Eva King:

„Wir werden den Menschen Gehör verschaffen“

Vorarlberg
09.07.2023 08:54

Frischer Wind weht in der Chefetage der Arbeiterkammer Vorarlberg. Viele würden eher von einem „Sturm“ sprechen, denn Eva King hat als neue Direktorin das Ruder übernommen. Von einem darf bereits jetzt ausgegangen werden: Sie wird Probleme offen und direkt ansprechen.

Wenn sie den Raum betritt, füllen sich die vier Wände mit Energie. Entschlossen kommt sie mit ausgestreckter Hand ihrem Gesprächspartner entgegnen und drückt ordentlich zu. Ohne Zeit für ein Augenzwinkern ist man sofort im Gespräch. Früher hätte man noch von „Powerfrau“ gesprochen - ein Begriff, der heute in der Mottenkiste bestens aufgehoben ist. Denn lohnarbeitende Frauen brauchen diesen Zusatz nicht. Ähnlich verhält es sich mit der häufig gestellten Frage, wie Eva King (46) als vierfache Mutter Karriere und Familie unter einen Hut bekommt. Etwas genervt, aber bestimmt antwortet sie: „Ich bin mir sicher, einem Mann würde man diese Frage nicht stellen. Aber es stimmt, dass so etwas ohne Kinderbetreuung nicht möglich wäre. In dem Punkt besteht in Vorarlberg aber noch massiver Handlungsbedarf. Da werde ich allein schon aufgrund meiner persönlichen Erfahrung massiv Druck machen.“ Und damit ist der Gong für die erste Runde eröffnet. Eva King macht keinen Hehl daraus, dass sie der heimischen Politik ordentlich auf die Füße steigen will, wenn etwas falsch läuft. „Ich bin überzeugt, Probleme gehören angesprochen und es ist die Aufgabe der Verantwortlichen, die Probleme zu lösen.“

Eva King sucht gerne den persönlichen Kontakt. (Bild: JUERGEN GORBACH / AK Vorarlberg)
Eva King sucht gerne den persönlichen Kontakt.

Eva King hat einen für eine Arbeitnehmer-Vertreterin sehr ungewöhnlichen Lebenslauf. Sie war nämlich davor sehr erfolgreich in der Privatwirtschaft und als selbstständige Unternehmerin tätig. Vor sechs Jahren entschied sie sich bewusst für eine Zäsur und ist seitdem für die AK Vorarlberg in leitenden Funktionen aktiv. „Egal ob Inflation, Wohnungsnot, Arbeitskräftemangel, soziale Schere oder Populismus: Die Gesellschaft ist gerade vielen Krisen und Angriffen ausgesetzt. Mich macht das betroffen und ich kann und will da nicht nur zuschauen. Ich denke, dass mein Wissen hier dringender gebraucht wird als in der Privatwirtschaft.“

Jüngsten Umfragen zufolge fühlen sich 58 Prozent der Menschen in Österreich von der heimischen Politik nicht berücksichtigt. „Wir werden den Interessen der arbeitenden Menschen in Vorarlberg Gehör verschaffen.“ Und es gibt so Einiges, was King laut ansprechen will. Neben der Bildung und dem Klimawandel sieht sie nicht zuletzt den Pflegebereich als große „Baustelle“. „Und aktuell gilt es natürlich, die Inflation zu bekämpfen. Die Politik muss endlich handeln. Der Bevölkerung ist es nicht mehr zu vermitteln, warum das gleiche Produkt in Vorarlberg ein, zwei Euro mehr kostet als nur ein paar Kilometer weiter in Deutschland. Zudem haben unsere Nachbarländer generell die Inflation weitaus besser bekämpft und in den Griff bekommen.“ Der Bundesregierung wirft sie vor allem zweierlei vor: Zum einen sei zwar einiges an Unterstützungsleistungen ausgeschüttet worden, allerdings habe man komplett auf die soziale Treffsicherheit vergessen. Und zum anderen habe man sich das Geld für die „Segnungen“ nicht von den Wohlhabenden geholt, sondern von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. „Stabile Preise haben wir davon jedenfalls nicht bekommen. Da muss man sich fragen: Wohin ging das ganze Geld?“

Es fehlt im Ländle an leistbarem Wohnraum
Speziell die auch im internationalen Vergleich immens hohen Kosten fürs Wohnen sind für etliche Vorarlberger Haushalte zu einem echten Problem geworden. „Für viele ist das Dach überm Kopf ein kaum noch leistbares Grundbedürfnis.“ King verweist in diesem Zusammenhang auf die jüngste AK-Studie, wonach sich das Wohneigentum in Vorarlberg auf wenige Vermögende konzentriert, während etwa der gemeinnützige Wohnbau völlig unterrepräsentiert ist. „Die Landesregierung hätte durchaus Mittel, der Spekulation einen Riegel vorzuschieben und für mehr leistbaren Wohnraum zu sorgen. Sie tut es bisher nur nicht. Und Einzelne profitieren davon. Andere Bundesländer haben leistbares Wohnen längst als Ziel in ihren Raumplanungsgesetzen formuliert, nur in Vorarlberg geht der Ausverkauf des Landes weiter“, spricht King Klartext.

Erholung findet Eva King in der Natur - und davon gibt es ihrem Wohnort Fontanella genug. (Bild: Franz Lutz)
Erholung findet Eva King in der Natur - und davon gibt es ihrem Wohnort Fontanella genug.

Entlastet werden könnten die Menschen auch durch gute Lohn- und Gehaltsabschlüsse. Den „Warnungen“ etwa von Finanzminister Magnus Brunner, dass hohe Abschlüsse die Inflation weiter befeuern würden, hält sie entgegen: „Ein ganz einfaches Gleichnis: Wäre Brunner ein Unternehmer und würde so handeln, dann wäre er ziemlich erfolglos - denn seine Mitarbeiter würden ihm reihenweise davonlaufen. Wer nicht gut zahlt, verliert seine Angestellten.“ King spricht sich auch für höhere Vermögenssteuern aus, um etwa mehr Geld in Sozialstaat, Bildungs- und Gesundheitswesen investieren zu können. „Ein Ingenieur zahlt auf ein Jahresgehalt von 59.000 Euro einen Steuersatz von 42 Prozent. Ein Privatier, der sein Kapital für sich arbeiten lässt, zahlt nur 27,5 Prozent - egal wie viele Aktien ihm gehören und wie hoch seine Gewinne ausfallen. Diese Ungleichheit ist enorm. Wenn wir hier nicht rasch eingreifen und uns für eine gerechtere Lastenverteilung zwischen Arbeit und Kapital einsetzen, dann wird sich diese enorme Vermögenskonzentration weiter zuspitzen und eine Gefahr für die Gesellschaft, Demokratie und letztlich auch für unsere Wirtschaft darstellen.“

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