Italien und Schweden
Rechtsregierungen verändern Kräfteverhältnis in EU
Die neuen Rechtsregierungen in Italien und in Schweden verändern das politische Kräfteverhältnis innerhalb der Europäischen Union. Erstmals wird eines der Gründungsmitglieder der EU künftig von einer ultrarechten Politikerin regiert. Giorgia Meloni, Chefin der postfaschistischen Partei Fratelli d‘Italia, wird Italien voraussichtlich am nächsten EU-Gipfel vertreten. Verbündete sieht Meloni in den rechtsnational und EU-skeptisch regierten Ländern Polen und Ungarn.
Die politische Landkarte der Regierungen der Europäischen Union wird damit noch bunter. Die jahrzehntelang dominierenden großen europäischen Parteienfamilien - die Christdemokraten und die Sozialdemokraten - haben in den vergangenen Jahren zunehmend an Einfluss verloren.
Rumänien ist das größte EVP-regierte Land
Die Europäische Volkspartei (EVP), die seit 1999 stärkste Kraft im Europaparlament ist und seit 2004 auch alle EU-Kommissionspräsidenten stellte, ist zwar weiterhin mit der größten Zahl an Staats- und Regierungschefs bei den EU-Gipfeln vertreten, seit dem Machtwechsel vergangenes Jahr in Deutschland ist aber kein großer Mitgliedstaat mehr darunter. Von den acht EU-Staaten im Europäischen Rat ist nun Rumänien das größte EVP-regierte Land mit knapp 4,3 Prozent der EU-Bevölkerung. Dahinter folgen Griechenland, Schweden, Österreich, die Slowakei, Kroatien, Lettland und Zypern. Insgesamt vertreten die konservativ geführten EU-Länder weniger als 14 Prozent der EU-Bevölkerung.
Konkurrenz kommt zunehmend von rechts
Die meisten von EVP-Mitgliedern regierten Länder befinden sich nun in Osteuropa, wobei hier die Konkurrenz zunehmend von rechts kommt. 2015 verlor die EVP bereits Polen, im Vorjahr trat die ungarische Regierungspartei FIDESZ von Viktor Orbán aus der EVP aus. Beide Länder sind seit Jahren auf einem gesellschaftlich ultrakonservativen Kurs und fordern die Europäische Union und auch die EVP durch den Abbau von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie heraus.
Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR)
Gerade hier sieht die neue italienische Regierungschefin ihre politische Heimat. Ihre Fratelli d‘Italia gehören wie die polnische Regierungspartei PiS, die deutsche AfD und die spanische Vox der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) an. Der rechtskonservativen Fraktion gehört übrigens auch die ODS des tschechischen Premiers Petr Fiala an. Fiala hat die einst EU-feindliche Partei des früheren Präsidenten Václav Klaus allerdings in den vergangenen Jahren zu einer liberalkonservativen Partei mit gemäßigten euroskeptischen Tönen gemacht und an die tschechischen EVP-Parteien, die KDU-ČSL und die TOP 09, angenähert.
Auch die europäischen Sozialdemokraten haben bereits bessere Zeiten erlebt. Sie stellen nur mehr in sechs EU-Ländern die Regierungschefs. Allerdings sind, anders als bei den Christdemokraten, große Länder wie Deutschland oder Spanien darunter, weshalb summiert derzeit mehr ein Drittel der EU-Bürger in sozialdemokratisch geführten Ländern lebt.
Liberale legen in Europa an Gewicht zu
Deutlich an Gewicht zugelegt haben in den vergangenen Jahren die Liberalen in Europa. Politiker aus der liberalen Parteienfamilie ALDE, der auch die NEOS angehören, stellen derzeit in sechs EU-Staaten den Staats- oder Regierungschef. Mit Frankreich ist seit 2017 ein großes EU-Mitgliedsland darunter. Mit Belgien, den Niederlanden und Luxemburg werden insgesamt vier der sechs EU-Gründungsstaaten liberal regiert.
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