Neues Buch

Geschichten der Straße: Im Mietwagen durch Wien

Wien
22.08.2021 07:56

Für „Ein Leben voller Abzweigungen“ hat sich „Krone“-Redakteur Robert Fröwein auf die Rückbank von Mietwagenfahrern gesetzt und den Erzählungen ihres Lebens gelauscht - und lernte dabei seine Heimat neu kennen.

„Das nackte Urteil für eine ganze Zunft. 4,6 Sterne Durchschnittsbewertung. Doch hinter dieser Zahl steckt die Existenz eines Menschen. Völlig egal, woher er kommt, wie er heißt, welche Geschichte er hat." Was passiert für gewöhnlich, wenn Sie in ein Taxi steigen und von A nach B fahren? Sie nützen die Zeit, um E-Mails abzuarbeiten. Sie telefonieren mit Ihren Liebsten. Oder Sie nehmen sich ausreichend Zeit, um mit Ihrem Gegenüber eine Unterhaltung zu beginnen.

Vom Begleiten
Was ist die Heimat meines Fahrers? Wie definiert sich Heimat überhaupt? Musste er als Kind Hunger leiden? Ist Österreich wirklich ein gelobtes Land und Wien sein süßes Herz? Welche Träume, Wünsche und Sehnsüchte begleiteten den Menschen, der nun mich ein kleines Stück auf meinem Lebensweg begleitet.“

Im Herbst 2020 begann ich meine Uber-Fahrten mit dem Diktiergerät aufzuzeichnen und habe schnell gemerkt, dass sich manche Klischees bestätigen. Mietwagenfahrer sind nur selten geborene Österreicher. Es gibt so gut wie keine Frauen, was vor allem an den vielen Nachtdiensten und am mangelnden Sicherheitsgefühl liegt. Jeder erzählt seine eigene Geschichte, die tief berührt oder manchmal auch schlichtweg amüsiert. Taxler und Mietwagenfahrer saugen die Stimmung in der Gesellschaft wie ein Schwamm auf und erleben einen bunten Querschnitt der Bevölkerung, wie es bei fast keinem anderen Beruf der Fall ist. Was sie alle eint, ist eine spannende Vergangenheit.

Harte Lebensrealität
Türsteher, Autohändler, Bauarbeiter oder Flüchtling - zum Mietwagenfahrer wird man nicht geboren, sondern ausgebildet. Für die einen ist der Job ein notwendiges Übel, um die Familie über Wasser halten zu können, für andere die letzte Chance, sich den geschundenen Körper nach Jahrzehnten als Bauarbeiter nicht gänzlich zu ruinieren. Ich wollte nicht nur herausfinden, welche Erlebnisse die Fahrer mit ihren Kunden haben, sondern was sie zum Job brachte und wie ihre Lebensrealität inmitten einer Corona-Pandemie und unter schwierigen finanziellen Umständen aussieht.

„Was bedeutet es, eine bewegte Geschichte zu haben, die kaum jemand hören will?“ Goran wurde zum selbstständigen Sub-Unternehmer, nachdem eine hartnäckige Verletzung eine angehende Karriere als Profi-Fußballer verhinderte. Shukran erzählt vom vermeintlich Verpönten - dass man als gestandener Taxifahrer mit 25 Jahren Berufserfahrung dazulernen und die Veränderungen im Mietwagengewerbe positiv mittragen kann. Die Fahrer begegnen mir freundlich und offen. Sie scheuen auch nicht davor zurück, von ihrer kriminellen Vergangenheit oder einer lebensverändernden Flucht aus ihrem Herkunftsland zu erzählen.

Neuer Blickwinkel
Ungeschönt und lebensnah. Nicht immer leicht zu verdauen, aber zu 100 Prozent authentisch. Ich habe nicht nur die Fahrer und ihre Geschichten kennengelernt, sondern auch einen neuen Blick auf die eigene Heimat erlernt. Einen Blick durch jene Augen, denen Leid nicht fremd ist. Die nun in Österreich mit Feindseligkeiten und Unverständnis konfrontiert sind, sich aber auch ein Leben in Frieden und mit einer hoffnungsvollen Zukunft aufbauen können.

Hinter einer 4,6-Sterne-Bewertung steckt immer die Existenz eines Menschen. Und jede Existenz verdient es, gehört zu werden."

Nun erhältlich
„Ein Leben voller Abzweigungen“ erscheint am 23. August im Leykam Verlag. Erhältlich ist das Buch u.a. auf der Homepage des Leykam-Verlags oder auf Amazon.

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