„Linke Propaganda“

ORF-Satire bringt Ungarns Regierung auf die Palme

Medien
28.01.2020 12:52

Sex, Drugs und Szegediner Gulasch: Ein Videoclip des ORF-Satirikers Peter Klien zu Ungarns Medienpolitik schlägt bei unseren Nachbarn hohe Wellen. Das Video, das bis Dienstag mehr als 330.000 Klicks auf YouTube verzeichnete, ist pikanterweise mit ungarischen Untertiteln versehen. Es zeigt, wie Premier Viktor Orban die Medienlandschaft seines Landes unter seine Kontrolle gebracht hat. In Budapest schäumt man jedenfalls ob der „linken Propanda aus Österreich“ und sieht einen Zusammenhang zu Orbans Staatsfeind Nummer eins, dem ungarischstämmigen US-Investor George Soros. „Reporter ohne Grenzen“ wiederum spricht von „Anfeindungen und leeren Vorwürfen“ der Orban-Regierung.

Ganze 16 Minuten widmete der ORF-Satiriker in seiner Sendung „Gute Nacht Österreich“ kürzlich der „Orbanisierung der Medienlandschaft“ in unserem Nachbarland. Ausführlich und mit viel Hintergrundwissen garniert, kann das Video als kompakter - und natürlich auch unterhaltsamer - Überblick über die fragwürdigen Entwicklungen der vergangenen zehn Jahre in Ungarns Medienlandschaft betrachtet werden.

Zu sehen sind etwa Gags wie „Orban-Legend“ und „Viktor der Baumeister“ und auch der Österreicher Heinrich Pecina, der Orban bei seinem großen Umbau der Medien eifrig unterstützt habe, bekommt in der ORF-Sendung sein Fett ab. Dazu wird der Beitrag mit Clips garniert, in dem Orban etwa in Brüssel vom damaligen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker mit dem Wort „Diktator“ und erhobenem rechtem Arm begrüßt und im nächsten Moment von Juncker in dessen gewöhnt amikaler Art „abgewatscht“ wird.

Die einzige unabhängige Presse befinde sich, scherzt Klien, in Ungarn beim Frühstück im Hotel - dazu wird das Bild einer Saftpresse eingeblendet. Fazit des Satirikers: Habe man das „Handbuch der illiberalen Demokratie“ studiert und alle drei Schritte zur Kontrolle der Medien befolgt, dann könne man den Menschen auf allen Kanälen Angst machen: vor den Flüchtlingen, vor den Spekulanten an der Börse, vor dem Untergang des Landes …

Da die Satire-Sendung auch mit ungarischen Untertiteln versehen wurde, wurde der Beitrag auch in Ungarn zum heiß diskutierten Gesprächsstoff. Das Video veranlasste dieser Tage sogar den ungarischen Regierungssprecher Zoltan Kovacs zu einer Reaktion. „Froh zu sehen, dass Ungarns Medienlandschaft so interessant ist, dass dies eine 16 Minuten lange Diskussion auf @ORF‘s @gutenachtoe inspiriert hat“, schrieb Kovacs.

„Neue Welle linker Propaganda aus Österreich“
Das regierungsnahe Onlineportal „Pestisracok.hu“ konstatierte eine „neue Welle linker Propaganda aus Österreich“. „Die Ungarn diffamierende internationale Kampagne hat ein ganz unvorstellbares Niveau erreicht. Dabei konnten die sehr kreativen Agitatoren der internationalen Linken selbst die bisher übliche Produktion von Falschmeldungen im Internet überbieten und hetzen mit einer im ORF ausgestrahlten Sendung die internationale Öffentlichkeit auf gegen die ungarische Regierung und damit zugleich gegen Ungarn und das ungarische Volk“, heißt es auf dem Portal.

Dann wird in dem Portal die Sendung beschrieben, die sich auf aufmerksame Weise der Darstellung der in „unserer kleinen Heimat“ vorherrschenden Zustände widmen würde. Damit sollte den gebildeten heimischen Zuschauern gezeigt werden, welch inakzeptable Zustände in Ungarn herrschen würden. Das in der Sendung unter anderem erwähnte kritische Nachrichtenportal „Atlatszo“ wird dann als Günstling von US-Milliardär George Soros bezeichnet. Einen Zusammenhang zu von Soros finanzierten Quellen hatte auch Regierungssprecher Kovacs hergestellt.

Reporter ohne Grenzen stellt sich hinter ORF-Satiriker
Die Journalisten-Organisation Reporter ohne Grenzen kritisierte am Dienstag die „Anfeindungen und leeren Vorwürfe“ durch den ungarischen Regierungssprecher. „Wir lassen nicht zu, dass die investigative Arbeit von heimischen Journalisten diskreditiert wird“, sagte Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich. „Dass die Orban-kritische Berichterstattung aus Österreich nun instrumentalisiert wird, um antisemitische Neigungen zu verstärken, ist eine Verhöhnung der ungarischen Bevölkerung“, so Möhring.

Reporter ohne Grenzen strich hervor, wie gravierend die ungarische Medienlandschaft in den vergangenen Jahren umgebaut worden sei und wie wichtig es sei, dass heimische Medien die dortigen Entwicklungen weiterhin beobachten. „Die Menschen in Ungarn wollen Nachrichten, sie wollen Informationen frei zugänglich konsumieren können - auch kritische“, sagte Möhring. „Eine Regierung, die behauptet, repräsentativ für die ungarische Bevölkerung zu sein, sollte diesen Wunsch respektieren.“ Seit Amtsantritt von Orban im Jahr 2010 sei Ungarn in der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen vom 23. auf den 87. Platz abgerutscht.

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