Wer meint, Tattoos sind eine Modeerscheinung und nur was für hartgesottene Menschen, vor denen man sich fürchten soll, der täuscht: Am Samstag (15.4.) werden Gläubige bei den Österreichischen Ordensgemeinschaften im Wiener „Quo Vadis?“ tätowiert. Der deutsche Star-Artist Silas Becks sticht dabei kostenlos.
Beim „Free-Tattoo-Walk-In“ in der Begegnungsstätte der heimischen Orden können sich Interessierte aus einem kleinen Repertoire christlicher Motive eines aussuchen und von Silas Becks stechen lassen - entweder ein filigraner Schriftzug oder eines von Becks selbstentworfenen Symbolen.
Der Künstler aus Stuttgart ist selbst überzeugter Katholik, der bereits seit mehreren Jahren solche „christlichen Tattoo-Aktionen“ durchführt: „Viele Gläubige tragen eine Kette mit einem Kreuz oder einen Rosenkranz, Symbole, die sie wieder abnehmen können“, sagt Becks zum „Sonntag“. „Und manche Menschen möchten ihr Glaubensbekenntnis immer bei sich tragen.“
Becks ist selbst tätowiert, auch mit einigen christlichen Zeichen: eine kleine Bibel, ein Kreuz, den Satz „In God we trust“ (Wir vertrauen auf Gott) im Nacken und den Schriftzug „Lord, abide with me“ (Herr, bleib bei mir) auf dem Arm. Letzteres bedeutet dem Künstler „unglaublich viel. Egal wo ich mich hinbewege, Gott ist bei mir. Er führt mich und das ist das Wichtigste.“
Wirbel schon vor der Aktion
Die Zeit für die „Peckerl“ am Samstag ist knapp, die Plätze dafür sind aber heiß begehrt - wirklich nur noch vereinzelt sind welche zu ergattern - und der Wirbel war bereits vorab groß und grenzenlos: Die unübliche Aktion ist - wie sollte es auch anders sein - umstritten, teils wird man dafür angefeindet und sogar bedroht.
Dabei sind Tätowierungen an sich seit Jahrhunderten in der christlichen Tradition verankert. Sie spielen in vielen Teilen des Christentums eine Rolle, z.B. bei den Kopten in Ägypten oder den eritreischen Christen. In Ägypten und dem Heiligen Land kann man die ersten belegten christlichen Tätowierungen bis ins sechste bzw. siebente Jahrhundert zurückverfolgen.
Von dort breiteten sie sich dann unter den Ostchristen aus, wie etwa den Äthiopischen, Armenischen, Assyrischen, Maronitischen Kirchen. Unabhängig davon entstanden später weitere Traditionen christlicher Tätowierungen. Und noch heute lassen sich z.B. Pilger am Ende ihrer Reise tätowieren, etwa in Jerusalem, Loretto oder Santiago de Compostela.
„Glaube in allen Dingen“
Und warum nun überhaupt eine solche Aktion in Wien? „Es geht darum, die Zeichen ernst zu nehmen, die Menschen sich selbst geben“, sagt „Quo Vadis“-Leiter Christopher Paul Campbell. „Die Geschichten hinter den Tätowierungen wahrzunehmen, den Glauben in allen Dingen zu finden.“
Und in puncto Tätowierungen eine katholische Perspektive mitzugestalten, „die nicht auf Verbot und Ablehnung, sondern auf Freundlichkeit und Augenhöhe basiert“, erklärt Campbell: „Wir sehen die Tätowierung im Zusammenhang mit der tiefen Spiritualität der christlichen Religion.“ Die Aktion werfe auch die Frage auf: „Wie sieht ein Christ, eine Christin aus?“, so der „Quo Vadis?“-Leiter, „gibt es nur eine blasse Variante oder ist die Christenheit vielfältig?“
„Bunte“ Messe
Vor dem Tätowier-Aktionstag am Samstag wird zuvor am Freitag (14.4.) um 18.00 Uhr in die Wiener Ruprechtskirche (Ruprechtsplatz 1, 1010 Wien) zur „Heiligen Messe für bunte Menschen“ geladen. Der Gottesdienst wird ganz besonders gestaltet, etwa mit Licht- und Musikelementen.
Man hofft dabei natürlich auf zahlreiches Erscheinen von tätowierten Menschen bzw. Tattoo-Freunden. Im Anschluss findet ein Gespräch über die kontroverse Stellung der Tätowierung im Christentum statt. Alle Infos gibt es hier.
Nun, ob gläubig und/oder tätowiert oder nur eines bzw. keines von beiden: Ein Hingucker und Aufreger ist der Aktionstag alle mal. Und was halten Sie davon? Posten Sie uns Ihre Meinung gern in den Kommentaren!
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