Album & interview

LaFee: Schlager-Comeback samt Falco-Duett

Musik
22.09.2021 06:00

„Heul doch“, „Prinzesschen“ oder „Beweg dein Arsch“ - Christina Klein aka LaFee eroberte als Teenie-Star vor 15 Jahren die Charts im deutschsprachigen Raum und wurde zum kantigen Sprachrohr einer ganzen Generation. Nach zehn Jahren Abstinenz aus dem Musikbusiness kehrt die heute 30-Jährige zurück. Mit dem Album „Zurück in die Zukunft“ gibt es jetzt eingedeutschte 80er-Cover-Versionen statt inhaltliches Verständnis für Teenager-Probleme. Falco statt Rammstein. Das geht nicht ganz kritiklos an ihr vorbei - im „Krone“-Interview gibt sie tiefere Einblicke in ihre Rückkehr und was noch alles zu erwarten ist.

(Bild: kmm)

„Krone“: LaFee, zehn Jahre nach deinem letzten Album erschien nun das Comeback-Werk „Zurück in die Zukunft“. Damit haben nicht mehr viele gerechnet. Wie kam es denn zu diesem Album?
LaFee:
 Ich habe mich damals aus dem Musikbusiness zurückgezogen, weil ich müde war und den Spaß an der Sache an sich verloren hatte. Ich musste mal durchatmen und erwachsen werden. Mit 15 ging es los und bis ich 19 war, habe ich das komplett durchgezogen. Ein Musikerkollege, der sehr lange im Geschäft war, hat mir gesagt: „Christina, wenn du irgendwann einmal merkst, dass du vor Auftritten nicht mehr aufgeregt bist, dann solltest du dir eine Auszeit nehmen“. Das habe ich gemacht und mich ohne groß Gedanken zu machen zurückgezogen. Ich habe gelebt, Erfahrungen gesammelt und bin mit meiner Familie viel gereist. Ich merkte dann aber, dass ich etwas in mir habe, das man hat oder nicht. Die tiefe und verbundene Liebe zu meiner Leidenschaft Musik. Zwischendurch war ich Schauspielerin in einer Serie und beim Musical, aber das hat mich nie so erfüllt wie das Singen. Die Musik erfüllt mein Herz mit Freude.

In der Musik sollte man so authentisch wie möglich sein, im Schauspiel spielt man bewusst eine andere Rolle. War der Umstieg für dich schwierig?
Eigentlich gar nicht, weil die Rolle Iva in „Alles was zählt“ der Christina, die ich bin, sehr ähnlich war. Der einzige Unterschied war, dass die Rolle oft fremdgeht und ich privat mein ganzes Herz in einer Beziehung in meinen Partner lege. Aber der Charakter, das freche Wesen und die Art, wie Iva ist, ist eins zu eins so, wie ich auch bin.

2004 im Alter von 13 ging es in Österreich beim „Kiddy Contest“ mit deiner Popularität los. Das muss man in dem Alter erst einmal alles verarbeiten. Wie hat sich das Berühmtwerden angefühlt?
Ich bin sehr behütet aufgewachsen und deshalb habe ich von bösen Dingen wie Hass nicht viel mitbekommen. Mein Team hat mich immer beschützt, während ich mein Ding machte. Alle haben sehr gute Arbeit geleistet, weil sie mich vom Negativen ferngehalten haben. Ich bin dankbar, dass ich so eine tolle Familie und tolle Freunde um mich habe. Einfach ein schönes Netzwerk an Menschen, die gute Voraussetzungen geschaffen haben, um mich in dieses Leben hinauszuschicken. 

Du hast dich in deiner Musik früher ernsten Themen wie sexuellem Missbrauch, Mobbing oder psychischen Krankheiten angenommen und damit einer ganzen Hörergeneration aus der Seele gesprochen. War dir damals schnell klar, Musik nur mit Botschaften?
Mir war es sehr wichtig, eine Botschaft in meinen Songs zu vermitteln. Ich hätte auch „Yippie-Ey-Yay, komm hol das Lasso raus“ singen können, aber ich fand es interessanter, als erste in einem so jungen Alter ernste Themen anzusprechen. Egal in welchem Alter du bist, beschäftigt dich immer etwas anderes. Ein 15-Jähriger hat andere Sorgen als ein 50-Jähriger. Deshalb kann jemand in einem etwas höheren Alter für die Masse singen, die weiter ist. Ich war dann das Sprachrohr der Jugend und habe über streitende Eltern und das erste Verliebtsein gesungen. Ich wollte da sein und für die anderen sprechen.

