Verfahren beantragt

Kovats-Konzern A-Tec Industries insolvent

Österreich
21.10.2010 12:44
Die A-Tec Industries des Industriellen Mirko Kovats hat ein Insolvenzverfahren beantragen müssen, nachdem Verhandlungen über die Verlängerung eines Kreditrahmens gescheitert waren. Es sieht ein Sanierungsverfahren vor, dessen vorrangiges Ziel das Überleben des Unternehmens ist. Die Tochterfirma Austrian Energy&Enironment ist von der Insolvenz derzeit nicht direkt betroffen, allerdings soll das Unternehmen Umstrukturierungsmaßnahmen unterzogen werden.

In einer Pressekonferenz am Mittwochabend machte Kovats teilweise fremdverschuldete Probleme in der bisherigen Vorzeigedivision Austrian Energy&Enironment (AE&E) für die Insolvenz verantwortlich. "Sie können mir glauben, es freut mich nicht, hier sitzen und das ankündigen zu müssen, aber es muss sein", sagte der merklich angeschlagene 66-Prozent-Eigentümer des Mischkonzerns.

"Unser wichtigstes Ziel ist es, das Unternehmen zu erhalten." Die Insolvenz betreffe nur die börsennotierte A-Tec Industries AG, für die vier operativen Divisionen (AE&E, ATB, Maschinenwerkzeuge, Kupferverarbeitung) sei weder eine Insolvenz beantragt worden, "noch ist dies geplant", sagte er.

"Verschlankung" trotz Umsatzrekord
Allerdings werde bei der AE&E "eine Restrukturierung im Sinne von Verschlankung und Effizienzsteigerung stattfinden müssen". Kovats hatte vor wenigen Tagen (temporär) auch den Posten des Geschäftsführers der Anlagenbau-Tochter übernommen.

Die AE&E hatte noch im Krisenjahr 2009 einen neuen Rekord bei Umsatz und Auftragseingängen vermeldet. Zuletzt waren die Orders aber eingebrochen und zwei Kraftwerksprojekte in Australien drohen, "horrende Verluste" (Kovats) zu verursachen.

Klage gegen Kunden
Kovats kündigte eine Klage gegen einen Kunden an, den er für den Schritt vom Mittwoch mitverantwortlich macht. Seiner Darstellung nach hat die Australien-Tochter des chinesischen Staatsunternehmens CITIC den Auftrag über ein mittlerweile praktisch fertiggestelltes Kraftwerk "unzulässig" und "mutwillig" gekündigt. Gleichzeitig räumte er aber ein, dass dieser Auftrag bereits zu rund 90 Prozent bezahlt sei.

Die A-Tec-Holding mit derzeit 25 Mitarbeitern hat 350 Millionen Euro Schulden, 300 davon gegenüber den Zeichnern dreier Anleihen. Dazu kommen Haftungszusagen von 350 bis 400 Millionen Euro, von denen man nicht weiß, wie viele schlagend werden.

Gläubiger sollen draufzahlen
Kovats will den Anleihegläubigern bzw. deren "Kuratoren" nun einen Forderungsverzicht von 70 Prozent schmackhaft machen. Im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung, ein Gegenstück zum früheren Ausgleich, darf eine 30-prozentige Quote - zahlbar binnen zwei Jahren - nicht unterschritten werden.

Für die Dauer des Verfahrens gilt ein absolutes Veräußerungsverbot für A-Tec-Assets. Was angeboten werden soll, um die Zustimmung der Geldgeber zu erhalten, wollte Kovats am Mittwoch nicht ausführen. Restrukturierungsbeauftragter wird entgegen früheren Meldungen der Wiener Rechtsanwalt Norbert Abel.

Abel ließ durchblicken, dass die 30-Prozent-Quote möglicherweise "nicht das letzte Wort" ist, und meinte, dass man in den nächsten Wochen das Gespräch "mit allen Beteiligten" - also auch mit Gläubigern einzelner Konzernfirmen - suchen werde. Im Besonderen sei eine Sanierung ohne Mithilfe eines Bankenkonsortiums, das die AE&E mit einer Kreditlinie versorgen soll, nur schwer vorstellbar, sagte er.

