Vorarlberg spricht

„Ich würde lieber schöne Feste organisieren“

Vorarlberg
18.04.2021 09:55

Der parteilose Hörbranzer Bürgermeister Andreas Kresser spricht im „Krone“ Interview über Krisenmanagement in Zeiten von Corona, die Bedeutung von Antigentests und die Herausforderungen des Amtes.

Krone: Herr Kresser, Sie wurden Ende September zum Bürgermeister gewählt. Hätten Sie sich Ihren Job so vorgestellt?
Kresser: Im vergangenen Sommer hatte ich - wie alle - die Hoffnung, dass alles wieder gut wird. Doch leider haben die Virologen Recht behalten. Corona dominiert den Alltag. Natürlich würde ich lieber schöne Veranstaltungen und Feste organisieren als Teststraßen einrichten.

Was war bisher die größte Herausforderung?
Das kann ich gar nicht dezidiert sagen. Jeder Tag bringt neue Herausforderungen. Neben Corona laufen noch Gespräche in Sachen Salvatorkolleg, das mit Jahresende von den Patres verlassen wird.

Wie ist der aktuelle Stand der Dinge?
Da ist noch vieles offen. Ich bin in Gesprächen mit dem Eigentümer, dem Provinzial der Salvatorianer. Seitens der Gemeinde möchten wir keine dichte Wohnbebauung an diesem Standort, sondern gemeinsam etwas entwickeln.

Ist der Kauf durch die Gemeinde eine Option?
Es ist alles offen. Ich bin auch mit Vertretern des Landes in Kontakt. Mein Wunsch wäre, gemeinsam im Rahmen einer Projekt- und Strukturentwicklungsgenossenschaft die Flächen zu sichern, zu entwickeln und einer nachhaltigen Nutzung zuzuführen. Das ganze Leiblachtal soll davon profitieren. So eine Chance sollte eine Gemeinde nicht aus der Hand geben, wenn es irgendwie möglich ist.

Ihre Zusammenarbeit mit der ÖVP-dominierten Landesregierung wirkt sehr harmonisch. Welche Rolle spielt Parteizugehörigkeit für Sie?
Es geht um einen Wettbewerb der besten Köpfe und Ideen. Das habe ich immer schon gesagt. Auf meiner Liste sind Menschen, die etwas weiterbringen wollen. Nach der Clusterbildung habe ich verstärkt mit den Regierungsmitgliedern der ÖVP zusammengearbeitet. In solchen Zeiten ist es wichtig, dass man die Dinge sachlich in einem Miteinander angeht.

Streben Sie andere politische Aufgaben an?
Nein, das habe ich nicht vor. Wobei ich vor zwei Jahren auch gesagt habe, dass ich nie Bürgermeister sein werde. Als ein Arbeitskollege mal zu mir gesagt hat, dass ich dieses Amt übernehmen sollte, habe ich ihn ausgelacht. Heute lacht er über mich.

Sie hatten das Cluster ja schon angesprochen. Wie haben Sie dieses so schnell entdeckt?
Da muss ich ganz klar sagen: Tausend Dank an unseren Gemeindearzt Dr. Arno Trplan. Er hat mich erstmals am Samstag kontaktiert, bis Sonntagmittag hatte er 15 Fälle zugeordnet. Da war klar, dass wir handeln und die Kindergärten schließen müssen.

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Tausend Dank an unseren Gemeindearzt Dr. Arno Trplan. Er hat mich erstmals am Samstag kontaktiert, bis Sonntagmittag hatte er 15 Fälle zugeordnet. Da war klar, dass wir handeln und die Kindergärten schließen müssen.

Bürgermeister Kresser

Und dann haben Sie Landeshauptmann Markus Wallner angerufen?
Ich habe das Infektionsteam und die Bezirkshauptmannschaft kontaktiert. Der Landeshauptmann hat mich am Dienstagmorgen angerufen und gefragt: „Was hast denn Du da draußen?“ Am Mittag sind wir zusammengekommen, haben die Lage besprochen und Maßnahmen eingeleitet, etwa die Ausreisetests.

Erste Schritte hatten Sie aber schon am Sonntag gesetzt, oder?
Ja. Die Eltern wurden angeschrieben und über die Schließung sowie Testmöglichkeiten informiert. Dann habe ich die Mitglieder des Testteams angerufen und sie gebeten, eine Stunde vor dem normalen Testbetrieb zu kommen, damit Eltern und Kinder getestet werden können.

Wie groß war das Verständnis der Bevölkerung für die Maßnahmen?
Es ist gut mitgetragen worden. Die Menschen haben gesehen, was alles möglich ist. Über Nacht wurde eine Teststation aufgebaut mit einer Kapazität von 5000 Tests am Tag. Gut, mit der Einführung der Ausreisetests ist es am ersten Tag zu brutalen Staus gekommen. Da waren einige dann natürlich schon verärgert.

Verantwortlich für das Cluster soll eine Kindergärtnerin sein, die auf einer Demo war, heißt es.
Ich weiß, dass dieses Gerücht im ganzen Land umhergeht. Es hält sich hartnäckig. Wer wirklich weiß, welche Gemeindebedienstete in Wien war und das Virus eingeschleppt hat, möge sich bitte bei mir melden. Komischerweise konnte mir zu den Vorwürfen bislang niemand etwas Konkretes sagen.

Wie sehen Sie grundsätzlich den Modellversuch Vorarlberg?
Wenn die Menschen mitmachen und verantwortungsvoll handeln, dann kann so etwas funktionieren. Ganz verhindern lässt es sich ja nicht, dass die Leute zusammenkommen. Meistens sind es ja private Feiern, die zu den Clustern führen. Ich finde es gut, dass wir - solange es möglich ist - die Modellregion erhalten. Solange es genügend Testmöglichkeiten gibt, kann man sicher auch Vieles abfangen.

Wie sieht es in Hörbranz mit Testmöglichkeiten aus?
Gut. Als die Friseure wieder geöffnet haben, habe ich einen Aufruf gestartet und nach medizinischem Personal gesucht, das Antigentests durchführen kann. Da haben sich tatsächlich 25 Fachkräfte gefunden. Das zeigt den unglaublichen Zusammenhalt bei uns in der Gemeinde.

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Das Freiwilligen-Team ist inklusive Hilfskräfte auf knapp 100 Personen angewachsen. Ich helfe regelmäßig auch selbst mit.

Bürgermeister Kresser

Auch nicht-medizinisches Personal wird bei der Teststation benötigt. Sie sind auch aktiv dabei?
Das Freiwilligen-Team ist inklusive Hilfskräfte auf knapp 100 Personen angewachsen. Ich helfe regelmäßig auch selbst mit. Die Bevölkerung ist sehr dankbar, dass sich so viele Freiwillige gefunden haben. Während der Ausreisetest-Phase konnten wir sogar an drei Abenden in Lochau aushelfen. Das ist wirklich gelebte Nachbarschaftshilfe.

Persönliches:
Andreas Kresser (geb. 1985) wurde in der Bürgermeisterdirektwahl im Herbst zum neuen Gemeindeoberhaupt von Hörbranz gewählt. Er löste Langzeitbürgermeister Karl Hehle (ÖVP) ab. Kresser gehört keiner Partei an und kandidierte für die Liste TOP (Transparent.Offen.Parteiunabhängig). Vor seinem Jobwechsel war er als Verwaltungsexperte und Verhandlungsleiter in der Abteilung Wirtschaft und Umweltschutz der Bezirkshauptmannschaft Bregenz tätig. Zu seinen Hobbys zählen Theaterspielen, Skifahren sowie ehrenamtliche Tätigkeiten.

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