Keine Regierung

Belgien stellt mit Regierungskrise Weltrekord auf

Ausland
17.02.2011 09:20
Die Regierungskrise in Belgien schlägt alle Rekorde: Das Königreich ist bereits seit acht Monaten ohne politische Führung, Lösung ist immer noch keine in Sicht. Damit übertrumpft das Königreich, das als Hauptsitz von Europäischer Union und NATO dient, sogar den Irak, der im Dezember nach 249 Tagen ohne Regierung eine Einigung zwischen Kurden, Schiiten und Sunniten gefunden hat.

Belgische Studenten haben deshalb am Donnerstag zu einer "Pommes-Frites-Revolution" geblasen, um einen tristen Weltrekord zu begehen. Insgesamt rund 5.000 meist junge Leute gingen nach Angaben der Organisatoren in Brüssel, Gent und Löwen auf die Straße. Sie standen Schlange, um eine Portion Gratis-Pommes zu ergattern.

"Pommes Frites" war auch der Hauptslogan, denn diese gelten als eines der wenigen Symbole eines geeinten Belgiens, das de facto in zwei Gebiete mit flämischen und französischsprachigen Bürgern geteilt ist. In Gent folgten junge Männer und Frauen einem Aufruf zum Striptease. "Flämische und wallonische Studenten haben die gleichen Körper. Wir sind es leid", sagte die 19-jährige Stien Van Vytvenet. Auch Flashmobs, bei denen plötzlich Menschenmengen an einem per Internet oder Handy verabredeten Platz zusammenströmen, waren angesetzt.

Land seit April 2010 in der Krise
Tatsächlich steckt Belgien, das den Hauptsitz der Europäischen Union und das NATO-Hauptquartier beherbergt, schon seit April 2010 in der Krise, als die Koalition unter Yves Leterme am Streit zwischen flämischen und französischsprachigen Belgiern zerbrach.

Nach den Wahlen im Juni blieben alle Anläufe für eine neue Regierung und die damit zusammenhängende Staatsreform erfolglos. König Albert II. (im Bild) ernennt seit Monaten immer neue Vermittler, nur um sich hinterher von ihrem Scheitern berichten zu lassen. Derzeit bemüht sich Finanzminister Didier Reynders um eine Lösung.

Aufgrund vieler unterschiedlicher Ansichten scheiterten bislang alle Gespräche. Hauptstreitpunkte sind die künftige Machtfülle der Gliedstaaten und die Finanzen, der Status der Hauptstadt Brüssel und die Minderheitenrechte von Frankophonen in Flandern.

Senatorin fordert von Frauen "Sex-Streik"
Genervt von der Blockade gingen bereits Ende Jänner über 30.000 Menschen in Brüssel auf die Straße. Einen originelleren Protest veranstaltete der Schauspieler Benoit Poelvoorde. Er rief die Männer auf, sich bis zu einer neuen Regierung nicht mehr zu rasieren. Die Senatorin Marleen Temmerman zog nach und forderte von ihren Geschlechtsgenossinnen einen "Sex-Streik". Nach dem Muster der antiken Komödie Lysistrata sollte so der Druck auf die Männer wachsen.

Doch die Zeichen stehen weiter auf Halt. Der Chef der wichtigsten flämischen Partei NVA Bart De Wever wiederholte am Mittwoch im Fernsehen sein Credo: "Wenn wir seit 249 Tagen keinen Erfolg haben, dann weil wir in zwei verschiedenen Ländern leben, wir denken über alle Gegenstände unterschiedlich", sagte De Wever.

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