Was steckt dahinter?

Babys ohne Hände: Immer mehr Fälle bekannt!

Ausland
17.09.2019 11:05

Seit in der vergangenen Woche bekannt wurde, dass es in Deutschland zahlreiche Fälle von Fehlbildungen an den Händen von Neugeborenen gibt, melden sich immer mehr Betroffene. Hebamme Sonja Liggett-Igelmund, die das Thema an die Öffentlichkeit brachte, zählt mittlerweile weit mehr als 50 Familien, die sie kontaktiert haben. In Internetforen diskutieren immer mehr besorgte Eltern und Schwangere, die Ursache ist weiterhin unklar.

Im Sankt-Marien-Hospital in Gelsenkirchen waren innerhalb weniger Wochen gleich drei Kinder mit fehlgebildeten Händen oder gar ohne Hände auf die Welt gekommen. Gemeinsamkeiten gab es keine, außer dass die Kinder alle aus der Umgebung von Gelsenkirchen stammten. Nun melden sich aus ganz Deutschland Betroffene, offiziell soll es sich um 30 Fälle handeln, Hebamme Liggett-Igelmund berichtet sogar von 50 Betroffenen, die sie kontaktierten. In Onlineforen und sozialen Netzwerken diskutieren besorgte Eltern und werdende Mütter.

Emanuela (32) aus Bremen brachte vor drei Monaten ihre Zwillinge Egzon und Enis zur der Welt. Sie sind zweieiig, haben aber die gleiche Haarfarbe, die gleiche Augenfarbe und sind kaum auseinanderzuhalten. Doch verwechseln wird man sie nie: Der Erstgeborene Egzon kam mit nur einer gesunden Hand zur Welt - sein rechter Unterarm ist verkürzt, die Hand hat nur drei Finger, zwei davon sind zusammengewachsen. Für die Mutter ein Schock, schildert sie der „Bild“: „Wir wussten nichts von der Behinderung“, sagt Emanuela, die sich während der Schwangerschaft immer gesund ernährte, keinen Alkohol getrunken oder geraucht hatte. „Alle Untersuchungen verliefen normal, es gab nie Anlass zur Sorge“, so die sechsfache Mutter. Ihre älteren Kinder sind kerngesund und zwischen einem und 16 Jahre alt.

Auch Mediziner werden hellhörig
Auch Mediziner werden mittlerweile aufmerksam. Ein Pränataldiagnostiker sagte gegenüber „Focus Online“, solche Hand-Fehlbildungen seien „extrem selten“: „Die Wahrscheinlichkeit für eine isoliert auftretende Fehlbildung an einer Hand wie bei den drei Neugeborenen liegt sogar bei 1:10.000.“ Eine Häufung wie in Gelsenkirchen ihn „mehr als hellhörig“, wie er sagt. „In Anbetracht dessen, wie selten solche Fehlbildungen auftreten, ist es umso auffälliger, wenn sich innerhalb so kurzer Zeit dreimal das gleiche Fehlbildungsmuster zeigt.“

Contergan-Verband: „In vielen Fällen wohl keine Ursache“
Georg Löwenhauser, Vorsitzender des Bundesverbandes der Contergan-Geschädigten, sprach mit der „Bild“ über die Kinder, die ohne Hände oder Beine geboren werden und deren Fälle Erinnerungen an den Contergan-Skandal Anfang der 1960er-Jahre wachrufen. „Es gibt etwa 2500 Contergan-Geschädigte, die noch leben“, sagt er und erklärt: „Der Körper von Contergan-Geschädigten ist etwa 20 Jahre älter als bei Nicht-Geschädigten.“ Er wünscht den betroffenen Eltern und Kindern viel Kraft, die Meldungen über die Kinder, die ohne Hände zur Welt kamen, hatten ihn betroffen gemacht: „In vielen Fällen wird sich eine Ursache wohl nicht finden lassen. Dies wird für die Betroffenen ein großes Problem bleiben.“

Anfang der 1960er-Jahre kamen weltweit bis zu 10.000 Kinder mit Fehlbildungen an Armen und/oder Beinen sowie mit anderen schweren Behinderungen zur Welt. Ihre Mütter hatten zuvor das damals rezeptfreie Beruhigungsmittel Contergan eingenommen - das unter anderem als Medikament gegen Morgenübelkeit in der Schwangerschaft eingesetzt wurde. Der Skandal hatte weltweite Auswirkungen auf den Umgang mit Arzneimittelzulassungen.

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