Stadtklimatologe

„Unsere Städte sind für ein anderes Klima gebaut“

Oberösterreich
15.07.2022 17:00

Die erste Hitzewelle des Jahres ist gerade angekommen. Grund genug, den Linzer Stadtklimatologen Johannes Horak (37) zum Interview zu bitten.

OÖ Krone: Herr Horak, was macht ein Stadtklimatologe eigentlich?
Johannes Horak: Wir haben 2019 zu Beginn geschaut, welche Daten zum Stadtklima es gibt und wie man die aufbereitet. Denn es ist schön, wenn man einen Datensatz hat, aber man muss ihn auch visualisieren. Denn damit ist das Thema Klima für die Menschen greifbar.

Geht es da auch um die Bewusstseinsbildung zum Thema Klimawandel bei den Menschen?
Genau. Die Umweltinformation ist ein ganz wichtiger Aspekt meiner Arbeit. Es geht ja darum, dass man den Klimawandel zeigt, wie er sich in Linz auswirkt.

Wie und wo zeigt sich der Klimawandel in Linz?
Das sind einmal die Temperaturen. Es hat natürlich früher auch Temperaturen über 35 Grad gegeben, aber nicht in der Häufung wie aktuell. Diese Ausreißer werden immer mehr und immer öfter kommen. Es gibt Bäche, die ausgetrocknet sind. Bäume, die im Sommer ihre Blätter verlieren. Die vertrockneten Grasstreifen, etwa auf der Donaulände in den vergangenen Jahren, sind auch anschaulich. Andererseits gibt’s bei Starkregen Ausspülungen. Das sind die Folgen der starken Versiegelung, das überfordert das Kanalsystem. Das alles gab es früher auch, aber eben nicht in der Häufigkeit.

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Natürlich hat es früher auch heiße Tage und Starkregen gegeben, aber eben nicht in der Häufigkeit wie in den vergangenen Jahre.

Johannes Horak

Es gibt ja immer noch Menschen, die den Klimawandel in Abrede stellen. Wie kann man diese Personen überzeugen, dass es ein Problem gibt?
Viele sind bereit, die Veränderung zu akzeptieren. Ich glaube aber, die Geschwindigkeit mit der sie vonstatten geht, ist das Problem. Unsere Städte sind eigentlich für ein anderes Klima gebaut. Wir haben nun die Aufgabe, dass wir im Fall von Linz die Stadt an das heißere Klima anpassen, aber da sind wir in ein paar Jahren schon am Ende mit den Möglichkeiten.

Was kann man machen, dass man die Stadt Linz an das aktuelle Klima anpasst?
Es gibt natürlich keine Einzelmaßnahme, die alle anderen überflügelt. Es muss der richtige Mix am richtigen Ort sein. Was man einfach immer gerne macht, ist Bäume setzen. Und setzen heißt, in 20 bis 30 Jahren ist der Baum so, wie man ihn braucht – großkronig, ausgewachsen, spendet viel Schatten und er kühlt dann die Luft. Wir müssen sie jetzt setzten, damit wir dann die Wirkungen haben.

Aber sind 20 Jahre nicht zuviel? Kann man unmittelbar nichts machen?
Man kann technisch beschatten, also mit Sonnensegeln oder Arkaden. Außenjalousien, wenn es um das Innenklima in Wohnungen geht. Aber Linz hat dazu noch ein besonderes Problem. Die Hügelkette im Norden ist zwar wunderbar für die Freizeitgestaltung, aber sie ist ganz schlecht für die Durchlüftung der Stadt. Denn der Westwind, der abkühlen könnte, wird durch die Hügel gebremst.

Was kann der einzelne Bürger machen, um sich selbst vor der Hitze zu schützen?
Für sich selbst sind es die Klassiker. Nicht tagsüber lüften, wenn es am heißesten ist, sondern am Morgen. Wer nicht querlüften kann, sollte einen Ventilator ins Fenster stellen, der in die Wohnung bläst und so kühlt. Ich sollte dann nicht zwischen 15 und 18 Uhr draußen sein, weil da ist es am wärmsten. Das liegt daran, dass um diese Zeit alle Hauswände erwärmt sind und so viel Wärme ausstrahlen. Deshalb ist es in den Städten auch in der Nacht deutlich wärmer als am Land, weil eine Stadt sehr langsam abkühlt. Der Grund ist, dass Gebäude eben die Wärme speichern und dann auch in der Nacht ausstrahlen.

Linz hat ja einige Brunnen, kühlen diese die Stadt ab?
Ja und nein. Natürlich kühlen Brunnen. Aber nicht in dem großen Ausmaß. Grundsätzlich gilt: Je mehr es spritzt, desto besser ist die Kühlwirkung.

Gibt es einen oder mehrere Orte in Linz, an denen es besonders heiß ist?
Ich würde meinen die Innenstadt rund um den Hauptplatz in Richtung Taubenmarkt, aber auch das Industriegebiet, weil das stark versiegelt ist. Wir installieren allerdings gerade in der ganzen Stadt Messstationen, die dann genauere Daten hergeben und dann kann man mit Modellen auch die Hitze-Hotspots herausarbeiten. Derzeit sind sieben solche Messstationen geplant.

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Es werden beim Klimaschutz immer nur die Kosten erwähnt, aber man übersieht die Kosten, die man hat, wenn man nichts macht.

Johannes Horak

Ist das Thema Klimawandel zu emotionalisiert?
Ich glaube, es geht sehr stark um Verlustängste, um Verzichtsthematik im Zusammenhang mit Klimaschutz, es wird zu wenig gesehen, was man gewinnen kann.

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