Keine Entwarnung

Deutsche Netzagentur: „Sind Russland ausgeliefert“

Ausland
21.07.2022 11:50

Durch die Pipeline Nord Stream 1 fließt wieder russisches Gas, der Präsident der deutschen Bundesnetzagentur, Klaus Müller, sieht dennoch keine Entwarnung. Wenn in den nächsten Wochen etwa 40 Prozent der Kapazitäten der Pipeline ausgelastet werden, dann „ist nicht das schlimmste Szenario eingetreten, aber von Entwarnung kann ich noch nicht reden“, sagte Müller am Donnerstag. Auch Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) will nicht Entwarnung geben: „Russland schürt ganz bewusst Unsicherheit in Europa. So treibt Putin die Gaspreise“, erklärte sie.

Müller gab zu bedenken, dass Russlands Präsident Wladimir Putin unlängst Aussagen gemacht habe, die auf eine Drosselung auf 20 Prozent hindeuten könnten. „Wir sind Russland momentan ausgeliefert“, weil es darüber entscheide, wie viel Gas durch Nord Stream 1 fließe. Umso wichtiger seien Einsparungen und der Bezug aus anderen Quellen.

Nach zehntägigen Wartungsarbeiten war der Fluss von russischem Gas Donnerstagfrüh wieder gestartet worden. Allerdings wird noch längst nicht die komplette Kapazität genutzt, sondern nur etwa 40 Prozent davon. Vom österreichischen Gaskonzern OMV hieß es, dass rund die Hälfte der vereinbarten Gasmenge am Donnerstag fließen soll. Das ist das Niveau von vor der Wartung der Pipeline.

Mahnung: Schon jetzt an Winter 2023/24 denken
Trotz des wieder vergleichsweise hohen Niveaus der Lieferungen mahnt der Netzagentur-Chef zum vorausschauenden Handeln. Man müsse „erhebliche Anstrengungen unternehmen, um gut über den ersten Winter zu kommen“, sagte er. Zudem müsse man bei den Gasspeicher-Füllständen schon jetzt an den Winter 2023/24 denken.

Die österreichischen Gasspeicher seien derzeit zu etwa 50 Prozent gefüllt, wie Gewessler in einer Aussendung mitteilte. Trotz der Wartung von Nord Stream 1 sei auch in den vergangenen Tagen Gas eingespeichert worden. Bis vor Beginn der Heizsaison will die Regierung die Speicher zu 80 Prozent füllen. Nachdem Gazprom wieder Gas über die Nordsee liefert, gehen Experten aktuell davon aus, dass das Speicherziel erreichbar ist, so die Ministerin. Die Situation bleibe weiter angespannt, Österreich dürfe sich nicht in falscher Sicherheit wiegen, betonte Gewessler.

Bei ihren Prognoseberechnungen geht die Bundesnetzagentur von einem durchschnittlichen Winter 2022/23 aus und davon, dass die neuen Flüssiggas-Terminals an der Nordsee ab Jänner 2023 einsatzbereit sind. Wenn aber der Winter kalt werde und die Terminals nicht schnell genug in Betrieb genommen werden, „müsste das durch zusätzliche Einsparungen kompensiert werden, um eine Gasmangellage zu vermeiden, beziehungsweise zu niedrige Füllstände im Frühjahr zu vermeiden“, so Müller.

„Es müssen Massen eingespart werden“
Auch wegen des warmen Sommers komme man bei den Gaseinsparungen derzeit voran - Deutschland habe „signifikant Gas eingespart“. Aber: „Das Harte ist der Herbst und der Winter“, sagte der Behördenchef. „Dann geht es um die realen Verbräuche, dann müssen die Massen eingespart werden.“

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat am Donnerstag alle Schwierigkeiten bei der Lieferung von russischem Erdgas auf die westlichen Sanktionen gegen Russland geschoben. Peskow sagte laut einem Reuters-Bericht, Russland bleibe „ein sehr wichtiger und unverzichtbarer Bestandteil der europäischen Energiesicherheit“. Angesichts der Bedenken in Europa, dass Russland die Gaslieferungen weiter einschränken könnte, verwies er auf die Äußerung von Präsident Putin, wonach die staatliche Gazprom Verpflichtungen gegenüber Kunden immer erfüllen werde.

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