Bologna-Prozess

Wiener Rektoren: Reform zum Nulltarif schwierig

Wien
10.03.2010 10:13
Die Rektoren wollen sich nicht die Schuld für Mängel bei der Umstellung auf das Bologna-Studiensystem aufhalsen lassen. Er warne vor der Verallgemeinerung "Bologna ist gut, die Unis haben es aber schlecht umgesetzt", betonte der Rektor der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, Christoph Badelt, Dienstagabend vor Journalisten.

Es mache "natürlich einen Unterschied, ob eine Umstellung mit einer Erweiterung der Ressourcen verbunden wird oder nicht". Ähnlich argumentierte der Vorsitzende des Forums Lehre in der Universitätenkonferenz (uniko) und Vizerektor der Uni Wien, Arthur Mettinger. "Es ist schwer, Curricularreformen zum Nulltarif zu machen."

Bei der Erarbeitung neuer Studienpläne gehe es immer auch um einen Ausgleich der Interessen zwischen den einzelnen universitären Gruppen bzw. der einzelnen Fächer in den Senaten, so Badelt. "Da zahlen wir auch den Preis für die Selbstverwaltung in diesem Bereich." Er sei aber "äußerst skeptisch, wenn die Ministerin jetzt sagt, sie wird das jetzt von Seite des Ministeriums aus lösen". Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (VP) hatte zuletzt angekündigt, Empfehlungen an die Unis punkto Studienpläne zu erarbeiten und diese notfalls auch gesetzlich festzulegen. Badelt sieht das als nicht sinnvoll an: "Warum soll der Minoritenplatz (Anm. Sitz des Ministeriums) das besser machen?"

TU Wien habe Beschäftigungsfähigkeit nicht angestrebt
Die dem Bachelor-Abschluss oft vorgehaltene mangelnde Beschäftigungsfähigkeit relativierte Mettinger. Die Unis hätten die Aufgabe, beruflich vorzubilden. Neben der vielfach geforderten "Employability" müssten sie außerdem auf weiterführende Masterstudien vorbereiten.

Eine solche Sicherstellung der Beschäftigungsfähigkeit durch den Bachelor-Abschluss hat die Technische Universität Wien laut Vizerektor Adalbert Prechtl gar nicht erst angestrebt. Der Arbeitsmarkt orientiere sich nach wie vor am alten Diplomstudium mit dem Abschluss Diplomingenieur. Die Studien seien deshalb nicht verdichtet, Wahlmöglichkeiten nicht eingeschränkt worden. Was früher die Studienzweige bei den Diplomstudien gewesen seien, seien nun die Masterstudien. Das Bachelorstudium selbst habe man als "breite Grundausbildung" konzipiert. Die Studenten müssten sich nicht von Anfang an spezialisieren: "Das wäre sonst das Profil einer Fachhochschule."

Medizin-Uni sieht "Chance" in der Umstellung
An den Medizinunis ist die Implementierung des Bachelor/Master/PhD-Systems erst seit Herbst 2009 theoretisch möglich. Der Vizerektor der Medizin-Uni Wien, Rudolf Mallinger, hält persönlich eine solche Umstellung für eine "Chance". Man habe doch einen gewissen Anteil an Absolventen, die nie einen ärztlichen Beruf ergreifen, sondern etwa in das Pharmawesen oder den Public-Health-Bereich gehen wollen. Diesen könnte man so frühzeitig Alternativen eröffnen.

Tipps an die Studenten angesichts der angekündigten Proteste anlässlich des Bologna-Gipfels (siehe Infobox) haben die Rektoren auch. Die Studenten sollten sich für ihre Anliegen in den Gremien einsetzen, statt auf der Straße, so Badelt. "Es gibt keinen einzigen Studienplan, der ohne Mitwirkung der Studenten zustande gekommen ist", meinte Mallinger. Dass sich die Studenten trotzdem nicht einbezogen fühlten, "mag ein strukturelles Problem der Studentenvertretung sein", so Badelt.

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