Denkzettel für GroKo

Wahl in Bayern: CSU verliert Absolute, AfD vor SPD

Ausland
15.10.2018 06:01

Bei der Landtagswahl in Bayern hat es am Sonntagabend eine schmerzhafte Niederlage für die CSU gesetzt. Denn jene Partei, die die letzten fünf Jahre Bayern im Alleingang regiert hat, verliert laut Hochrechnungen die absolute Mehrheit. Die Grünen schaffen ein zweistelliges Ergebnis mit massiven Zugewinnen und haben Platz zwei sicher in der Tasche. Die rechtsradikale Alternative für Deutschland (AfD) wird aller Voraussicht nach mit einem zweistelligen Ergebnis in den Landtag einziehen - und das, obwohl man sich nicht einmal auf einen Spitzenkandidaten einigen konnte. Ein besonderes Debakel ist das Wahlergebnis allerdings für die SPD - und ein Denkzettel für die Große Koalition im Bund.

Laut vorläufigem amtlichen Endergebnis kommt die Schwesterpartei von Bundeskanzlerin Angela Merkels CDU auf 37,2 Prozent - das sind um 10,5 Prozentpunkte weniger als noch 2013. Damals konnte die CSU unter Horst Seehofer die absolute Mehrheit im Landtag erobern und kam auf 47,7 Prozent. Damit steht fest, dass die CSU einen Koalitionspartner brauchen wird, um weiter regieren zu können. Ministerpräsident Markus Söder will trotz des Verlustes der absoluten Mehrheit wieder die Regierung in Bayern bilden. „Es ist der Auftrag an die CSU ergangen, eine stabile Regierung in Bayern zu bilden“, sagte er am Sonntag im Landtag.

Markus Söder (Bild: AFP)
Markus Söder

Eine bürgerliche Koalition aus CSU, Freien Wählern und FDP gilt intern bei der CSU gegenüber einem schwarz-grünen Bündnis als das favorisierte Modell. Besonders bei der inneren Sicherheit fürchten die Christsozialen in einer Koalition mit den Grünen ansonsten einen Verlust einer ihrer Kernkompetenzen. So bekämpften die Grünen das von Söder auf den Weg gebrachte neue Polizeiaufgabengesetz massiv und forderten Korrekturen. Eine Koalition mit der SPD hätte aktuell keine Mehrheit im Landtag.

Natascha Kohnen (SPD) am Wahlabend (Bild: AFP)
Natascha Kohnen (SPD) am Wahlabend

Grüne auf Platz zwei, SPD stürzt ab
Auf Platz zwei liegen die Grünen mit 17,5 Prozent und damit fast zweistelligen Zugewinnen, gefolgt den Freien Wählern (11,6 Prozent) und der AfD, die aus dem Stand mit 10,2 Prozent den Einzug in den Landtag schafft. Erst dahinter rangiert aktuell die SPD mit 9,7 Prozent, ein historischer Tiefststand.

Der Generalsekretär der deutschen Sozialdemokraten, Lars Klingbeil, nannte das Ergebnis „eine bittere Niederlage für die bayerische SPD“. Die Große Koalition in Deutschland habe mit dem ständigen Streit „keine gute Regierungs-Performance“ abgeliefert. Er hoffe, dass jeder in Berlin dieses Signal aus Bayern verstehe. Die Chefin der deutschen Sozialdemokraten (SPD), Andrea Nahles, kündigte eine sorgfältige Analyse an.

Lange Gesichter bei der SPD (Bild: AFP)
Lange Gesichter bei der SPD

Die FDP kommt auf 5,1 Prozent, die Linke auf 3,2 Prozent. FDP-Vorsitzender Christian Lindner zeigte sich erfreut über den gewachsenen Zuspruch für die FDP in Bayern nach Jahren der außerparlamentarischen Opposition. Bayern sei ein „schwieriges Pflaster“ für die FDP, sagte Lindner am Sonntagabend. Falls die FDP den Sprung ins Parlament schaffen sollte, sei dies der Verdienst aller FDP-Wahlkämpfer unter FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen.

