Ex-Libro-Chef Andre Rettberg (in der Bildmitte) wurde zu dreieinhalb Jahren Gefängnis als Zusatzstrafe zu einer bereits verhängten Strafe verurteilt. Ex-Libro-Finanzchef Johann Knöbl erhielt vom Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Birgit Borns vier Jahre Haft. Jeweils drei Jahre Haft, davon ein Jahr unbedingt, erhielten der frühere Libro-Wirtschaftsprüfer Bernhard Huppmann und Ex-Libro-Aufsichtsratschef Kurt Stiassny. Der frühere Libro-Aufsichtsratsvizepräsident Christian Nowotny wurde freigesprochen.
Rettberg muss nun insgesamt für vier Jahre und zwei Monate ins Gefängnis, sollte die Verurteilung vom Dienstag rechtskräftig werden. Der Ex-Libro-Chef war bereits 2006 wegen versuchter betrügerischer Krida zu einer Haftstrafe von drei Jahren, davon acht Monate unbedingt, verurteilt worden, hat aber diese Strafe bisher noch nicht angetreten.
Freispruch bei Anklagepunkt schwerer Betrug
Rettberg sowie Knöbl, Huppmann und Stiassny wurden wegen Untreue und Bilanzfälschung schuldig gesprochen. "Dass Rettberg eine Bilanz nicht lesen konnte, davon ging der Senat nicht aus", sagte Richterin Borns in der Urteilsbegründung. Vom Vorwurf der Anklage wegen schweren Betrugs wurden alle Angeklagten freigesprochen.
Den Freispruch für WU-Professor und Ex-Libro-Aufsichtsratsvizechef Nowotny begründete die Richterin damit, dass dieser mehr als rechtlicher Berater tätig gewesen war und nicht so involviert in die Vorgänge. Schließlich habe Nowotny auch bei mehreren Libro-Aufsichtsratssitzungen gefehlt, hielt sie ihm zugute.
Den Schuldspruch für Ex-Libro-Wirtschaftsprüfer Huppmann erläuterte die Richterin unter anderem damit, dass er trotz Zweifel seines Prüferkollegen an der Bewertung von Libro Deutschland den Bestätigungsvermerk für die Libro-Bilanz 1998/99 erteilt habe. Im Gutachten der Unternehmensberatungsfirma KPMG zum Wert von Libro Deutschland seien sehr wohl "rote Ampeln" eingebaut gewesen, allerdings habe die KPMG versucht, "es jedem recht zu machen", so Borns. Libro wäre für Huppmann durch den Börsegang zu einem attraktiven Kunden geworden, wertete sie als mögliches Motiv Huppmanns.
Keine Erklärungen nach der Urteilsverkündung
Die rund ein Jahrzehnt nach den Vorgängen nun in erster Instanz nicht rechtskräftig Verurteilten Ex-Libro-Manager verfolgten die Urteilsverkündung im Landesgericht Wiener Neustadt mit steinerner Miene. Anschließend wollte keiner eine Erklärung gegenüber Journalisten abgeben. Der Anwalt von Nowotny, Wolfgang Brandstetter, zeigte sich "erleichtert" über den Freispruch für seinen Mandanten, den er aber erwartet habe. Ob der Freispruch für Nowotny rechtskräftig wird, hängt von Staatsanwalt Johann Fuchs ab. Dieser gab nach der Urteilsverkündung keine Erklärung ab und hat nun dafür drei Tage Zeit.
Berufung und Nichtigkeitsbeschwerde angemeldet
Die Verteidiger der vier Verurteilten haben alle gegen die Strafhöhe berufen und Nichtigkeitsbeschwerden angekündigt. Damit sind die Schuldsprüche nicht rechtskräftig. Über die Nichtigkeitsbeschwerden wird der Oberste Gerichtshof entscheiden müssen.
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