Der Speckgürtel im Grazer Süden wächst rasant. Die Wirtschaft brummt, Wohnraum ist gefragt - ein Trend mit Schattenseiten, denn zugleich werden viele wertvolle Böden versiegelt. Gerade die Gemeinde Kalsdorf muss einen schwierigen Spagat schaffen.
Wer regelmäßig auf der A 9 zwischen Graz und Leibnitz unterwegs ist, wird Zeuge einer radikalen Veränderung des Landschaftsbilds: Eine gigantische Halle nach der anderen schießt hier aus dem Boden. Immer mehr Betriebe, vor allem Logistiker, siedeln sich im brummenden Ballungsraum südlich der Landeshauptstadt an. Wie berichtet, steigt nun auch das Land Steiermark beim Güter-Terminal Werndorf ein und wird den riesigen Waren-Umschlagplatz weiter ausbauen.
Zugleich herrscht ein regelrechtes Griss um Bauplätze und Wohnungen in den umliegenden Gemeinden: Große Immobilienfirmen und Investoren ziehen eine Wohnanlage nach der anderen hoch.
Dieser rasante Aufschwung im steirischen Zentralraum hat seine Licht- und Schattenseiten: Die Wirtschaft floriert, das spült auch ordentlich Geld in die Gemeindekassen. Auf der anderen Seite: Bodenversiegelung, steigende Grundstückspreise, Landschaftsverschandelung und besorgte Bürger.
3000 Einwohner mehr in Kalsdorf
Beispielhaft für diese Entwicklung ist die Gemeinde Kalsdorf. Zwischen 2010 und 2020 ist die Bevölkerung hier um über 31 Prozent gewachsen, das ist ein Plus von rund 3000 Bewohnern. Vor allem Jungfamilien aus der Stadt zieht es in den Speckgürtel. „Der Ort hat sich binnen weniger Jahre massiv verändert, alles wird mit großen Wohnblöcken zugebaut“, sagt eine alteingesessene Kalsdorferin zur „Krone“. Sie möchte anonym bleiben, zu hitzig werde das Thema diskutiert.
Dass der Zuzug vielen Einheimischen zu schnell geht, versteht auch Bürgermeister Manfred Komericky: „Das ist auch ein geerbtes Dilemma. Es wurden in der Vergangenheit viele Flächen gewidmet, die jetzt bebaut werden.“ Dabei wolle er keinesfalls seinen Vorgängern Vorwürfe machen: Vor 20, 30 Jahren war Kalsdorf noch eine Abgangsgemeinde. Man war froh, wenn sich neue Bewohner und Betriebe angesiedelt haben.
Wir versuchen bei den bestehenden Widmungen mit den Bauträgern das Beste auszuverhandeln. Neue Umwidmungen wird es so bald aber nicht mehr geben.
Manfred Komericky, Bürgermeister von Kalsdorf
„Versuchen, Bauboom in Grenzen zu halten“
Dass heute eine regelrechte Bauwut herrscht, stellt auch den Ortschef vor Herausforderungen: „Wir versuchen den Bauboom so gut wie möglich zu managen und mit den Bauträgern in konstruktiven Gesprächen möglichst verträgliche Lösungen zu finden.“ Außerdem hat Kalsdorf vor einigen Jahren eine „Grün-Verordnung“ erlassen, wonach bei Neubau-Projekten eine gewisse Fläche unverbaut bleiben muss – im Wohngebiet bis zu 40 Prozent.
Von Rufen nach Baustopps hält Komericky wenig: „Das gibt es in dem Sinn nicht, so einfach ist das rechtlich nicht. Als Bürgermeister habe ich mich an Gesetze zu halten.“ Er versuche bei bestehenden Widmungen das Beste für den Ort auszuverhandeln, betont zugleich aber mit Nachdruck: „Wir haben gerade eine Revision des Flächenwidmungsplans laufen und sind uns parteiübergreifend einig, dass es in naher Zukunft keine Umwidmungen von Freiflächen zu Bauland mehr geben wird.“
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