Krebstragödie

Ehefrau Waffe bereitgelegt – verurteilt

Österreich
17.07.2018 08:45

Und dann geht man auf das Ende zu, auf das eigene, ohne Umkehrmöglichkeit. Es gibt nichts mehr zu tun als darauf zu warten. Mit Schmerzen, mit Leiden. Ein Zustand, den eine Niederösterreicherin nicht mehr aushielt: Sie wollte ihr Leben beenden. Ihr Mann legte ihr dazu eine Waffe bereit. Dafür wurde er jetzt verurteilt.

Sie waren mehr als 40 Jahre verheiratet. Problemlos. „Es gab kaum Differenzen?“, fragt die Richterin in Wiener Neustadt. „Genau genommen, gar keine“, sagt der 73-Jährige. 2016 wurde bei der Frau Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert, dann ein Bauchfellkarzinom. Ende 2017 gab man ihr nur noch Monate zu leben. „Es war katastrophal“, sagt der Angeklagte und erzählt, wie zwischen ewigem Leiden, den Versuchen, Arzneien zu finden, die es erträglicher machen würden, und der Hoffnungslosigkeit Selbstmord ein Thema wurde.

Man recherchierte im Internet, erfuhr, dass Sterbehilfe in Deutschland erlaubt sei. Doch man fand keinen Weg dorthin, denn mit Hinfliegen allein wäre es nicht getan gewesen. Man habe weiter nach einer „menschlichen Lösung im Rahmen des Gesetzes“ gesucht, doch fand man keine. „Und dann war von ihr die Entscheidung da“, so der Witwer: „Als klar war, dass das Leiden endgültig ist.“ Im Internet fand man Selbstmord-Tipps. Dann bricht seine Stimme, als er weiterspricht: „Angesichts der vielen erfolglosen Suizidversuche habe ich ihr gesagt, wenn das schiefgeht, und bevor alles noch schlimmer wird, setze ich einen Nachschuss.“

Brauchte er nicht: Am 14. Jänner 2018 tötete sie sich mit der Waffe, die er laut Anklage bereitgelegt hatte. „Haben Sie versucht, ihr den Suizid auszureden?“, fragt die Richterin. „Das wäre unmenschlich bis verantwortungslos gewesen“, sagt der Witwer. Er wurde zu zehn Monate bedingter Haft verurteilt.

Wo Sterbehilfe in Europa erlaubt ist
In Österreich wie auch vielen anderen europäischen Ländern ist Sterbehilfe verboten und wird gesetzlich geahndet. In Belgien, den Niederlanden und der Schweiz ist zwar aktive Sterbehilfe verboten, aber Unterstützung bei der Selbsttötung unter bestimmten Umständen erlaubt. In der Schweiz gibt es sogar eine Firma, die Menschen auf ihrem letzten Weg hilft, was auch bei den Eidgenossen höchst umstritten ist. Dieser assistierte Suizid ist dann straffrei. Doch das tödliche Medikament einnehmen oder eine Infusion aufdrehen muss der Patient selbst. Der Helfer darf das nicht.

Silvia Schober, Kronen Zeitung

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