Du hast damals einen dunklen Look gewählt und wurdest mitunter als eine Mischung aus Shakira und einer Gothic Maus bezeichnet. Hat dich das gestört?
(lacht) Nein, ich fand das total lustig. Ich war wandelbar und das war das Schöne an dem Ganzen. Wenn ich früher Tüll anhatte und schwarz gekleidet war, hatte ich einen Rammstein-Look. Hatte ich ein rotes Kleidchen an, war ich Shakira. Ich konnte mit den Rollen spielen und so wurde es für niemanden langweilig.

Als du durchgestartet bist gab es VIVA, MTV und Downloads, heute haben wir Spotify, Instagram und TikTok. Ist es jetzt schwieriger, den aktuellen Trends zu folgen und sie zu bedienen?
Ich würde es nicht als schwieriger bezeichnen. Man muss einfach umdenken und mit der Zeit gehen. Es ist heute so wie es ist und das hat Vor- und Nachteile. Man muss offen für Neues sein, denn die Entwicklung, die wir auf der Welt mitmachen, müssen wir sowieso machen. Entweder ziehen wir mit, akklimatisieren uns und wachsen, oder wir bleiben stehen, feiern das Nokia 3210 und bleiben stur. Das ist auch in Ordnung, keine Frage, aber wenn du in dieser Zeit lebst und in den Medien stattfindest, sind moderne Mechanismen eher ein Geschenk. Früher gab es nicht die Möglichkeit, das Handy in die Hand zu nehmen und via Instagram einen Kontakt zu den Fans herzustellen, der bis ins Schlafzimmer geht. So kommen die Menschen an mich ran und ich entscheide ganz persönlich, wen und wie weit ich jemanden in mein Leben einlade. Das ist das Mindeste, dass man seinen Fans schuldet, wenn man als Person der Öffentlichkeit im Rampenlicht steht. So schenkt man Anerkennung und Aufmerksamkeit.

(Bild: Andreas Graf)

Lässt sich die alte LaFee mit der musikalisch neuen LaFee künftig bei Livekonzerten überhaupt verknüpfen oder musst du dir was ganz Neues überlegen?
Die, die das neue Album gekauft haben, wissen, dass Songs bei „Zurück in die Vergangenheit“ von damals als Teil der Fanbox erhältlich sind. Da sind fünf Songs drauf, die aus meiner alten LaFee-Zeit sind. Das gehört zu mir dazu, damit bin ich groß geworden und das hat mich bekannt gemacht. Musik kommt aus dem Herzen, deshalb ist es ganz egal, aus welcher Richtung es kommt. Am Ende des Tages kommt alles aus einem Mund.

Der Albumtitel „Zurück in die Zukunft“ ist wohl nicht ganz zufällig an die Filmreihe mit Michael J. Fox angelehnt?
(lacht) Tatsächlich ist das nicht zufällig so, aber es gibt auch einen anderen Grund. Ich hatte schon mal eine lange Zeit, in der ich präsent war. Dann war ich weg und jetzt bin ich wieder da. So hat sich der Albumtitel aus der damaligen Sicht gut ergeben. Jetzt ist die Zukunft schon die Gegenwart, aber so verbinden sich alle Phasen meiner Karriere.

Es gibt darauf ein paar neue Songs, aber hauptsächlich Covernummern von Alphaville, Falco, Whitney Houston oder A-Ha. Was macht denn die 80er-Jahre so besonders für dich?
Ich bin mit dieser Musik groß geworden, auch wenn ich 1990 geboren wurde. Meine Familie war immer sehr musikalisch und es lief die ganze Zeit Vinyl. Michael Jackson, Whitney Houston, Madonna - ich verbinde damit eine schöne und sorgenfreie Zeit. Bei meinen Eltern bin ich von allem geschützt und deshalb war es klar, die 80er zu wählen. Außerdem können sie auf die besten Hits vorweisen.

