Gipfel beim Kanzler

Regierung fixiert Bankensteuer – 500 Millionen pro Jahr

Österreich
22.02.2010 17:25
Trotz erbitterten Widerstands der Großbanken und der Wirtschaft wird die Republik Österreich in absehbarer Zeit eine Bankensteuer einheben. "Wir beide werden eine Bankenabgabe einführen", sagte Bundeskanzler Werner Faymann Montagmittag in einem Pressebriefing mit Vizekanzler Finanzminister Josef Pröll nach einem Gipfeltreffen im Kanzleramt. Frühestmöglicher Termin für die Steuer wäre 2011. Als "Richtgröße" nannte Faymann 500 Millionen Euro, die er von den Banken kassieren will. Auf eine EU-weite Regelung will er nicht warten.

Als Steuersatz nannte der Bundeskanzler am Montag 0,07 bis 0,1 Prozent von der Bemessungsgrundlage. Bisher war dabei von der Bilanzsumme mit diversen Abzügen die Rede. Über die Steuerbasis will die ÖVP - die fürchtet, dass damit auch Sparbücher und Kredite besteuert werden könnten - noch diskutieren. "Diese Solidaritätsabgabe darf nicht zu einer Sparbuch- und Kreditsteuer werden", warnte Pröll.

Schon bevor der "Bankengipfel" am Vormittag im Kanzleramt begann, hatten sich die geladenen Banker keinen Illusionen hingegeben, mit ihrem Widerstand eine Abgabe verhindern zu können, sofern sich die Politik darauf verständigt.

Entscheidet sich die Republik dafür, werde eine solche Steuer eingeführt, ob die Banken dies nun wollten oder nicht, sagte Erste-Chef Andreas Treichl. Ähnlich RZB-Generaldirektor Walter Rothensteiner, der als Banken-Spartenobmann der WKO generell für die Branche spricht: "Ich kann mir das nicht wünschen." Üblicherweise würden die Banken nicht eins zu eins gefragt, wenn es um neue Steuern gehe. Gesetzgeber sei das Parlament.

15-köpfige Arbeitsgruppe eingesetzt
Die Banken werden nun zumindest in der Arbeitsgruppe vertreten sein, die am Montag mitbeschlossen wurde. Ein 10- bis 15-köpfiges Team aus Vertretern von Bundeskanzleramt, Finanzministerium, Notenbank und Banken wird Vorschläge erarbeiten.

Basis ist eine Analyse der Oesterreichischen Nationalbank, die für die Regierung für den Gipfel einige Varianten durchgerechnet hat, gerechnet auf 0,07 Prozent und nach den Zahlen zum 3. Quartal 2009: Maximal könnte die Abgabe bis zu 911 Millionen Euro hereinspielen - sofern alle Bankenbilanzen sowie Versicherungen und Fonds eingerechnet werden. Man werde die nächsten Wochen nützen, um auf konkrete Zahlen zu kommen, so Faymann.

Nationalbank: 900 Millionen Euro möglich
Laut einer Studie der Nationalbank könnte die Steuer bei entsprechender Definition weit mehr als Faymanns gewünschte 500 Millionen bringen. Würde von der gesamten Bankenbilanzsumme nur das sogenannte Tier-1-Kapital abgezogen, ergäben sich groben OeNB-Schätzungen zufolge 769 Millionen Euro (alle Banken) pro Jahr. Gerechnet auf die Top 5 Banken wären es 437 Millionen, die Top-10 würden 559 Millionen Euro an Aufkommen bringen. Zieht man Versicherungen (62 Millionen) und KAGs (80 Millionen) hinzu, wären es 911 Millionen Euro aus dem gesamten Finanzsektor fürs Budget.

Die Notenbank gibt in der Analyse aber auch zu bedenken, dass die Bankenabgabe in der berechneten Form als gewinnunabhängige Abgabe konzipiert sei und in Einzelfällen auch bei Verlusten anfällt "beziehungsweise zu solchen führen kann".

Banken sollen ihren Beitrag leisten
Mit der Bankenabgabe will der Bundeskanzler, dass dem Staat und Steuerzahler zumindest ein Teil des Risikos refundiert wird, das mit der De-Facto-Haftung für die Institute im Krisenfall gegeben ist. Für Faymann ist der Bankenbeitrag "unverrückbar", für Pröll aus Gründen der "Gerechtigkeit" und der Konsolidierung des Staatshaushaltes ein Beitrag auch des Bankensektors nötig. Allerdings seien zuvor noch eine Menge von Voraussetzungen zu klären. Keine Auskunft gaben Faymann und Pröll auf Fragen, ob mit der Bankensteuer am Montag eine größere Steuerdebatte angestoßen worden ist.

Zum Zeitplan für die Festlegung und Einführung der Abgabe - bisher sprach das Kanzleramt von Wirksamkeit ab 2011 - verwies Faymann auf festgesetzte Termine zur Budgetkonsolidierung: Das sei Ende 2010 für Budgetwirksamkeit 2011 und dann Ende nächsten Jahres für die Haushalte 2012 und 2013. "Je früher, umso besser." Auch ohne Einigung auf EU-Ebene werde Österreich eine Bankenabgabe einführen, bekannten sich Pröll und Faymann auf jeden Fall zur Bankenabgabe: Wenn es auf europäischer Ebene keine Einigung gebe, werde die Regierung diese eben im eigenen Land verwirklichen.

Gebührenmonitoring soll Kosten-Weitergabe verhindern
Dass die Abgabe nicht am Rücken von Sparern und Kreditnehmern ausgetragen wird, will die Regierung mit Gebührenmonitoring verhindern. Ansonsten müsse der Wettbewerb helfen. Faymann sagte, dass es schon Preiserhöhungen gegeben habe, ohne dass Steuern erhöht wurden. Planwirtschaft einzuführen sei nicht beabsichtigt, bei Missbrauch oder Absprachen gebe es aber Eingriffspflichten.

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