Synagoge gestürmt

Texas-Geiselnehmer bei Befreiungsaktion getötet

Ausland
16.01.2022 18:30

Die Geiselnahme von vier Mitgliedern einer jüdischen Gemeinde in einer Synagoge im US-Bundesstaat Texas endete in der Nacht auf Sonntag mit einer Befreiungsaktion. Nach stundenlangen Verhandlungen mit dem Geiselnehmer drangen Spezialkräfte in die Synagoge ein und befreiten die Geiseln, wie die Polizei in der Stadt Colleyville nahe Dallas mitteilte. Der Geiselnehmer sei „ums Leben gekommen“. Offenbar hatte er eine in Texas inhaftierte pakistanische Terroristin freipressen wollen.

Wie genau der Geiselnehmer ums Leben kam, ließ die Polizei offen. Auch zu den Hintergründen der Tat hielten sich die Behörden offiziell bedeckt. US-Medien berichteten allerdings unter Berufung auf Polizeikreise, der Mann habe die Freilassung der pakistanischen Wissenschafterin Aafia Siddiqui, die 2010 von einem New Yorker Gericht wegen Terrorvorwürfen zu 86 Jahren Haft verurteilt worden war, gefordert.

Siddiqui war zuvor in einer der Top-Universitäten der USA, dem MIT in Cambridge, ausgebildet worden. Später wurde ihr Name von US-Behörden auf eine Liste von Verdächtigen gesetzt, die mit Al-Kaida-Terroristen in Verbindung stehen könnten.

Täter überfiel Synagoge während Gottesdienst
Der Täter hatte am Samstagvormittag während eines Gottesdienstes in der Synagoge der 26.000-Einwohner-Stadt vier Geiseln genommen und sich über Stunden mit ihnen in dem Gebäude verschanzt. Unter ihnen war auch der Rabbi. Der Gottesdienst war zuvor auf der Facebook-Seite der Gemeinde live übertragen worden.

Die lokale Zeitung „Fort Worth Star Telegram“ berichtete, in dem Livestream sei die Stimme eines wütenden Mannes zu hören gewesen, der geschimpft und geflucht und unter anderem über Religion gesprochen habe. Er habe mehrmals gesagt, er wolle niemandem wehtun, und er glaube, dass er sterben werde. Irgendwann brach die Übertragung ab.

Geiseln entkamen unversehrt
Die Polizei rückte mit einem Großaufgebot an, die Lage war lange unübersichtlich. Am frühen Abend kam die erste Entwarnung: Eine männliche Geisel wurde freigelassen - unversehrt. Ein paar Stunden später verkündete dann der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, auf Twitter, alle Geiseln seien frei und in Sicherheit.

Der zuständige FBI-Beamte Matt DeSarno sagte, alle vier Geiseln seien wohlauf und unverletzt. Der Geiselnehmer sei identifiziert. Angesichts der laufenden Ermittlungen könne die Polizei aber keine näheren Angaben zu ihm machen. Umfangreiche Nachforschungen mit Blick auf sein Motiv und mögliche Kontakte seien im Gang. „Unsere Ermittlungen werden globale Reichweite haben“, betonte DeSarno.

Täter soll Brite gewesen sein
Laut Berichten der Nachrichtenagentur PA und anderer britischer Medien handelte es sich bei dem Geiselnehmer um einen britischen Staatsbürger. Ein Sprecher des britischen Außenministeriums teilte der Agentur am Sonntag mit, man wisse vom Tod eines britischen Mannes in Texas und stehe in Kontakt mit den lokalen Behörden.

DeSarno sagte, nach bisherigen Erkenntnissen sei der Geiselnehmer auf ein Thema fokussiert gewesen, das nicht speziell die jüdische Gemeinschaft betreffe. Der Polizeichef von Colleyville, Michael Miller, sagte, es sei bisher unklar, warum der Mann die örtliche Synagoge als Ziel ausgewählt habe.

Motiv und Ablauf weiterhin unklar
Die Polizei äußerte sich nicht zu dem Motiv des Täters in Texas. Offen blieb zunächst auch, wie sich die Szene der Geiselbefreiung abspielte, wie der Geiselnehmer bewaffnet war und ob er von Beamten getötet wurde oder sich womöglich selbst das Leben nahm.

Biden spricht von „Terrorakt“
US-Präsident Joe Biden erklärte in einer schriftlichen Stellungnahme: „In den kommenden Tagen werden wir mehr über die Beweggründe des Geiselnehmers erfahren.“ Er betonte, jeder, der Hass verbreiten wolle, müsse aber wissen: „Wir werden uns gegen Antisemitismus und gegen die Zunahme des Extremismus in diesem Land stellen.“

Am Sonntag erklärte Biden zudem am Rande eines Termins in Philadelphia: „Das war ein Terrorakt.“ Der Demokrat lobte den Einsatz der Polizei, bei dem alle Geiseln unverletzt freikamen. „Sie haben einfach großartige Arbeit geleistet.“

Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett äußerte sich nach der Geiselbefreiung in einem Tweet erleichtert und dankbar. „Dieser Vorfall hat uns deutlich vor Augen geführt, dass Antisemitismus noch lebendig ist, und dass wir ihn weltweit weiter bekämpfen müssen.“

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