Soldaten geohrfeigt

Palästinenser-Ikone Tamimi (17) ist wieder frei

Ausland
29.07.2018 13:43

Sie gilt vielen Palästinensern als eine Ikone im Kampf gegen die israelische Besatzung: Fast acht Monate lang saß Ahed Tamimi in einem israelischen Gefängnis, weil sie einem Soldaten vor laufender Kamera ins Gesicht geschlagen hatte. Am Sonntag kamen die 17-Jährige und ihre Mutter wieder frei. Nach der Entlassung aus der Haft rief das Mädchen zum weiteren Kampf gegen die israelischen Sicherheitskräfte im Westjordanland auf. „Der Widerstand geht weiter, bis die Besatzung beendet ist“, sagte sie im Dorf Nabi Saleh, das etwa 30 Kilometer nördlich von Jerusalem liegt.

Bei der Rückkehr in ihr Heimatdorf wurden die beiden von Familie und Freunden jubelnd in Empfang genommen. Danach besuchten die Frauen das Grab des früheren Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat in Ramallah. „So Gott will, werden bald alle palästinensischen Häftlinge freigelassen und frohlocken“, sagte Ahed Tamimi.

Palästinensern gilt der Teenager mit den langen, dunkelblonden Locken als Symbolfigur des Widerstands gegen die israelische Besatzung. Israel sieht Tamimi dagegen als Provokateurin. Anklage und Verteidigung hatten sich im März in einem Deal auf eine achtmonatige Haftstrafe geeinigt. Tamimi, die nach ihrer Freilassung in Tränen ausbrauch (siehe Video unten), war zusammen mit ihrer Mutter Nariman in Haft gewesen, die ebenfalls freikam.

Soldat vor laufender Kamera ins Gesicht geschlagen
Ahed Tamimi hatte im Dezember in ihrem Heimatort Nabi Saleh im Westjordanland einem israelischen Soldaten vor laufender Kamera ins Gesicht geschlagen und ihn getreten. Sie war damals noch 16 Jahre alt. Auch Tamimis Mutter und eine Verwandte suchten die Konfrontation mit den Soldaten.

Während Medien von einer Ohrfeige sprachen, war in der Anklageschrift von einem Faustschlag die Rede. Auf Videobildern, die sich rasch im Internet verbreiteten, ist der Vorgang nur schlecht zu erkennen. Klar ist auf jeden Fall, dass sie dem Soldaten ins Gesicht geschlagen hat. Die Frauen wurden nach dem Vorfall festgenommen.

Tamimis israelische Anwältin Gaby Lasky sagte, die Frauen seien etwas früher aus der Haft entlassen worden. Dies sei übliche Praxis in Israel, weil die Gefängnisse so überfüllt seien. Sie erklärte ferner, es sei „eindeutig, dass Aheds Festnahme und Bestrafung mehr mit Politik als mit juristischen Fragen zu tun hatte“.

Der Prozess gegen die junge Palästinenserin habe die „Torheit der israelischen Besatzung deutlich gemacht“, sagte sie. „Minderjährige vor Militärgerichte zu stellen, ist nicht der richtige Weg, um den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern zu beenden.“ Sie hoffe, „dass unsere Führung mutig genug sein wird, eine Friedensregelung zu vereinbaren und uns alle von den Ketten der Besatzung zu befreien“.

Tamimis Vater Bassem sagte der Deutschen Presse-Agentur vor ihrer Freilassung: „Ich habe diesen Moment herbeigesehnt, weil ich sie beide sehr vermisst habe.“ Er sagte, man wolle den Widerstand gegen die israelische Besatzung fortsetzen, „aber auf andere Weise“. Jahrelange Proteste in Nabi Saleh seien nach der Festnahme der Frauen gestoppt worden. Die Familie strebe für die Zukunft ein normales Leben an. Ahed Tamimi träume von einem Jurastudium, „vielleicht in Großbritannien oder in Palästina“.

Ein israelischer Polizeisprecher bestätigte unterdessen am Sonntag, dass zwei italienische Graffiti-Künstler und ein Palästinenser am Vorabend festgenommen worden waren. Sie hatten in der Nähe von Bethlehem ein Porträt von Ahed Tamimi auf die Trennmauer zu Israel gemalt. Die Männer seien wegen Beschädigung der Sperranlage verhaftet worden, hieß es.

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