So kannst du als Jahrgang 1990 also den Song „1985“ singen. Im Gegensatz zu den Alben der ersten LaFee-Phase wolltest du nun bewusst raus aus dem Alltag und bietest mit den ungezwungenen Songs eine Fluchtmöglichkeit an.
Musik ist ein Medium, das Menschen verbindet, aber auch Erinnerungen wieder hervorholt. Dadurch, dass ich die 80er-Songs gewählt habe, habe ich für die ältere Generation das Aufwachen der alten Erinnerungen wiedergeschaffen und den Jungen eine Möglichkeit gegeben zu sehen, dass dieses Jahrzehnt richtig cool war. Ich habe die Songs auf Deutsch eingesungen und auf meine eigene Art und Weise interpretiert. Besser geht es nicht, weil es direkt ins Herz geht.

Die 80er sind ein Füllhorn an großen Songs und Hits. Wie hast du am Ende gewählt, was auf dem Album landete?
Ich habe die Songs nach meinem Herzen gewählt und es sind ausnahmslos alle drauf, die ich haben wollte. Jeder Song hat eine Geschichte, die in meiner Vergangenheit liegt, es ist nichts zufällig gewählt. Nur so kann ich das Gefühl der Bedeutung weitergeben. Ich hoffe, dass alles verständlich angekommen ist, sonst würde ich auch nicht das viele tolle Feedback dafür bekommen.

Welche Geschichte steckt denn hinter „Rock Me Amadeus“ von Falco?
Damit bin ich groß geworden. Mit Falco habe ich mich schon sehr früh beschäftigt. Er hat immer polarisiert und LaFee hat auch früh polarisiert. Dass der Song schlussendlich auf dem Album landete, hat sehr lang gedauert. Ich habe ihn nicht einfach nur gepickt, um ihn zu covern. Es ist der einzige Song am Album, der ein Duett ist. Es ist Falcos originale Stimme und die Rechte dafür zu kriegen, hat lange gedauert. Die Erbengemeinschaft musste erst alles freigeben und der komplette Prozess von der Erstidee bis zur Umsetzung hat etwa zwei Jahre gedauert. Mein Produzent und ich standen in sehr engem Kontakt mit der Erbengemeinschaft, aber dann wirklich das „Go“ zu bekommen, war extrem schön.

Deine Version des Songs stößt nicht nur auf Jubel. Viele sehen dahinter Leichenfledderei oder Entehrung einer Legende. Wie entgegnest du diesen kritischen Stimmen?
Ich entgegne den Menschen mit einem großen Lachen. Jeder, der das falsch versteht, hat nicht richtig zugehört. Jeder der denkt, ich würde Falco damit keine Ehre erweisen, hat es falsch verstanden. Wenn man darüber nachdenkt, müsste man verstehen, dass es eine Hommage ist. Meine kleine Nichte ist fünf Jahre alt und hat überhaupt keinen Bezug zu Falco. Aber sie singt zuhause „Rock Me Amadeus“ und das habe ich durch den Song geschafft. Wenn ich darüber nachdenke, dann freut mich das extrem. Ich trage den Song mit Stolz nach außen und auch mit dem Wissen, dass das Thema nur positiv behaftet ist. Die Einnahmen dieses Songs gehen eins zu eins in die Stiftung von Falco, die wiederum Nachwuchskünstler unterstützt. Ich verdiene keinen Cent mit dem Track. Ich habe den Song mit reiner Seele, Respekt und Leidenschaft gemacht. Es geht nicht darum, etwas besser zu machen.

Hast du auch versucht, andere Gastsänger oder Interpretinnen aus den Originalsongs zu gewinnen?
Wir haben den Song „When The Rain Begins To Fall“, der eine leichte Verbindung in die Vergangenheit hat. Im Original singt ihn Jermaine Jackson mit Pia Zadora. Im Deutschen hat ihn vor mehr als 20 Jahren Costa Cordalis mit einer deutschen Sängerin gesungen - auf Deutsch. Und ich habe mir jetzt dafür seinen Sohn Lukas ausgesucht. Er ist ein wundervoller Mensch und singt großartig. Um die Originalinterpreten ging es nie. Ich wollte nicht eins zu eins covern, sonst hätte ich es auf Englisch gemacht. Auf meine Art und Weise verschob es aber Grenzen.

(Bild: Andreas Graf)

Kriegst du nun Lust darauf, ein richtiges Album mit brandneuen Songs nachzuschießen?
Für mich war es in Ordnung, fünf eigene Songs auf diesem Album zu haben. Ich will die Menschen ranführen an meine Weiterentwicklung und daran, dass ich einen anderen Musikgeschmack entwickelt habe. Es gibt so viele Songs, die noch nicht nach außen getragen oder auf eine andere Art und Weise performt wurden. Musik kennt keine Grenzen und ich lasse alles auf mich zukommen und schaue, wie sich alles ergibt.

