Dominoeffekt in EU?
Debatte in Italien: 80% Quote, sonst Impfpflicht
Italiens Politik diskutiert derzeit über die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht. Premier Mario Draghi stellte diese in Aussicht, sollten bis Ende September nicht 80 Prozent der Bevölkerung geimpft sein. Sein Vorstoß löste innerhalb seiner Regierungskoalition heftige Debatten aus, rechte Parteien lehnen eine Impfpflicht ab, linke Parteien sind dafür. Setzt sich diese Lösung durch, könnte das einen Dominoeffekt innerhalb der EU auslösen.
Matteo Salvini sprach sich etwa weiter klar gegen die Einführung einer Impfpflicht aus. „In keinem anderen europäischen Land besteht ein Impfzwang“, warnte der Lega-Chef. Die Pflicht gilt bereits für das Gesundheitspersonal. In Italien wird auch über die Möglichkeit diskutiert, ab Herbst eine dritte Dosis für ältere und gebrechliche Menschen zu ermöglichen.
Sozialdemokraten und Mitte-Links-Kraft für Impfpflicht
Für eine allgemeine Impfpflicht sprachen sich die Sozialdemokraten und die Mitte-Links-Kraft Italia Viva aus, die ebenfalls der Regierungskoalition angehören. Zur Info: Seit dem 13. Februar gibt es in Italien eine Allparteienregierung unter Draghis Führung. Auch Salvinis Lega gehört dieser Regierungskoalition an.
Salvini trotz Impf-Differenzen: „Werden in der Regierung bleiben“
Salvini bestritt unüberbrückbare Differenzen mit den verbündeten Sozialdemokraten. „Wir sind in der Regierung und werden dort bleiben, um den Italienern aus der sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Notlage zu helfen. Wir arbeiten an der Umsetzung aller notwendigen Reformen“, sagte er.
Rechtspartei: „Salvini hat recht“
Auch die Chefin der oppositionellen Rechtspartei Fratelli d‘Italia (Brüder Italiens), Giorgia Meloni, sagte, sie stelle sich auf die Seite der Lega und lehne eine Impfpflicht ab. „Ich glaube, Salvini hat recht, eine vernünftige Position zu vertreten, die wir mittragen und die von der Mehrheit der europäischen Länder geteilt wird“, erklärte die Politikerin.
Draghi knüpft Impfpflicht an eine Bedingung
Draghi hatte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz bejaht, dass er sich vorstellen könne, eine allgemeine Impfpflicht einzuführen. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass die europäische und die italienische Arzneimittelagentur die Impfstoffe nicht mehr als Notfall-Arznei mittels Notfallzulassung, sondern vollständig zulassen. Der Chef der Sozialdemokraten, Enrico Letta, begrüßte die Aussage Draghis.
Debatten auch um Ausweitung des Grünen Passes
Die italienische Regierungskoalition streitet aktuell auch über die Ausweitung der Corona-Zugangsbeschränkungen. Die Lega stimmte am Mittwochabend in einem Ausschuss der Abgeordnetenkammer in Rom gegen die Umwandlung eines Dekrets, durch das der verpflichtende Grüne Pass auf viele Bereiche ausgeweitet wird. Im Ministerrat hatten die Lega-Minister Ende Juli noch für die Regierungsmaßnahmen gestimmt. Zuletzt hatte Salvini jedoch immer wieder Kritik an der Pflicht zum Grünen Pass geübt. Die Kehrtwende sorgte für heftige Kritik bei den Koalitionspartnern.
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Corona-Regeln in Italien seit Mittwoch wieder schärfer
In Italien gelten seit Mittwoch verschärfte Corona-Regeln. Wer mit Fernbussen oder im Bahnverkehr mit Hochgeschwindigkeits- sowie Intercity-Zügen reist, braucht einen Nachweis, dass er gegen Covid-19 geimpft, genesen oder negativ getestet ist. Für den öffentlichen Nahverkehr ist dies nicht nötig.
Lehrern ohne Test droht Kündigung
Weitere Regeln gelten für das neue Schuljahr. Das Schulpersonal darf nur mit dem Grünen Pass zur Arbeit kommen - auch diese Regelung sorgt für Kontroversen. Wer sich nicht impfen lassen kann, bekommt kostenlose Corona-Tests. Ansonsten sind diese in Italien in der Regel kostenpflichtig. Dem Schulpersonal ohne Grünen Pass kann damit die Kündigung drohen, wenn sie länger als fünf Tage ohne Grund fehlen. An den Universitäten gilt die Nachweispflicht für Studierende und alle, die dort arbeiten, also Menschen in der Lehre oder Forschung.
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