05.02.2023 06:30 |

Gefürchtet, begnadet

Michael Jeannée ist 80: Jeder Satz ein Hammer

Die Erregung. Das Wohlgefallen. Die Anfeindungen. Michael Jeannée ist 80: vom genialen Welt-Reporter zum gefürchteten und begnadeten Kolumnisten.

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(Bild: kmm)

Es hat mich gejuckt, es juckt mich, es wird mich immer jucken. In meinen fiebrigen Fingern, die süchtig danach sind, schwarz auf weiß umzusetzen, was in meinem Köpferl rumort.“ Jeder Satz ein Hammer. Wer angefangen hat zu lesen, der ist gierig auf den nächsten.

Der von Gendarmen getötete 14-jährige Einbrecher: „Wer alt genug zum Einbrechen ist, ist auch alt genug zum Sterben.“ Der Aufschrei. Der Presserat. Eine Ansammlung oft erfolgloser Konkurrenten.

Bei der aktuellen Diskussion über Kindesmissbrauch im Darknet sinniert Jeannée über lebenslang und Todesstrafe. „Ich polarisiere. Ich habe den Mut zu schreiben, was Leser nur zu denken wagen würden.“

Michael Jeannée kommt am 5. Februar 1943 in Olmütz zur Welt, im Protektorat Böhmen und Mähren des Deutschen Reiches. Der Vater, Stabsarzt, später Kieferchirurg in Salzburg, stirbt früh. Mit der Mutter übersiedelt er nach St. Gilgen. Auf dem Weg zur Falkensteinwand hängt ihr Marterl. „Links Fürberg, rechts Brunnwinkl, davor das Hörndl. So habe ich es immer geliebt.“

Jus-Studium abgebrochen, Korrektor in Argentinien
Jeannée bricht das Jus-Studium ab und geht 1963 als Sportreporter und Korrektor nach Argentinien. 1967 heuert er beim „Express“ an, ab 1970 ist er für drei Jahre in unserem Pressehaus, dann wird er Chefreporter bei „Bild am Sonntag“, 1985 kommt er wieder zu seiner geliebten „Krone“.

Ein Welt-Reporter: Er spürt Massenmörder Udo Proksch in Manila auf, berichtet über den Irak-Krieg, interviewt den Großbetrüger Bela Rabelbauer und den britischen Posträuber Ronald Biggs in Brasilien. Jeannée vertieft sich in jede Geschichte: Tagelang berichtet er über den Storch, der im Wiener Prater mit einem Pfeil durchbohrt und schließlich gerettet wird.

Im Adabei kreiert er Beinamen, die wie unangenehm riechender Klebstoff ewig an den Promis haften: Der Baumeister als „Mörtel“, die Operettendiva als „Quietschi“, die mollige Sängerin als „Germknödel“.

Dann die Kolumne. Post von Jeannée. Wer der Adressat in von Millionen gelesenen „Kronen Zeitungen“ ist, der zittert bis zur letzten Zeile. Da steht die Verurteilung. Oft nur ein Satz. Aber vernichtend. Oder das Lob. Bis zum Gehtnichtmehr. Die Republik zollt ihm Respekt, zu seinen Festen kommt die erste Garde der Regierenden.

Jeannée trägt einen Siegelring mit dem Wappen der Grafen von Richthofen, von denen die über alles geliebte Ehefrau Benvenuta („Puppi“) abstammt. Sein Lebensmensch. Auch in schwierigen Zeiten. Er raucht Zigarren und geht abends mit seinem Hund zum Heiligenstädter Heurigen.

Unser tägliches Handy-Telefonat hat Tradition. Gelegentlich sind wir gegensätzlicher Ansicht. In einem Interview sagte er einmal: „Was nach mir ist, ist mir grundsätzlich wurscht.“ Millionen Leser und wir von der Redaktion sind anderer Meinung: Jeannée gehört zur „Krone“. Täglich.

Alles Gute.

Hans Peter Hasenöhrl
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