Kolumne

Denk dir eine Geschichte aus!

Vorarlberg
19.03.2023 09:25

„Krone“-Kolumnist Robert Schneider hat sich bei der Oscar-Verleihung fast zu Tode gelangweilt. Sein Befund über die Filmbranche fällt nicht sonderlich freundlich aus...

Die Oscar-Verleihung ist längst vorbei. Fand sie überhaupt statt? Wer hat gewonnen? Ich erinnere mich. Ein Remake von „Im Westen nichts Neues“. Das dritte schon. Antikriegsfilm. Deutsche Produktion. Ach so.

Der Abend im Dolby-Theatre war wirksamer als Valium und Rohypnol zusammen. Bloß niemandem auf die Füße treten, immer brav gendern und natürlich um jeden Preis allfällige Ohrfeigen vermeiden. Die Witze von Jimmy Kimmel waren so glatt und nichtssagend, so ohne Biss und Verve wie die ganze Branche überhaupt. Vor lauter Political Correctness hatte Kimmel gar keine Zähne mehr.

„Wir brauchen ein neues Narrativ zum Film“, meint nun der Filmexperte Matthew Belloni in seinem Podcast. Beim Wort „Narrativ“ gehe ich entweder die Wände hoch oder klicke sofort weg. „Es muss eine Geschichte zum Film geben“, führt er weiter aus. Damit sagt er doch nur, dass Stars nicht mehr ziehen und der Filmplot ohnehin keine Sau interessiert. Tatsächlich stricken die großen Studios an Geschichtchen rund um den Film. In „Philomena“ wurde ein Treffen der Schauspielerin Judi Dench mit dem Papst vermittelt. Hat den Streifen nicht erfolgreicher gemacht. Anlässlich der Premiere von „Silver Linings“ hat das Studio ein Event zu mentaler Gesundheit im Weißen Haus organisiert...

Amerika macht es vor, was sogar meinen Verleger auf die Idee brachte, um mein letztes Buch eine Geschichte stricken zu wollen. „Da sind doch schon 101 Geschichten versammelt“, sagte ich. - „Das interessiert aber keinen. Wir brauchen eine Geschichte zum Buch. Lass Dir was einfallen.“ - „Dass ich in meinem früheren Leben Drogendealer war oder von meinem Vater regelmäßig mit einem Elektrokabel verprügelt wurde? So in der Art?“ - „Genau so was!“ Habe dem Verleger keine Geschichte zum Buch serviert. Jetzt mault er, weil sich die Verkaufszahlen in Grenzen hielten. Hätte eben auf ihn hören sollen. Ach so.

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