Gerüchte um Ursprung

Khamenei: Vergiftungen von Mädchen „unverzeihlich“

Ausland
06.03.2023 12:02

Im Iran hat das geistliche und staatliche Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei die jüngsten Vergiftungen von Schülerinnen als „unverzeihliche Verbrechen“ bezeichnet. Die Behörden müssten die Fälle ernsthaft verfolgen, sagte Khamenei am Montag. „Die Täter sollten streng bestraft werden.“ Es gibt zahlreiche Gerüchte darüber, wer hinter den Giftgasangriffen stecken könnte. Auch die Regierung selbst wird beschuldigt.

Am Wochenende war es zu Protesten von Eltern gegen die mutmaßlichen Anschläge gekommen. Eine der Kundgebungen in Teheran entwickelte sich Videoaufnahmen zufolge zu einer regierungsfeindlichen Demonstration. Seit November kommt es zu einer mysteriösen Vergiftungswelle, mehr als 30 Schulen in weiten Teilen des Landes sind betroffen. Dem Gesundheitsministerium zufolge sind Hunderte Mädchen erkrankt. Ärzte sprechen von Giftgasangriffen.

Einige Politiker hatten angedeutet, die Schülerinnen könnten Ziel religiöser Gruppen gewesen sein, die eine Schulbildung für Mädchen ablehnen. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi machte unlängst „ausländische Feinde“ für die Anschläge verantwortlich. Raisi ließ offen, wen er damit meinte. Allerdings werden regelmäßig die USA und Israel als Feinde der Islamischen Republik bezeichnet.

Festnahme heizt Gerüchte an
Zuletzt wurde laut Medienberichten in Zusammenhang mit den Vergiftungen der Journalist Ali Purtabatabai festgenommen. Der Zeitung „Entekhab“ zufolge arbeitete der Journalist demnach in der religiösen Hochburg Qom (Ghom), wo vor Monaten die ersten Vergiftungsfälle gemeldet worden waren. Die Festnahme trage nicht zur „Entmystifizierung der Gerüchte und Nachrichten“ bei, schrieb der Reformpolitiker und Journalist Abbas Abdi auf Twitter. Es mache die Gerüchte „noch schlimmer. Ich hoffe, er wird bald freigelassen.“

Die ersten Fälle der mysteriösen Vergiftungen waren bereits im November gemeldet worden. Die iranische Regierung geht von gezielten Angriffen aus. Betroffen sind fast ausschließlich Mädchenschulen. Landesweit wurden bisher Hunderte Schülerinnen in Krankenhäusern behandelt. Eltern und Angehörige sind empört und wütend, noch immer gibt es keine offizielle Erklärung. Sie werfen den Behörden Versagen vor und geben ihnen eine Mitschuld. 

„Bestrafen Schulmädchen für Proteste“
Einige werfen der Regierung auch direkt vor, hinter den Anschlägen zu stecken. Die iranische Journalistin und Aktivistin Masih Alinejad teilte etwa das Video einer Ansprache von Khamenei auf Twitter, in der er davon sprach, dass die Teenager, die gegen die Regierung protestieren und Frauenrechte forderten, „bestraft“ werden müssten. „So bestrafen sie die Schulmädchen“, schrieb Alinejad mit Blick auf die Giftanschläge.

Die iranischen Machthaber sehen sich seit Monaten mit Anti-Regierungs-Protesten konfrontiert, die nach dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini begonnen hatten. Amini war Mitte September in Polizeigewahrsam gestorben. Zuvor war sie von der sogenannten Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch falsch getragen haben soll. Auch Schülerinnen beteiligten sich an den Protesten.

80.000 Gefangene begnadigt
Unterdessen hat Religionsführer Khamenei laut Regierungsangaben mehr als 80.000 Gefangene begnadigt. Die Begnadigungen wurden im Februar, kurz vor dem Jahrestag der Islamischen Revolution von 1979, angekündigt. Ähnliche Amnestien gab es immer wieder rund um den Jahrestag. Unter den Begnadigten sollen zahlreiche im Rahmen der jüngsten Protestwelle Inhaftierte sein. Überprüfen lassen sich die Zahlen nicht.

Prominente Kulturschaffende, Aktivisten und Menschenrechtler wurden jüngst freigelassen. Kritiker sehen in den Amnestien ein Ablenkungsmanöver, nachdem die politische und geistliche Führung unter Druck geraten war. Sie bemängelten auch, dass für eine Begnadigung eine Anklage vorliegen müsse. Sei dies nicht der Fall, müssten sich Inhaftierte selbst belasten, kritisierten Menschenrechtler.

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