Tierschützer empört

Tschechien: Dubiose Geschäfte mit Tigern und Löwen

Ausland
19.08.2018 17:58

Die private Haltung von Raubkatzen erlebt in Tschechien seit einigen Jahren einen regelrechten Boom: Immer mehr Zoos und Züchter halten sich Tiger und Löwen, landesweit sind mehr als 250 Großkatzen in privatem Besitz. Vor allem den Tierschützern ist dies ein Dorn im Auge. Ein grausamer Fall hat nun ein Schlaglicht auf mangelnde Kontrollen und kriminelle Machenschaften geworfen: Mehrere Tiger wurden für die traditionelle asiatische Medizin getötet. In einem anderen aufsehenerregenden Fall wurde ein Radfahrer von einem Löwen verletzt, der von seinem Herrchen Gassi geführt wurde ...

Der Bericht der tschechischen Polizei liest sich nüchtern: Das Herrchen führte seine Löwin an der Leine aus. Ein Mountainbike-Fahrer näherte sich auf dem Waldweg. „Es kam zum Kontakt zwischen der Löwin und dem vorbeifahrenden Radfahrer, der anschließend einen Arzt aufsuchen musste“, notierten die Beamten. Was sich wie eine Nachricht aus dem Tigerland Indien anhört, geschah tatsächlich vor Kurzem in der kleinen tschechischen Gemeinde Zdechov im Osten des Landes. 

„Mich rufen entsetzte Mütter an“
Tomas Kocourek ist Bürgermeister von Zdechov und kein großer Freund der Raubkatzen in seinem Ort. „Mich rufen entsetzte Mütter an, die mit ihren Kindern auf Spaziergang sind“, sagte der Lokalpolitiker. Solche Begegnungen seien keine Seltenheit. Juristisch hat Kocourek nach eigenen Angaben kaum eine Möglichkeit, gegen die Raubtierhaltung vorzugehen. Verboten ist sie nicht. „Ich kann nichts unternehmen, außer dem Besitzer ins Gewissen zu reden“, sagte der Bürgermeister.

Über 250 Großkatzen in privater Haltung
Mehr als 250 Großkatzen leben in Tschechien bei privaten Haltern und Züchtern. Bei den kommunalen Tierparks stößt das auf wenig Verständnis. „Ich halte es persönlich für falsch, die Haltung von Löwen oder Tigern als Privatvergnügen zu betreiben“, sagte Miroslav Bobek, Direktor des Prager Zoos. Er fordert seit Jahren rechtliche Regeln zum Schutz der seltenen Tiere - und der Öffentlichkeit. „Selbst einen Hund muss man in der Stadt an der Leine führen - einen Löwen aber nicht“, sagte der Zoologe. In Tschechien gebe es eine ganze Reihe von sogenannten „Zooparks“ oder „Bioparks“, in denen die Raubkatzen unter unzureichenden Bedingungen litten.

In einem solchen „Biopark“ waren Mitte Juli zwei Tiger und ein Löwe aus ihren Transportkäfigen entkommen. Die Polizei musste mit einem Großaufgebot anrücken. Die Bewohner eines nahen Dorfes durften ihre Häuser nicht verlassen. Am Ende konnten die Tiere mit Schüssen aus dem Narkosegewehr betäubt werden. Sie hatten sich in aller Ruhe einen schattigen Platz unter einer Kiefer ausgesucht.

Grausamer Fund bei Razzia in „Zoopark“
Tragisch endete indes das Leben von mindestens drei Tigern in einem anderen „Zoopark“ bei Prag. Bei einer Razzia, ebenfalls Mitte Juli, machte die Polizei einen grausamen Fund: Neben einem frisch getöteten Tiger stießen sie auf tiefgefrorene Kadaver, auf Tigerfelle und Produkte wie „Tigerwein“ - in Spirituosen eingelegte Tigerknochen. Die Ermittler sind überzeugt, dass die Körperteile für die traditionelle chinesische Medizin verwendet werden sollten. Auf dem Schwarzmarkt in Asien werden hohe Preise für Tigerprodukte gezahlt, da ihnen heilende Kräfte nachgesagt werden. Dieser Aberglaube ist dort seit Jahrhunderten verankert.

Artenschutzübereinkommen verbietet Handel mit Tigerprodukten
Nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen CITES ist jeder kommerzielle Handel mit Tigerprodukten verboten. Die orange-schwarz gestreiften Raubkatzen gelten als stark bedroht. Dennoch scheinen die jüngsten Enthüllungen in Tschechien kein Einzelfall zu sein. Nach Recherchen der Organisation Vier Pfoten wurden zwischen 1999 und 2016 mehr als 8200 illegale Tigerprodukte wie Tiger-Suppenwürfel, Zähne und Krallen in der EU beschlagnahmt.

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