Todgeweiht

“Contagion”: Killervirus rottet die Menschheit aus

Kino
19.10.2011 12:49
Nach diesem Film wird man dreimal überlegen, wem man in nächster Zeit unbedingt die Hand schütteln muss. Und ob man wirklich schon wieder das eigene Gesicht berühren muss - schließlich geschieht das durchschnittlich drei- bis fünfmal in der Minute. "Contagion" (Kinostart: 21. Oktober), der neue Film von Steven Soderbergh, entwickelt anhand eines tödlichen Virus ein realistisches und höchst ansteckendes Angstszenario, dem man sich nur schwer entziehen kann.

Soderbergh setzt nicht nur auf einen umfassenden Star-Cast (u.a. Gwyneth Paltrow, Jude Law, Matt Damon und Marion Cotillard), sondern vor allem auf Authentizität und einen dokumentarischen Stil, um die weltweite Seuche nicht nur als einen weiteren Katastrophenthriller in die Hollywood-Annalen eingehen zu lassen. Stattdessen wird hier Action durch Spannung ersetzt, wird die unsichtbare Gefahr fast im Kinosaal greifbar. Jede Berührung, jede Umarmung, jedes Husten erzeugt plötzlich ein kleines Frösteln.

Es ist ein Frösteln, das selbst die medial teils hysterische Berichterstattung über Krankheitserreger wie H1N1, BSE oder SARS kaum auszulösen vermochte und das Soderbergh mit seinem imaginären Virus MEV-1 und vergleichsweise simplen Mitteln auf den Punkt bringt. Auf der einen Seite folgt die Handkamera, vom Regisseur unter dem bekannten Pseudonym Peter Andrews selbst geführt, den Protagonisten und ihren Kontakten und berührten Gegenständen hautnah, fast übergangslos von Hongkong nach San Francisco, von Chicago nach London und Tokio. Auf der anderen Seite wird der Instanzenweg und die Berichterstattung so exakt wie möglich nachgezeichnet.

Skript von "Bourne"-Autor
Die einzelnen Stars kommen dabei selten miteinander in Berührung und verschwinden teilweise auch überraschend schnell wieder von der Bildfläche. Soderbergh hat die gesamte Inszenierung dem präzisen Skript von Scott Z. Burns ("The Bourne Ultimatum") untergeordnet, nimmt keine Rücksicht auf etwaige Eitelkeiten, erzeugt mit nüchternen Zahlen und Fakten Gänsehaut und zeigt in teils drastischen Szenen auch die unter Krämpfen und Zuckungen zugrunde gehenden Infektionsopfer mit dem professionellen, aber hilflosen Blick der Ärzte.

Die einzelnen Tage vergehen, während fieberhaft nach einem Vakzin und nach der Herkunft des Erregers gesucht wird. Die Opfer gehen bald in die Millionen, das Gerangel um Lebensmittel wird brutaler, die Quarantäne-Vorschriften rigider und die Flughäfen und öffentlichen Plätze sind bald wie in postapokalyptischen Filmen völlig verwaist. Soderberghs Film ist beklemmend, weil er so real wirkt, das Szenario ist nicht nur intelligent und massentauglich aufbereitet, sondern auch sehr wahrscheinlich.

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