Es könnte also demnächst auch ein Album mit eingedeutschten 90er-Coverversionen folgen?
Könnte genauso passieren, aber das Spiel mit der Zeit weiter zurück ist viel interessanter. Also in die 70er- und 60er-Jahre zurückzugehen. Ich will eher diese Songs, die noch nicht jedes Kind kennt, zum Leben zu erwecken und sie auf Deutsch einer neuen Generation zuträglich zu machen.

Willst du dich damit von deiner ersten großen LaFee-Zeit distanzieren? Weil auf „Zurück in die Zukunft“ ja doch ein bisschen die Botschaften von früher fehlen.
Ich habe auf dem Album einen Song namens „Drei Millionen Likes“, wo es um die Oberflächlichkeit in den sozialen Medien geht. Ich singe immer noch Nummern mit einer Message. Primär war mir aber wichtig nicht zu sagen, dass alles schlimm ist. Das sieht derzeit jeder mit eigenen Augen und ich will als Musikerin lieber eine Insel schaffen, um davon abzulenken. Ich will die Leute nicht noch weiter runterziehen. Musik sollte einen glücklich machen und gerade jetzt ist Musik bei mir etwas Positives, wo Ernsthaftigkeit nicht ausgeschlossen ist. In „Drei Millionen Likes“ geht es darum, seinen Wert zu kennen und zu sich zu stehen. Das ist aktuell eine schönere Message als zu sagen, alles auf der Welt wäre ganz schlimm und man solle lieber gleich aufhören.

Social-Media-Plattformen sind Fluch und Segen zugleich. Überwiegen für dich die Vorteile oder würdest du es manchmal auch gerne einfach sein lassen?
Ganz ehrlich? Ich genieße es, das Medium nutzen zu können, um meinem Team von LaFee-Fans zu zeigen, was in meinem Leben passiert. Besser, direkter und ungefilterter als dort geht es nicht mehr. Ich bestimme selbst, was ich zeige und was nicht. Für mich sind Social-Media-Plattformen ein Geschenk. Meine Community nimmt mir aber auch nicht übel, wenn ich mal einen schlechten Tag habe und nichts poste. Man muss das aber auch offen kommunizieren.

Ein bisschen verwundert, dass du den Namen LaFee behalten hast, obwohl zehn Jahre vergangen sind und weder Musik noch Inhalte wirklich was mit deinen damaligen Songs zu tun haben.
Ich wollte immer mit LaFee weitermachen. Es gab schon Diskussionen, wie es nach zehn Jahren weitergehen sollte, aber für mich war es schnell klar. Der Name hat eine Geschichte und die Geschichte bin ich. Ich trage sie mit mir. Ich bin happy über all das, was in meinem Leben passiert ist und deshalb muss ich diese Vergangenheit nicht tilgen. Ich bin ich und ich bin glücklich. Ich kann mich zu 100 Prozent damit identifizieren, was ich früher gemacht habe.

Im besten Fall wirst du Vergangenheit und Gegenwart zukünftig in Livekonzerten bündeln…
Hoffentlich! Mein größter Wunsch wäre es, irgendwann wieder live zu spielen und ein Lachen zu sehen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie viel es mir bedeutet, Menschen ohne Maske zu sehen. Man hat sich so an dieses Bild gewöhnt, dass man keine Mimik erkennt. Da wird einem bewusst, dass kleine Dinge im Leben viel mehr Wert bekommen sollten. Ich freue mich auf den Moment, wo wir alle zusammen auf Festivals wieder Party machen. Die Fans im Graben, ich auf der Bühne und alle haben eine geile Zeit. Man geht durchgeschwitzt nach Hause und erinnert sich schön an den Auftritt zurück.

Wirst du auch weiterhin schauspielern oder steht dieses Kapitel jetzt erst einmal hintenan?
Wenn du etwas machen willst, dann mach es zu 100 Prozent - das ist meine Lehre. Man kann sich nur auf eine Sache komplett fokussieren. Einen Film drehen, ein Album machen und in einer Serie spielen geht nicht gleichzeitig. Jetzt konzentriere ich mich voll und ganz auf die Musik und bin für alles offen, was die Zukunft bringt. Ich schließe meine Türen nie, denn dafür liebe ich alles, was ich mache, viel zu sehr.

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