Der gebürtige Sudanese wurde am 25. März 2009 im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle am Urban-Loritz-Platz in Wien-Neubau aufgegriffen. Er konnte sich nicht ausweisen, wirkte verwirrt und machte in gebrochenem Deutsch keine konkreten Angaben zu seiner Identität.
Wegen Hautfarbe als "Illegalen" angesehen?
Die Beamten kamen - wohl nicht zuletzt aufgrund der Hautfarbe des jungen Mannes - zum Schluss, es mit einem "Illegalen" zu tun zu haben. Er wurde ins Polizeianhaltezentrum (PAZ, Bild) am Hernalser Gürtel überstellt, wo man über ihn die Schubhaft verhängte, während seine verzweifelten Eltern bereits nach ihm suchten und ihn als vermisst meldeten. Erst am 1. April 2009 stellte sich heraus, dass der 22-Jährige seit 2005 die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt. Sein Vater war bis 2007 bei der sudanesischen Botschaft in Wien beschäftigt.
Unklare Zuständigkeiten innerhalb der Polizei
Vor Bezirksrichterin Eva Schubert hatten sich nun jene beiden Polizisten zu verantworten, die den 22-Jährigen festgenommen bzw. ins PAZ überstellt hatten, sowie die zuständige Referentin bei der Fremdenpolizei, der nicht aufgefallen war, dass der Mann Österreicher ist. Wie die Verhandlung deutlich zutage förderte, dürften unklare Zuständigkeiten innerhalb des Polizeiapparats wesentlich dazu beigetragen haben, dass erst über Einschaltung einer mit den Eltern bekannten Magistratsbeamtin der abgängige Sohn aufgespürt wurde.
"Er hat gesagt, er kommt aus dem Sudan"
"Ich hab' den Häftling abgeliefert. Was dann weiter im Anhaltezentrum passiert, hab' ich nicht gefragt", sagte der erstbeschuldigte Beamte. Sein Dienstvorgesetzter, der den 22-Jährigen festgenommen hatte, erklärte: "Ich habe alles versucht, um seine Identität zu klären. Er hat gesagt, er kommt aus dem Sudan. Mit der Abgabe im PAZ war die Sache für mich erledigt. Wenn irgendetwas nicht in Ordnung wäre, hätte man mich anrufen können."
Der Erstbeschuldigte hatte allerdings im PAZ seine dienstliche E-Mail-Adresse hinterlassen, und an diese wurde das Ergebnis der sogenannten AFIS-Abfrage geschickt, der ein Abgleich der Fingerabdrücke des 22-Jährigen mit Eintragungen im EKIS bzw. Zentralen Melderegister zugrunde lag. Daraus ging eindeutig hervor, dass sich der Mann rechtmäßig in Österreich aufhielt.
Verständigung zur Identität einfach gelöscht
Der Polizist löschte dieses Mail jedoch, ohne deren Inhalt gelesen zu haben. "Ich hab' nicht gewusst, weshalb die meine Email-Adresse brauchen. Ich hab' sie halt hergegeben, weil das Kollegen sind. Ich hab die Mail nicht mehr mit der Amtshandlung in Verbindung gebracht, weil mein vorgesetzter Kollege gesagt hat, wir haben damit nix mehr zu tun", lautete seine verblüffende Begründung.
Im PAZ selbst fühlte man sich nicht zuständig, die Identität des unbekannten Mannes zu klären. Man sei nur "Servicestelle für einschreitende Beamte". Es sei deren Aufgabe, das Ergebnis einer personenbezogenen Abfrage entgegenzunehmen, beschieden mehrere Zeugen der Richterin.
Nicht darauf gekommen, "wie das ein Österreicher sein soll"
Nachdem ein Polizeijurist die Schubhaft verhängt hatte, wanderte der Akt auf den Schreibtisch einer langjährigen Referentin bei der Fremdenpolizei. Obwohl der 22-Jährige einer Psychologin am 27. März erzählte, dass er Eltern in Österreich habe, verblieb er weiter in Haft. Die Begründung der zuständigen Beamtin: "Ich habe das nie bekommen. Ich bekomme nur den Bericht, ob er haftfähig ist. Ich habe mich darauf verlassen, dass der, der die Schubhaft verhängt, weiß, was er tut." Und nach einer kurzen Pause fügte die Polizistin hinzu: "Ich bin einfach nicht auf die Idee gekommen, wie das ein Österreicher sein soll."
Die Verhandlung wurde zur Ladung weiterer Zeugen und ergänzenden Beweisaufnahme auf unbestimmte Zeit vertagt.
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