schicksal wie Saif selbst. Sie sind, wie er, in den Händen der Freiheitskämpfer. Als Rebellen nach dem Sturm von Tripolis in seinen Palast einbrachen, erbeuteten sie auch die teuren Präparate. Jetzt werden sie wohl irgendwo als Trophäen präsentiert. Ganz ähnlich wie ihr ehemals so stolzes Herrchen...

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