EM-Geheimtipp Italien

Der Mancini-Faktor: 29 Spiele ohne Niederlage

EURO 2020
17.06.2021 11:56

Mit einem 3:0-Sieg über die Schweiz hat Italien seinen Ruf als gar nicht so geheimen Titelkandidat bei der Fußball-Europameisterschaft gefestigt. Bei nunmehr 29 Spielen ohne Niederlage hält die von allen Seiten gelobte „Squadra Azzurra“ von Roberto Mancini, der Aufstieg ist Achtelfinale ist bereits fix. Auch der Trainer untermauert damit seinen Ruf als Wunderheiler, der seine Mannschaften fast immer, nachdem er übernommen hat, besser macht - und Titel gewinnt.

Zwei Siege und 6:0 Tore - so lautet die bisherige beeindruckende Ausbeute des viermaligen Weltmeisters, der seine Spiele in der Gruppe A vor überwiegend heimischem Publikum in Rom austrägt. „Man muss so ein Spiel erst einmal spielen und gewinnen“, lobte Mancini, dessen Team wie schon zum Auftakt gegen die Türkei hochüberlegen war. Manuel Locatelli, der zweimal traf, und Ciro Immobile erzielten am Mittwochabend im Stadio Olimpico die Tore. Die Italiener selbst mussten in den jüngsten zehn Partien keinen Gegentreffer einstecken.

Remis würde reichen
Gegen Wales geht es nun am Sonntag um den Gruppensieg, dafür würde schon ein Remis reichen. „Aber wir spielen, um zu gewinnen“, stellte Mancini klar. Seine Mannschaft sieht er noch lange nicht auf Augenhöhe mit anderen. „Bei dieser EM gibt es Mannschaften wie Frankreich, Portugal, Belgien, die sind Weltmeister, Europameister oder Weltranglisten-Erster. Sie haben sich über die Jahre entwickelt und haben uns einiges voraus“, urteilte er. „Meiner Meinung nach hat die Mannschaft noch enormes Potenzial, sich zu verbessern.“

Niemand siegte öfter, außer bei Intermezzo 1966-67
Es scheint, als hätte der 56-jährige mit dem Nationaltrainer-Job seine Berufung gefunden. Im Mai 2018 hat der Mann aus der Provinz Ancona den Posten übernommen, davor hatte Italien unter Gian Piero Ventura die Qualifikation für die WM in Russland im selben Jahr verpasst. Wie sich die Mannschaft unter seiner Führung gesteigert hat, ist verblüffend. Kein Trainer in der Verbandsgeschichte - abgesehen von einem Vier-Spiele-Intermezzo 1966/67 des Duos Helenio Herrera und Ferruccio Valcareggi - hat eine höhere Siegquote als Mancini, der knapp drei Viertel seiner Partien an der Seitenlinie gewonnen hat.

Und die Spiele sind für die Fans keine Tortur mehr, sie sind beste Unterhaltung. Wenn es die Italiener früher bei einem 1:0 gut sein ließen, gewinnen sie heute 3:0 oder noch höher. 37 Tore schossen sie in der Qualifikation, nur Belgien traf häufiger. Interessant ist auch, dass Mancini die Mannschaft nur punktuell verändert hat. Sieben Spieler seiner präferierten ersten Elf gehörten auch schon zur 2017 gescheiterten Truppe: Giorgio Chiellini, Leonardo Bonucci (beide im Bild oben), Alessandro Florenzi, Marco Verratti, Jorginho, Ciro Immobile und Lorenzo Insigne (Anm.: Verratti und Florenzi sind aktuell nicht fit).

Einfaches System
Was ist es also, das den ehemaligen Meistertrainer von Inter Mailand und Manchester City auszeichnet? Mancini inszeniert sich nicht als taktisches Genie, der das System wechselt wie die Unterwäsche. Er tritt nicht als Guru auf, der seine Spieler mit seinen Ideen überfordert. In taktischer Hinsicht presst das italienische Nationalteam hoch, spielt enorm schnelle und sichere Pässe, hat so viel Ballbesitz und stürmt über die Flügel.

Erwiesen ist auch, dass der ehemalige Stürmer und Mittelfeldakteur schon als Spieler bei Sampdoria und Lazio für seine Führungsqualitäten und sein Charisma bekannt war. Nicht selten, dass Mancini in der Pause anstelle des Trainers die Kabinenpredigt hielt. Seine ersten Trainerstationen bei Fiorentina und Lazio waren gleich von Erfolg gekrönt, beide Vereine führte er zum Cupsieg.

Funktionierte nicht überall
Es ist aber bei weitem nicht so, dass Mancini überall funktioniert hätte. Gescheitert ist er bei Galatasaray Istanbul (2013/14), während seiner zweiten Inter-Amtszeit (2014-2016) und bei Zenit St. Petersburg (2017/18). Insofern war es für den italienischen Verband FIGC durchaus ein Wagnis, ihm die Verfügungsgewalt über „La Nazionale“ auszuhändigen. Bei seinem Amtsantritt hatte Mancini nicht das Blaue vom Himmel versprochen („Es wird nicht leicht“), doch mit jedem Sieg brachte er die Mannschaft und das Land mehr hinter sich. Dermaßen geeint soll nun bei der EM noch eine weite Reise bevorstehen.

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(Bild: KMM)



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