Trotz Verhandlungen kein Kredit
AE&E war es trotz wochenlanger Verhandlungen nicht gelungen, eine für einen Anlagenbauer lebenswichtige Kreditlinie (Volumen: 798 Mio. Euro) zu akzeptablen Konditionen zu verlängern.

A-Tec setzte 2009 mit weltweit knapp 12.000 Mitarbeitern rund drei Milliarden Euro um. Es ist eine Holding, die aus vier Sparten (Anlagenbau, Motoren, Maschinenwerkzeuge, Kupfer) besteht. Nur mehr rund 2.000 Beschäftigte arbeiten in Österreich, 600 davon bei der AE&E in Graz und Wien.

Die Aktie war in den Nachmittagsstunden des Mittwochs vom Handel ausgesetzt worden. Über die Wiederaufnahme des Handels entscheidet die Wiener Börse. A-Tec hatte am Mittwoch noch einmal 2,54 Prozent auf 5,75 Euro verloren. Die ebenfalls noch börsennotierte Tochter ATB musste an diesem Tag mehr als 20 Prozent abgeben.

Drittgrößte Pleite der heimischen Wirtschaftsgeschichte
Die Insolvenz der A-Tec ist mit Passiva inklusive Haftungen von insgesamt rund 677 Mio. Euro die drittgrößte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte nach Konsum und der Baufirma Maculan. Die Fortführung des Unternehmens werde vor allem davon abhängen, ob ein Financier für die Quote gefunden werden kann, so Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner vom Kreditschutzverband von 1870 (KSV).

Dass der A-Tec-Konzern von Kovats Insolvenz anmelden musste, schmerzt auch die Wiener Börse. "Wermutstropfen gibt es immer wieder", sagte Börse-Vorstand Heinrich Schaller am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion zur Eröffnung der Gewinn-Messe. "Natürlich tut das weh", aber es zeige auf, wie wichtig es sei, sich für Betrieb und Wachstum mit Kapital auszustatten.

"Kovats aus allen Funktionen entfernen"
Für Anlegerschützer Wilhelm Rasinger vom Interessenverband für Anleger (IVA) ist eine Sanierung der A-Tec jedoch nur dann möglich "wenn Mirko Kovats aus allen Funktion entfernt wird" oder er für die Firmensanierung einen "massiven Geldbetrag aus seiner Privatstiftung" entnimmt. Der A-Tec-Chef habe in den letzten Jahren unverhältnismäßig viel in seine Privatstiftung geschaufelt, betont Rasinger. So wurde dem Dreier-Vorstand laut Rasinger allein 2009 eine Erfolgsprämie von 1,6 Mio. Euro neben 1 Mio. Euro Fixbezügen ausbezahlt. Es sei davon auszugehen, dass der Vorstandsvorsitzende den Löwenanteil kassiert habe, sagte der IVA-Präsident zur.

Von den Aktionären fordert er, dass sie hinter den Gläubigern zurückstehen. Grundsätzlich müsse jetzt überprüft werden, wie viel die einzelnen Unternehmensteile des Mischkonzerns wert seien. Die Sanierung könnte über einen Kapitalschnitt erfolgen, wobei die Aktionäre auch Anteile statt Geld erhalten würden. Dabei sei zu überprüfen, wievielte Anteile die Aktionäre bekommen.

Die A-Tec gehört zu zwei Dritteln Kovats (55,2 Prozent der M.U.S.T Privatstiftung von Kovats und 11,3 Prozent Capital und Industrie Investment AG), zu 6,9 Prozent der J.E. Loidold Privatstiftung, 26,6 Prozent notieren an der Börse. Bis 2. November hätte eine Unternehmensanleihe  von 91 Millionen Euro refinanziert werden müssen. Weitere zwei Anleihen zu 180 Millionen und 110 Millionen Euro sind am Markt. Sie sind am 10. Mai 2014 beziehungsweise am 27. Oktober 2014 fällig. Leadmanager der Anleihen sind die Raiffeisen Zentralbank AG, die Deutsche Bank und das Finanzhaus Nomura.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele