14.12.2019 16:43 |

Luftfahrt wird grüner

Klimaschutz: Wir werden mehr fliegen als je zuvor

Mit dem Zug von Wien nach Madrid, wie SPÖ-Abgeordnete Julia Herr es vorgemacht hat? Mit der Hochleistungsjacht à la Thunberg über den Atlantik? Nein: Wer ferne Städte erreichen will oder muss, wird noch für sehr lange Zeit in ein Flugzeug steigen - und dabei immer weniger CO2 produzieren.

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Der Himmel hängt tief über Toulouse. Dichte Wolken, Nieselregen. Nur ein gelegentliches Donnern über den Köpfen der Menschen verrät, dass hier alle paar Minuten ein Airbus startet, die Maschinen selbst bleiben von den Wolken verschluckt. „Es werden mehr werden“, erklärt Peter Hitchcock von Thales, einem der größten Luftfahrtzulieferer Europas. „Viel mehr.“ Denn Klimawandel hin oder her: Innerhalb von nur 15 Jahren wird sich der weltweite Flugverkehr verdoppeln. „800.000 neue Piloten werden dafür bis 2035 gebraucht, Tausende neue Flugzeuge werden aus den Werften rollen“, prognostiziert Hitchcock.

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Innerhalb von nur 15 Jahren wird sich der weltweite Flugverkehr verdoppeln. 800.000 neue Piloten werden dafür bis 2035 gebraucht.

Peter Hitchcock, Thales

Jedes Kilogramm Sprit spart Geld
Damit Fluglinien trotz stark erhöhten Flugaufkommens Sprit und damit CO2 sparen, entwickelt der Konzern Thales, der auch in Wien rund 400 Menschen beschäftigt, unter anderem neue Navigationssoftware für Großraumflugzeuge. Und steht damit an vorderster Front aller Bemühungen, Personen- und Gütertransport ökologisch verträglicher zu machen. Nicht weil die Fluglinien die Welt retten wollen. Sondern weil jedes gesparte Kilogramm Sprit bares Geld bedeutet. „Wir reden bei dem Einsatz von neuer Routenführungssoftware von einer Treibstoffersparnis von bis zu vier Prozent“, so Hitchcock gegenüber der „Krone“. Besonders Sink- und Steigflug, aber auch spontane Ausweichmanöver etwa rund um Gewitterzellen sollen optimiert werden. Die einfache Rechnung lautet dabei: je weniger geflogene Kilometer, desto weniger schädliche Emissionen.

„Der Luftraum wird voller werden“
Darüber hinaus testen Triebwerkhersteller laufend alternative Treibstoffe, Flugzeugbauer versuchen, ihre Maschinen noch windschnittiger zu machen. „Der Luftraum wird voller werden“, erklärt Testpilot Didier Poisson. Auch durch unbemannte Luftfahrzeuge wie Drohnen, die es großräumig zu vermeiden gilt. Wer hier spritsparend umfliegt, dem bleibt am Ende mehr Geld - und der Umwelt nützt es ebenfalls.

Flugverkehr am unteren Ende der CO2-Skala
Die nackten Zahlen hingegen beruhigen jetzt schon: Insgesamt wurden durch den kommerziellen Luftverkehr im vergangenen Jahr 918 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Das entspricht zwischen zwei und 2,5 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen.

Und wer alleine mit seinem Auto unterwegs ist, so rechnete die britische BBC kürzlich vor, verursacht bei einer 500 Kilometer langen Reise gut 30 Prozent mehr CO2-Ausstoß, als wenn er stattdessen ein Flugzeug genommen hätte.

Interview: „Sparen 25 Tonnen CO2 pro Tag“

Wer in der Luft Sprit sparen will, muss am Boden beginnen: Markus Pohanka von der Flugsicherung Austro Control erläutert vier Maßnahmen, die das Fliegen in Österreich effizienter machen.

Freigaben: Ist zu erwarten, dass es in Wien aufgrund etwa des Wetters zu Landeverzögerungen kommt, werden internationale Flüge mit dem Ziel Schwechat gar nicht erst freigegeben. Lange, umweltschädliche Warteschleifen in der Luft entfallen damit.

Rollen am Boden: Triebwerke sind für große Höhen und dünne Luft gebaut - am Boden arbeiten sie ineffizient. Lange Wartezeiten mit angelassenen Triebwerken und zeitraubende Rollwege mit hohem CO2-Ausstoß gilt es daher zu vermeiden. Fluglinie, Flughafen und die Flugsicherung stimmen gemeinsam ab, wer wann in welche Richtung startet. Gibt es einen Konflikt, darf die Maschine ihre Triebwerke nicht anwerfen.

Start und Landung: In Österreich verfolgt die Austro Control das „Continuous Climb/Descent“-Verfahren: Flugzeuge sollen möglichst lange ungehindert steigen oder sinken können, ohne treibstofffressende „Zwischenstufen“ in gewissen Höhen.

Reiseflug: Seit 2012 gilt über Österreich das „Free Route Airspace“-Konzept, erklärt Pohanka. „Der Pilot bekommt einen Ein- und einen Ausflugspunkt in den Luftraum und kann dazwischen weitgehend beliebig - meist direkt - navigieren.“ Früher mussten Luftstraßen abgeflogen werden, was zu Umwegen führte. „Mittlerweile sparen wir damit 25 Tonnen CO2 pro Tag“, so Pohanka im „Krone“-Gespräch.

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