Corona-Massengräber
Hart Island: Die Insel der toten New Yorker
Die weißen Segelboote wiegen sanft im Ozeanwasser, in der Ferne erheben sich die Wolkenkratzer Manhattans in der Mittagssonne. Der schöne Ausblick lässt fast vergessen, dass Hart Island der Armenfriedhof New Yorks ist. Und seit einigen Wochen werden hier auch Corona-Tote in Massengräbern bestattet. Der Plan, die Insel in einen Park umzuwandeln, ist damit vorerst mal Geschichte, denn gerade gilt sie als Sperrzone.
Die Coronavirus-Pandemie hat die US-Millionenmetropole New York schwer getroffen. Rund 170.000 Menschen haben sich in der Stadt mit rund neun Millionen Einwohnern bereits mit dem Virus angesteckt, mehr als 18.000 sind wohl daran gestorben. Ein kleiner Teil dieser Toten ist in simplen Holzsärgen auf Hart Island bestattet worden - die Obdachlosen, diejenigen, die keine Familien haben oder nicht identifiziert werden können, und diejenigen, deren Familien sich keine andere Beerdigung leisten können.
Seit rund 150 Jahren ist Hart Island New Yorks Armenfriedhof. Zudem war die für die Öffentlichkeit weitestgehend unzugängliche Insel unter anderem schon Kriegsgefängnis - im Amerikanischen Bürgerkrieg und im Zweiten Weltkrieg, als drei deutsche Kriegsgefangene dort festgehalten wurden. Auch ein Tuberkulose-Sanatorium, ein Armenhaus und eine psychiatrische Klinik waren auf der Insel untergebracht, deren Gebäude sind inzwischen längst verfallen. In den vergangenen 150 Jahren wurden zudem mehr als eine Million Tote auf der etwa 400.000 Quadratmeter großen Insel vor der Küste der Bronx begraben. Normalerweise sind es etwa 1100 Leichen pro Jahr, wegen der Corona-Pandemie waren es zuletzt deutlich mehr.
Corona-Krise machte Massengräber unumgänglich
„Die Bilder davon, wie unsere New Yorker Gefährten auf Hart Island beerdigt werden, sind für uns alle herzzerreißend“, sagte Bürgermeister Bill de Blasio. Aber er betonte auch: „Es wird keine Massenbegräbnisse auf Hart Island geben. Alles wird individuell stattfinden und jeder Leichnam wird mit Würde behandelt.“
Rund zehn Jahre gäbe es noch ausreichend Platz, um die Insel als Armenfriedhof zu nutzen, heißt es von der Stadtverwaltung. Die hatte zuletzt eigentlich geplant, Hart Island mittelfristig in einen öffentlichen Park umzuwandeln. Details und Zeitplan waren noch nicht genau klar - sind nun von der Corona-Pandemie aber komplett durcheinandergewirbelt worden.
Insel komplett abgeriegelt
Heute ist die Insel einer der am stärksten abgeriegelten Orte in der gesamten Stadt. Angehörige können die Gräber auf der anderen Seite des Wassers im Moment nicht besuchen. Vom Bootsanleger aus kann man nur die verlassen wirkenden Gebäude und kleine Wäldchen sehen. Regelmäßig wurden bis vor einigen Tagen die Lastwagen mit Leichen aus allen Teilen New Yorks nach Hart Island verschifft.
Nun sind ihre Zahlen zwar wieder etwas gesunken, aber noch ist die Krise nicht überstanden...
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