Breivik-Manifest

BVT-Chef: “Wir hätten gesagt, das ist ein Wirrkopf”

Österreich
25.07.2011 16:27
Der Doppel-Anschlag in Norwegen beschäftigt auch das österreichische Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung. BVT-Chef Peter Gridling bestätigte, dass über Ersuchen der norwegischen Behörden allfällige Kontakte Anders Behring Breiviks nach Österreich überprüft werden. Bisher wurde dabei aber nichts Konkretes gefunden. Bei einer Analyse des 1.500-seitigen "Manifest" des Attentäters in Österreich hätte man keine Bedrohung erkannt, erklärte Gridling.

"Auf 1.500 Seiten haben wir nichts Konkretes gefunden, vieles ist diffus. Wenn uns jemand auf Breiviks Gedankenwelt aufmerksam gemacht hätte, hätten wir uns das angesehen und gesagt: Das ist ein Wirrkopf, aber derzeit keine Aufgabe für die Polizei", erklärte Gridling zum Manifest des Norwegen-Attentäters.

Mehr Polizeibefugnisse gefordert
Der BVT-Chef plädierte in diesem Zusammenhang erneut für erweiterte Befugnisse der Polizei, konkret: die erweiterte Gefahrenerforschung in einer Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes von Gruppen auf Einzelpersonen auszudehnen. "Das Instrumentarium der erweiterten Gefahrenerforschung wäre für Personen wie Breivik nicht infrage gekommen, weil er keine Gruppe ist", sagte Gridling.

Derzeit dürfe die Polizei etwa Internetpostings nur speichern, wenn sie strafrechtlich relevant seien. Wäre auch eine Speicherung von "schwachen Hinweisen" erlaubt, könnte man bei einzelnen Tätern "eine andere Gefahrenprognose" abgeben, sagte Gridling unter Verweis auf den norwegischen Attentäter, der schon seit Jahren in einschlägigen Internetforen aktiv war. Der BVT-Chef will daher auch Informationen zu Einzelpersonen sammeln und verknüpfen dürfen, bis man eine Gefahrenprognose zu diesen Personen erstellen kann. "Dann können wir zu dem Schluss kommen, dass die betreffende Person eben ein Wirrkopf, aber ein harmloser, ist oder eben nicht."

Jedenfalls könne man die beiden Länder Norwegen und Österreich "sehr gut miteinander vergleichen", sagte er mit Blick auf Lebensstandard, Sicherheitsniveau und Statistiken zur Kriminalität. Auch hätten die Verfassungsschützer beider Länder in ihren Berichten regelmäßig festgestellt, "dass der Rechtsextremismus keine akute Bedrohung für die Demokratie" sei.

Unterstützung für Breivik im Internet "ein Wahnsinn"
Grundsätzlich gebe es in jeder Gesellschaft für Fremdenfeindlichkeit einen gewissen Nährboden, meinte Gridling im Hinblick auf Propagandisten, bei denen sich Breivik eventuell Ideen für seine Gedankenwelt geholt haben könnte. "Wenn es den Leuten schlecht geht, dann steigt dieses Ausmaß." Doch solange nicht ein gewisses Ausmaß überschritten werde, sei das keine polizeiliche Aufgabe.

Schockiert zeigte sich der BVT-Chef aber über die Wogen, welche die Anschläge teilweise im Internet ausgelöst haben. "Wenn man sich vorstellt, dass es eine Facebook-Gruppe mit 6.000 Mitgliedern gibt, die Breivik recht gibt, dann ist das ein Wahnsinn", so Gridling. Blogger würden mit krausen Ideen andere Personen motivieren.

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