Bald live in Wien

Van Morrison: Gelungene Reise in die Vergangenheit

Musik
18.03.2023 09:00

In den letzten Jahren zeigte Obergrantler Van Morrison in seinen Songs, dass er die Wutschraube noch ein Stück mehr anziehen kann. Auf seinem neuen Doppelalbum „Moving On Skiffle“ ist davon nichts mehr zu hören. Darauf huldigt er den Helden seiner Kindheit - und damit kommt er am 17. und 18. April für zwei „Krone“-Konzerte ins Wiener Konzerthaus.

(Bild: kmm)

Unter allen Altersgrantlern da draußen war George Ivan Morrison in den letzten Jahren besonders wütend. Der bald 78-Jährige tobte während der Hochphase der Pandemie mit Songs wie „Born To Be Free“, „No More Lockdown“ oder „As I Walked Out“ kompromisslos gegen Corona-Maßnahmen und Regierungsentscheidungen. Nun wissen bzw. lernen wir - nicht alles, was damals zum Schutze der Bevölkerung so entschieden wurde, geht mit dem Wissen von heute kritiklos durch, doch als Mann der Öffentlichkeit mit einer durchdringenden Stimme war Van Morrisons Gebärden doch etwas befremdlich. Der von der Queen 2015 zum „Sir“ geadelte Vollblutmusiker hat seine Alterswut im Gegensatz zu „Mr. Slowhand“ Eric Clapton zu einem großen Teil verrauchen lassen und sich zumindest im letzten Jahr wieder vermehrt darauf konzentriert, seine üppige und famose Diskografie mit noch mehr Musik zu füllen.

Vergegenwärtigung der Vergangenheit
Gesättigt vom Poltern sehnt sich Van Morrison wohl nach den unschuldigen Tagen seiner Kindheit zurück und blickt auf seinem famosen Doppelalbum „Moving On Skiffle“ weit in die Vergangenheit. In eine Zeit, als er in den frühen 50er-Jahren im kaltgrauen Belfast mit seinem musikbegeisterten Vater die lokalen Plattenläden abgraste und dabei mit Größen wie Lead Belly, Mahalia Jackson, Ray Charles oder Solomon Burke in Berührung kam. Die Erinnerungen an das Daheim in der Hyndford Street im östlichen Belfast vergegenwärtigt er sich mit gleich 23 Coversongs in mehr als eineinhalb Stunden. Der Skiffle ist eine hierzulande fast schon vergessene Subrichtung des Blues und des Folk, der sich in den 1920er- und 1930er-Jahren vornehmlich bei ärmlichen Afroamerikanern als Partymusik etablierte. Neben Gitarre und Bass improvisierten die Musiker mit Waschbrettern oder dem Waschwannenbass. In England schwappte der Stil über Musiker wie Lonnie Donegan in den frühen 50er-Jahren ein.

Wenig später wagte Van Morrison, einst noch als Dreikäsehoch, seine ersten musikalischen Ausflüge mit seiner bereits 1957 gegründeten Band The Sputniks. Dort erprobte sich der junge Brite als Frontmann und Arrangeur und verfiel dem freudigen Skiffle. Von seinen Glanzzeiten bei Them oder seiner immens erfolgreichen Solokarriere war er noch weit entfernt, doch im Skiffle fand Van Morrisons musikalische Gestaltung ihren Anfang. „Ich war noch in der Schule, als ich zum ersten Mal in einer Skiffle-Band spielte“, erklärt der Musiker, „wir hatten ein paar Gitarren, ein Waschbrett, einen Teekistenbass. Ich kannte damals schon die Musik von Lead Belly, deshalb wusste ich gleich, was Lonnie Donegan da geschaffen hatte, als ich seine Version von ,Rock Island Line’ hörte. Ich wusste sofort, dass es genau der Sound war, den ich auch wollte. Es war wie eine Explosion. Meine neue Platte will die Songs dieser Ära neu aufleben lassen.“

Einmal noch granteln
Für die Rückschau gibt sich Van Morrison auf „Moving On Skiffle“ hörbar Mühe. Er adelt die Kompositionen aus längst vergangenen Tagen mit der notwendigen Würde und arrangiert sie für seine persönliche Interpretation neu, ohne dabei auf den Respekt und die Distanz zu den Originalen zu verzichten. Bei manchen Songs wagte Van gar eine Veränderung im Titel, um ihnen einen neuen Sinn zu geben. So wird aus der Gospel-US-Bürgerrechtshymne „This Little Light Of Mine“ der Song „This Loving Light Of Mine“, indem er den Rat gibt, das Beste aus jedem einzelnen Tag zu holen. Das eingangs erwähnte Rebellentum findet hingegen beim Song „Gov Don’t Allow“ Einzug, in dem er gegen den Totalitarismus der Herrschenden und Mächtigen wettert. Das Original namens „Mama Don’t Allow“ wurde in den 20er-Jahren von der Memphis Jug Band und auch Tampa Red aufgenommen.

Wie bei Skiffle-Songs üblich regiert die meiste Zeit über eine ungezwungene, gute Laune, die sich vor allem in Songs wie „Stramline Train“, „No Other Baby“ oder „Sail Away Ladies“ besonders in den Vordergrund stellt. Van Morrison hatte sichtlich großen Spaß beim Arrangieren der Songs und rückt, je nach Stimmungslage, immer wieder in gewisse Hauptabzweigungen wie Country, Folk, Gospel oder den traditionellen Blues ab. Er würzt die Tracks mit flotten Mundharmonika-Passagen oder streut immer wieder mal Saxofon-Einlagen ein und gibt den Songs ein ungezwungenes und sehr zugängliches Jazz-Flair. Stimmlich ist Morrison in beeindruckender Form, trifft höhere Töne genauso gut wie die partiell eingesetzten melancholischen und erschafft ein sehr gemütliches Hörvergnügen. Nach den nicht enden wollenden Krisen und globalen Rückschlägen hat Van offenbar selbst Lust darauf, sich aus der Negativspirale zu ziehen und lieber das Licht ins Leben scheinen zu lassen. Die (temporäre?) Altersmilde steht ihm jedenfalls gut zu Gesicht.

Zweimal im Konzerthaus
Am 17. und 18. April kommt Van Morrison für zwei exklusive „Krone“-Konzerte ins Wiener Konzerthaus und wird mit Sicherheit auch ein paar Highlights von „Moving On Skiffle“ zum Besten geben. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten für die Show am 17. April, der 18. ist bereits restlos ausverkauft.

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