Stichtag 1. Mai

Polen pfeifen auf österreichischen Arbeitsmarkt

Österreich
27.04.2011 09:30
Lediglich fünf Prozent jener Polen, die nach der Öffnung des Arbeitsmarktes am 1. Mai in einem anderen EU-Land einen Job suchen wollen, ziehen dafür Österreich im Betracht. Das ergab eine Mittwoch veröffentlichte Umfrage des IMAS-Instituts Polen. Die Alpenrepublik belegt damit nur den 8. Platz unter den Wunschdestinationen der Polen. Instituts-Chef Jerzy Prokopiuk erklärt dies damit, dass Österreich in Polen über fast keine Medienpräsenz verfüge und damit eine geringe Kenntnis über die Lebensbedingungen bestehe.

Als bevorzugtes Ziel nannten 37 Prozent der wanderungswilligen Polen Deutschland, 14 Prozent gaben England an, 13 Prozent die Niederlande. Es folgen Frankreich, Spanien, Schweden und Italien.

Deutschland sei laut Prokopiuk deswegen so attraktiv, weil die Bevölkerung den hohen Wohlstand bewundere, zugleich könne man von dort aus den Kontakt mit der Heimat mühelos halten und zwischendurch nach Hause fahren. Auch für Großbritannien spreche die Verkehrssituation, da es eine Vielzahl von Billigflügen auf die Insel gebe, so der Institutsleiter.

Sieben Prozent wollen unbedingt Job im Ausland
Grundsätzlich können sich 18 Prozent der Polen vorstellen, in einem anderen Land der EU Arbeit zu suchen, sieben Prozent von ihnen sind dazu fest entschlossen. Von denen, die sich zumindest gedanklich mit einer Jobannahme außerhalb ihrer Heimat beschäftigt haben, würden 39 Prozent nur kurzzeitig in ein westliches Land gehen, 36 Prozent längerfristig, aber danach ebenfalls wieder nach Polen zurückkehren. Nur ein Fünftel der Befragten erklärte, vermutlich für immer im Ausland zu bleiben.

Osteuropa für Österreich kein Selbstbedienungsladen
Laut IMAS würden die Ergebnisse der anhand von 500 telefonisch interviewten Polen ab 18 Jahren erstellten Studie die in der Politik verbreitete Meinung korrigieren, dass Osteuropa für Österreich eine Art Selbstbedienungsladen sei, aus dem man beliebig viele Arbeitskräfte holen könne, um die eigenen Lücken zu füllen.

Alle Anzeichen sprächen demnach vielmehr dafür, dass die Osteuropäer sich in Zukunft sehr sorgsam überlegen werden, ob und wo sie sich eine Stelle suchen - zumal ihre Herkunftsländer ein geringes Geburtenwachstum aufweisen und demnach einen steigenden Eigenbedarf an Fachkräften haben würden.

Junge sehen Arbeitsmarktöffnung sehr entspannt
Dass am 1. Mai auch in Österreich die Schranken für arbeitswillige EU-Bürger aus einem Großteil der osteuropäischen EU-Staaten fallen, sieht zumindest die junge heimische Bevölkerung sehr entspannt. Laut einer Umfrage (Sample: 1.000 Personen) der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik befürchten 56 Prozent der befragten Personen unter 35 Jahren nicht, dass die Osteuropäer den Österreichern Jobs wegnehmen, gar 92 Prozent sehen keine Gefährdung des eigenen Arbeitsplatzes. Für 43 Prozent der Jüngeren ist es vorstellbar, selbst in einem östlichen Nachbarland zu arbeiten - je jünger die Befragten sind, desto eher wurde dies angegeben.

AMS: Maßnahme betrifft nur mehr letztes Drittel
Die kommende Arbeitsmarktöffnung betrifft genau genommen nur mehr das letzte Drittel des heimischen Arbeitsmarktes. Denn schon bisher wurden schrittweise Bereiche liberalisiert, auch wenn bis zum 1. Mai Jobsuchende aus den acht neuen EU-Staaten noch Genehmigungen einholen müssen, erinnerte bereits Anfang April AMS-Chef Johannes Kopf. Erst durften Schlüsselkräfte ins Land, dann Saisonarbeiter in Landwirtschaft und Fremdenverkehr, Pfleger, Metaller und schrittweise Arbeiter für gut 60 weitere Mangelberufe.

17.000 Bewilligungen habe das AMS für Arbeitsuchende aus den acht osteuropäischen EU-Staaten vergeben, davon gut die Hälfte an Ungarn. Geht man davon aus, dass die Angst der Österreicher mehr die Integration der Zuwanderer als die Verdrängung im Job betreffe, gebe es wenig Anlass zur Sorge: "Ich habe noch nie von Integrationsproblemen mit Ungarn gehört", so Kopf.

WK: "Die Welt wird am 2. Mai so sein wie am 30. April"
Der 1. Mai wird zu keinem Ansturm von Job suchenden Osteuropäern führen, ist auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl überzeugt: "Die Welt wird am 2. Mai so sein wie am 30. April." Studien gehen von 15.000 bis 25.000 Menschen aus, die neu in Österreich Arbeit suchen dürften. Dem stehen 100.000 neue Jobs gegenüber, die in Österreich voraussichtlich geschaffen werden, verglich Leitl. Außerdem habe Österreich einen "eklatanten" Fachkräftemangel, und schon in den nächsten drei bis vier Jahren werde sich der Rückgang bei jungen Menschen die auf den Arbeitsmarkt kommen mit einem Minus von 15 Prozent "dramatisch" auswirken. Österreich habe daher sicher kein Problem, wenn qualifizierte Arbeitskräfte ins Land kommen.

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