Ludwig Hartmann und Katharina Schulze, Spitzenkandidaten der Grünen in Bayern am Wahlabend (Bild: AFP)
Ludwig Hartmann und Katharina Schulze, Spitzenkandidaten der Grünen in Bayern am Wahlabend

Der deutsche Grünen-Chef Robert Habeck ließ derweil offen, ob seine Partei zu einer Koalition mit den Christsozialen bereit ist. „Wenn es ungefähr so kommt, haben die Menschen in Bayern Veränderung gewählt“, sagte er am Sonntag nach den ersten Prognosen. Jetzt komme es darauf an, ob das bei den anderen Parteien auch angekommen sei. Das Ergebnis seiner Partei nannte Habeck historisch für die Grünen und auch für Bayern: „Das ist die Stärke der Menschen in Bayern.“

Freude bei den Grünen (Bild: AFP)
Freude bei den Grünen

AfD ohne Spitzenkandidaten und zerstritten
Damit erleben sowohl die CSU als auch die zuletzt zweitstärkste Fraktion SPD erhebliche Stimmverluste . Dass die AfD derart gut abschneidet, verwundert insofern, da es die zerstrittene Partei nicht einmal geschafft hatte, einen Spitzenkandidaten ins Rennen zu schicken. Ende 2017 hatte sich der ehemalige CSU-Lokalpolitiker Franz Bergmüller für eine mögliche Spitzenkandidatur der AfD ins Gespräch gebracht. Das entfachte einen innerparteilichen Zwist, da nicht ganz klar war, ob Bergmüller überhaupt als reguläres Mitglied der AfD gelten darf. Am Ende stand für die AfD der Entschluss fest, dass es keinen Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2018 in Bayern geben wird.

Die stellvertretende AfD-Vorsitzende Alice Weidel in München (Bild: AFP)
Die stellvertretende AfD-Vorsitzende Alice Weidel in München

AfD-Chefin fordert Neuwahlen im Bund
Die Fraktionschefin der AfD im deutschen Bundestag, Alice Weidel, sieht im Ausgang der Landtagswahl in Bayern ein Debakel für die CSU. Ministerpräsident Markus Söder und CSU-Chef Horst Seehofer müssten sich fragen, was sie falsch gemacht hätten. „Wählertäuschung noch und nöcher, das zahlt sich nicht aus“, sagte Weidel am Sonntagabend mit Blick auf die erste ARD-Hochrechnung zur Bayernwahl. Wer in Bayern AfD gewählt habe, sage auch: „Merkel muss weg.“ Rund 33 Prozent für die CSU und für die SPD rund zehn Prozent, das sei keine Große Koalition im Berlin mehr. „Das ist eine Mini-Koalition.“ Daher sollten die Koalitionsparteien im Bund den Weg frei machen für Neuwahlen.

(Bild: AFP)

Hohe Wahlbeteiligung
Was sich bereits am Sonntagnachmittag ebenso abzeichnete, war eine besonders hohe Wahlbeteiligung. Diese lag bei 72,4 Prozent (+8,8% gegenüber 2013).

(Bild: AFP)
(Bild: AFP)

Regierung spätestens am 22. Tag nach der Wahl
Für die Regierungsbildung ist in Bayern wegen der Verfassung wenig Zeit. Spätestens am 22. Tag nach der Wahl muss der neue Landtag das erste Mal zusammenkommen, innerhalb einer Woche muss dann der Ministerpräsident gewählt werden. Das heißt, dass die konstituierende Landtagssitzung spätestens am 5. November stattfinden muss, die Wahl des Ministerpräsidenten spätestens am 12. November. Falls in dieser Sitzung kein Kandidat eine einfache Mehrheit bekommt, gibt es einmalig nochmals drei Wochen Aufschub für die Wahl des Regierungschefs. Sollte danach noch immer kein Ministerpräsident gewählt sein, sind Neuwahlen vorgeschrieben.

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