„Rockstar Kurz“

Deutsche Regierung irritiert über US-Botschafter

Ausland
04.06.2018 14:26

Der US-Botschafter in Berlin, Richard Grenell, hat mit einem Interview mit der rechtskonservativen US-Internetseite Breitbart scharfe Kritik in Deutschland ausgelöst. Darin betonte er nach Angaben des Mediums, dass er andere Konservative in ganz Europa stärken wolle. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bezeichnete Grenell als „Rockstar“, von dem er ein „großer Fan“ sei.

„Wir haben die US-Seite um Aufklärung gebeten, ob die Worte tatsächlich so gefallen sind, wie sie wiedergegeben werden“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin am Montag. Kommenden Mittwoch werde der Botschafter zu seinem Antrittsbesuch erwartet. Dann werde es Gelegenheit geben, zu erörtern, wie die Äußerungen zu verstehen seien.

Nach diplomatischen Gepflogenheiten werden Vorlieben für bestimmte politische Parteien oder Bewegungen nicht öffentlich gezeigt. Dies gilt als Einmischung in innenpolitische Angelegenheiten.

„Möchte andere Konservative in Europa stärken“
Grenell hatte der ultrakonservativen Plattform gesagt: „Ich denke, die Wahl von Donald Trump hat die Menschen befähigt, zu sagen, dass sie es einfach nicht zulassen können, dass die politische Klasse (in Europa) vor einer Wahl entscheidet, wer diese gewinnt und wer kandidiert.“ Er fügte an, er sei von einer Reihe von Konservativen in Europa kontaktiert worden. „Ich möchte unbedingt andere Konservative in ganz Europa stärken“, sagte er. Der Aufschwung konservativer Ideen sei durch ein Scheitern linker Konzepte zu erklären.

SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel twitterte: „Europas Bürgerinnen und Bürger lassen sich von einem Trump-Vasallen nicht sagen, wie sie wählen sollen. Ein US-Botschafter, der sich derart in demokratische Auseinandersetzungen einmischt, ist einfach fehl am Platz.“

„Mischt sich in politische Angelegenheiten ein“
„Es wäre gut, rechtzeitig gegenüber dem US-Außenminister das Verhalten eines hochrangigen Entsandten anzusprechen“, sagte SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich der Nachrichtenagentur Reuters. „Es ist definitiv nicht die Aufgabe des Botschafters, sich in die politischen Angelegenheiten des Gastlandes einzumischen. Das sollte er schnell lernen“, sagte der außenpolitische Sprecher der FDP, Bijan Djir-Sarai.

„Verlängerter Arm der Rechtskonservativen“
„Offensichtlich versteht sich der US-Botschafter als verlängerter Arm einer rechtskonservativen Weltbewegung“, sagte SPD-Politiker Mützenich. „Ein solches Amtsverständnis und Auftreten widerspricht den Vorschriften des Wiener Übereinkommens, wonach Diplomaten sich nicht in die inneren Verhältnisse eines Landes einmischen dürfen, und dem guten Benehmen.“ Es habe bereits vor der Bestätigung von Grenell als Botschafter in Deutschland Vorbehalte gegeben. „Diese haben sich in kurzer Zeit bewahrheitet“, kritisierte der SPD-Politiker.

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil twitterte auf Englisch: „Ich weiß, dass Sie noch neu auf Ihrem Posten sind, aber es ist nicht Teil der Jobbeschreibung als Botschafter, in die Politik des Gastlandes einzugreifen, Herr Grenell. Danke schön.“

„Nicht sehr effektiv“
Der Grünen-Europapolitiker Reinhard Bütikofer twitterte, dass Grenell in Berlin „nicht sehr effektiv“ arbeiten werde, wenn er seine Rolle missverstehe. Das sei schon sein zweiter Lapsus. Grenell hatte bereits kurz nach seine Amtsantritt Kritik deutscher Politiker und Unternehmensvertreter ausgelöst, als er deutsche Firmen aufgefordert hatte, sich aus dem Iran-Geschäft zurückzuziehen. Hintergrund ist der transatlantische Streit über das Atomabkommen mit dem Iran.

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