Pilnacek im Ausschuss

BVT: Gerangel um „Gepflogenheiten“ und Dienstweg

Österreich
03.10.2018 14:53

Der Generalsekretär im Justizministerium, Christian Pilnacek, hat im BVT-U-Ausschuss am Mittwoch seinen Unmut über die Vorgangsweise des Innenministeriums und der Korruptionsstaatsanwaltschaft in der Verfassungsschutz-Affäre erkennen lassen. So hätte er es „für angemessen empfunden“, dass „der Dienstweg eingehalten“ werde und sich sein Gegenüber im Innenministerium direkt an ihn wende.

Dass der Spitzenbeamte von den Vorgängen in der Causa alles andere als begeistert ist, war schon bekannt. „Wer mich kennt, kennt auch meine mitunter zutage tretende Emotionalität“, erklärte Pilnacek dazu im U-Ausschuss. Er hätte sich erwartet, dass „der Dienstweg eingehalten“ werde und der Generalsekretär ihn informiere.

„Gepflogenheit“, auf gleicher Hierarchieebene zu kommunizieren
„Ich hätte es für angemessen empfunden, dass die Kontaktaufnahme auf der gleichen Hierarchieebene stattfindet.“ Auf Nachfrage, ob es zwischen zwei Ministerien denn wirklich einen solchen „Dienstweg“ gebe, erklärte er, dass es eine „Gepflogenheit“ sei. Prinzipiell sei der höchste Beamte eines Ressorts aber verpflichtet, Verdachtsmomenten nachzugehen, wenn er von ihnen erfährt.

Auch die Staatsanwaltschaft informierte den obersten Beamten im Justizministerium erst im Nachhinein über die umstrittene Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Ende Februar. Er habe von der Hausdurchsuchung mit dem Bericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erfahren, „der am Tag nach der Durchführung erstattet worden ist“, bestätigte Pilnacek.

Grundsätzlich sei die Staatsanwaltschaft nicht zur Berichterstattung über einzelne Ermittlungsschritte verpflichtet, dazu komme, dass insbesondere die WKStA von viel Selbstständigkeit und „auch von einem hohen Ausmaß an Selbstbewusstsein geprägt ist“, stellte Pilnacek fest. Die WKStA habe offenbar „keinen Anlass gefunden, uns in Kenntnis zu setzen“.

Immer wieder Verweise auf OLG-Urteil
Die Frage, ob er statt der Hausdurchsuchung den Weg der Amtshilfe empfohlen hätte, um an die gewünschten Unterlagen zu kommen, wollte Pilnacek nicht direkt beantworten, weil es sich um eine „Was-wäre-wenn-Frage“ handle. Mehrmals, auch in der Frage nach etwaigen Ermittlungsfehlern, verwies er aber auf das Oberlandesgericht Wien, das die Razzia inzwischen größtenteils für unzulässig erklärt hat. Das OLG habe keine Dringlichkeit für eine Hausdurchsuchung erkennen können und die Amtshilfe für den besseren Weg erklärt.

Laut einem Sitzungsprotokoll vom Frühjahr kritisierte Pilnacek auch, mit der Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität (EGS) „einzumarschieren, war wahnsinnig auffällig“. Es habe offenbar das Bemühen bestanden, eine Einheit zu suchen, die das notwendige Personal habe und außerdem keine Verbindungen zu den Verdächtigen, meinte Pilnacek dazu nun im U-Ausschuss bedeutend nüchterner.

„Vieles an dem Fall ist nicht üblich“
Allerlei Fragen der Abgeordneten, ob gewisse Vorgänge üblich seien, kommentierte Pilnacek meist allgemein. „Es ist außergewöhnlich und es ist in diesem Umfang nicht vorgekommen, dass so eine Institution der Republik untersucht wird, insofern ist vieles an dem Fall nicht üblich.“

Konsequenzen wurden jedenfalls schon gezogen: Mittlerweile gebe es eine Weisung an die Korruptionsstaatsanwaltschaft, bei Zwangsmaßnahmen künftig Bericht zu erstatten. Es sei auch aufgetragen worden, Ausführungen der WKStA zu Rechtsmitteln und Rechtsbelehrungen vorab zu übermitteln. Zu solchen Zwangsmaßnahmen sei es jedoch seit der BVT-Razzia nicht gekommen.

Daten „nicht punktgenau sichergestellt“
Gegen Ende seiner Befragung ließ Pilnacek leise Kritik an der Datensicherung während der Hausdurchsuchung aufkommen und zeigte sich verwundert, dass auch das Büro der Leiterin des Extremismusreferats im BVT durchsucht wurde. Mitgenommen wurde etwa eine CD, die mit dem (deutschen) Bundesverfassungsschutz beschriftet war. Pilnacek verwies darauf, bei der Hausdurchsuchung nicht dabei gewesen zu sein, aber nach seiner Auffassung „wurde nicht punktgenau sichergestellt“.

WKStA-Leiterin Vrabl-Sanda verteidigt ihre Behörde
Behördenleiterin Ilse Vrabl-Sanda sieht kein Versagen ihrer Mitarbeiter und keine Instrumentalisierung durch das Innenministerium. Vielmehr hob sie hervor, dass es nicht der Job der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sei, in brisanten Fällen wegzuschauen: „Wir wollen keine Staatsanwaltschaft, die ohne Courage von großen Korruptionsverfahren ablässt oder resigniert.“ Dass nun ihre Behörde in ein ungünstiges Licht gerückt werde, mache sie „sehr betroffen“.

Vrabl-Sanda erinnerte daran, dass die Aufhebung der Hausdurchsuchungen durch das Oberlandesgericht eine „diffizile Rechtsfrage“ gewesen sei. Das OLG habe dabei aber auch bestätigt, dass ein Tatverdacht gegeben sei. Warum man sich für die Razzia entschieden habe, erklärte sie mit der Gefahr der Selbstbelastung des beschuldigten BVT-Chefs Peter Gridling bzw. mit der Notwendigkeit, private Dokumente sicherzustellen, was im Rahmen der Amtshilfe schwierig gewesen wäre.

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